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Der Kampf des Geisterjaegers

Titel: Der Kampf des Geisterjaegers
Autoren: Joseph Delaney
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mich zu dem abgestorbenen Baum, den wir als Ziel benutzten. Ich drückte auf den Hebel, der die versteckte Klinge im Stab hervorspringen ließ, und verbrachte die nächsten fünfzehn Minuten damit, den morschen Baumstamm zu behandeln, als sei er mein Todfeind. Wieder und wieder stach ich mit der Klinge zu, bis mir die Arme lahm wurden. Der neueste Trick, den mir mein Meister beigebracht hatte, bestand darin, den Stab locker in der rechten Hand zu halten und dann schnell in die kräftigere Linke zu wechseln, bevor ich auf den Baum einstach. Man musste ihn praktisch von einer Hand in die andere schleudern.
    Als ich die ersten Anzeichen von Müdigkeit zeigte, schnalzte mein Meister mit der Zunge. »Komm schon, Junge, ich will, dass du das noch mal machst. Eines Tages könnte dir das das Leben retten.«
    Diesmal gelang es mir fast perfekt: Der Spook nickte und führte uns durch den Wald zu unserem schwer verdienten Frühstück zum Haus zurück.
    Zehn Minuten später kam auch Alice zu uns, und wir setzten uns an den großen Eichentisch in der Küche und genossen das kräftige Frühstück aus Eiern und Speck, das der zahme Boggart des Spooks zubereitet hatte. Der Boggart hatte im Haus in Chipenden viele Aufgaben: kochen, Feuer machen und abwaschen genauso wie das Haus und die Gärten bewachen. Er war kein schlechter Koch, aber gelegentlich reagierte er auf das, was im Haus passierte, und wenn er zornig oder schlecht gelaunt war, dann konnte es passieren, dass man ein miserables Essen vorgesetzt bekam. Nun, an diesem Morgen musste der Boggart jedenfalls bester Laune gewesen sein, denn ich erinnere mich noch, dass ich dachte, es sei das beste Frühstück gewesen, das er je gemacht hatte.
    Wir aßen schweigend, doch als ich mit einem großen Stück Butterbrot die letzten Reste meines Eis aufwischte, stieß der Spook seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er lief ein paar Mal auf den Fliesen vor dem Herd auf und ab und blieb schließlich vor dem Tisch stehen und starrte mich an.
    »Ich erwarte heute noch einen Besucher, Junge«, verkündete er. »Wir müssen eine Menge besprechen, deshalb möchte ich mit ihm allein reden, wenn er angekommen ist und du ihn kennengelernt hast. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du nach Hause zum Hof deines Bruders gehst und die Kisten holst, die dir deine Mutter hinterlassen hat. Es wird das Beste sein, wenn du sie nach Chipenden bringst, wo du sie eingehender untersuchen kannst. Vielleicht finden wir darin etwas, das uns auf der Reise nach Pendle nützlich sein könnte. Wir werden alle Hilfe brauchen, die wir bekommen können.«
    Mein Vater war im letzten Winter gestorben und hatte den Hof seinem ältesten Sohn Jack hinterlassen. Doch nach Dads Tod hatten wir in seinem Testament etwas sehr Merkwürdiges gelesen.
    Auf unserem Hof hatte meine Mutter eine eigene Kammer gehabt. Sie war direkt unter dem Dachboden und sie hatte sie stets verschlossen gehalten. Diese Kammer hatte sie mir hinterlassen, zusammen mit allen Kisten und Schachteln, die sich darin befanden, und das Testament besagte, dass ich mich dort jederzeit aufhalten konnte, wenn ich wollte. Meinen Bruder Jack und seine Frau Ellie hatte das beunruhigt. Mein Beruf als Lehrling des Spooks machte ihnen Kummer. Sie fürchteten, dass ich irgendetwas aus der Dunkelheit ins Haus bringen könnte. Dafür konnte ich ihnen nicht einmal böse sein, denn genau das war im vergangenen Frühjahr geschehen und hatte ihrer aller Leben gefährdet.
    Aber es war der Wunsch meiner Mutter gewesen, dass ich die Kammer erbte, und bevor sie weggegangen war, hatte sie dafür gesorgt, dass sowohl Jack als auch Ellie diesen Wunsch respektierten. Sie war in ihre Heimat Griechenland zurückgekehrt, um dort die immer stärker werdenden dunklen Mächte zu bekämpfen. Es machte mich traurig, daran zu denken, dass ich sie vielleicht nie Wiedersehen würde, und wahrscheinlich hatte ich deshalb so lange gezögert, einen Blick in die Truhen zu werfen. Obwohl ich neugierig war, was sie wohl enthalten mochten, konnte ich es kaum ertragen, den Hof wiederzusehen, jetzt, wo meine Eltern nicht mehr da waren.
    »Ja, das werde ich tun«, versprach ich meinem Meister. »Aber wer ist denn Ihr Besucher?«
    »Ein Freund von mir«, antwortete der Spook. »Er lebt seit Langem in Pendle und wird uns bei unserem Vorhaben dort eine unschätzbare Hilfe sein.«
    Ich war verwundert. Mein Meister hielt sich sonst von Menschen fern. Und da er mit Geistern, Gespenstern, Boggarts und Hexen zu tun
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