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Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Titel: Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi
Autoren: Rene Paul Niemann
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an den Tisch, auf dem noch
die halb geleerten Schüsseln standen. Bratwürste, Sauerkraut und
Kartoffelpüree. »Fahr du nur. Ich ess die Würstel auch gern kalt.«
    »Wenn du meinst …« Maria
band sich ihr geblümtes Halstuch um und suchte nach dem Autoschlüssel.
    »Tobias!«
    Der Junge kam träge die
Treppe herunter. Er war fünfzehn Jahre alt und mochte die Sportstunde nicht.
Die anderen Fächer mochte er ebenso wenig. In dem Alter ging niemand gern zur
Schule.
    »Fußball?«, fragte Birnbaum,
während er sich eine Portion kaltes Kartoffelpüree auf den Teller schaufelte.
    »Schlimmer«, maulte
Tobias, und seine Stimme wechselte die Tonlage, »rhythmische Gymnastik.«
    Ach du Scheiße.
    »Augen zu und durch!«,
sagte Birnbaum.
    Er hatte seine Armbanduhr
abgenommen und betrachtete sie ärgerlich. Das Ding war nicht billig gewesen.
Und die Batterie hatte er erst vor zwei Wochen wechseln lassen. Tobias
schlurfte durch die Diele, dann knallte die Tür, und Maria startete im Hof den
alten Passat, dessen Motor immer stotterte, bevor er warm war. Die Uhr tickte
ganz normal, Birnbaum stellte sie auf fünf vor eins und kratzte den Rest des
Sauerkrauts aus der Schüssel. Er dachte an den gewaltigen Baumstumpf und
überlegte, ob es sich lohnte, auf der versengten Erde noch einmal auszusäen. Es
war ein großes Stück Land. Der Rest des Feldes sah allerdings auch nicht viel
besser aus, nachdem die beiden Feuerwehrwagen kreuz und quer darauf
herumgefahren waren.
    Am besten pflüge ich
alles noch mal um und säe Sommergerste, dachte er. Braugerste. Das könnte noch
klappen, falls in den nächsten Tagen der eine oder andere Schauer niedergeht
und das Zeug zum Keimen bringt … Birnbaum kratzte sich am Kopf. Vielleicht wäre
es doch klüger, alles so zu lassen, wie es war, und den Vorfall der
Versicherung zu melden. Es war allerdings zweifelhaft, ob die Versicherung
diesen Fall abdeckte. Blitzschlag. Im Haus, ja. Aber doch nicht auf dem Acker.
    »Du bist ein Rindviech«,
schalt er sich selbst. »Reiß dich zusammen! Geh gefälligst zum Bauernverband
und sieh zu, dass du noch Saatgut kriegst. Sonst werden die Zeiten karg.«
    Er schaute in den
Kühlschrank, ob Maria Nachspeise gemacht hatte. Hatte sie nicht. Aber da stand
noch ein halbes Glas Kirschen. Er schüttete flüssige Sahne dazu, rührte alles
einmal durch und schaufelte sich das Zeug mit einem großen Löffel rein. Dann
erhob er sich schwerfällig. Jetzt war es ohnehin zu heiß, um etwas zu tun.
    Er gähnte und reckte
sich träge. Dann stieg er auf den Heuboden, der voll ausrangierter
Gerätschaften stand, um auf einem alten Liegestuhl ein Schläfchen zu halten.

5
    Es hielt sie nicht in der
Wohnung. Sie lief noch zum Metzger und zum Bäcker, obwohl sie eigentlich nichts
brauchte. Aber dieser metallische Geschmack machte sie irre. Ein Kratzen im
Hals, ein Kribbeln auf den Armen, überall juckte es ihr unter der Haut.
    »Was darf’s denn sein?«,
fragte die Bäckerin, die so lang und hager war wie ein Stockbrot.
    »Zwei Semmeln, bitte.«
Ihre Lippen waren zu rot für Palling, ihre Augen zu stark geschminkt.
    Die Bäckerin klatschte
ihr die Semmeltüte auf den Tresen. Unfreundlich wie immer, so wie die meisten
Frauen in der Gemeinde. Aber wenn die Not groß war, kamen sie alle angekrochen.
    »Mein Kind ist krank …
Mein Mann betrügt mich … Der Hof läuft schlecht, und obendrein habe ich
Ausschlag an den Händen … Kannst du nichts für mich tun?«
    Dann waren sie plötzlich
nicht mehr so barsch. Und wenn sie in ihre Wohnung kamen, glotzten sie sich die
Augen aus, ob sie nichts entdeckten, worüber sie sich das Maul zerreißen
konnten.
    Da war wieder der blonde
Pferdeschwanz, er wippte hin und her. Die junge Frau aus der Stadt, die Brüste
unter dem zu engen T-Shirt achtlos zur Schau gestellt. Kritzelte auf einem
Stück Papier herum.
    Die Bäckerin schaute
ungnädig, als sie die leere Kaffeetasse auf dem Stehtischchen zurückließ und
ohne Gruß verschwand. »Eine von diesen Studentinnen dort draußen …«, sagte sie
hinter der Hand, als wäre es etwas Schlimmes, Studentin zu sein.
    Die Tüte mit den Semmeln
in der Hand, mit den Gedanken bei einer Zigarette, verließ sie den Laden, ohne
sich umzudrehen. Die Türglocke schrillte über ihr. Der Pferdeschwanz schaukelte
nun lebhaft an der Straßenecke. Das Mädchen sprach aufgeregt in ein Handy und
verdeckte dabei ihren Mund mit der Hand.

6
    Sein Schlaf war so
leicht, dass sich das Zwitschern der Schwalben und das
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