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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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man machen könnte.
    Zeitig am Morgen erwachte der Hund. Der Bär schlief noch. Der Hund lief aufs Klo, um ein Bein zu heben, und kroch wieder ins Bett. Er dachte: Ich schlaf noch ein Stündchen! Der Hund schlief gern nach. Es machte ihm Spaß zu schlafen, wenn er ausgeschlafen war. Da hatte er die allerschönsten Träume.
    Der Hund schloss die Augen, blätterte ein bisschen in seiner Kopfkartei, Abteilung Wolkenbilder, und schlief ein. Doch mit einem allerschönsten Traum wurde es diesmal nichts, obwohl der Traum ganz nett anfing: Der Hund stand hinter einem Rednerpult. Um das Pult herum war eine Wiese. Auf der Wiese waren viele Leute und hörten ihm zu. Der Hund rief: »Wir Frauen haben lange genug zugeschaut, wie die Männer alles, alles kaputtmachen! Jetzt wollen wir Frauen ans Ruder und alles besser machen! Frauen, wählt Frauen!« Dann wollte er sagen, dass auch die Männer Frauen wählen sollten, doch da drängte sich eine gestreifte Ziege durch die Menge, riss ihm das Mikro aus den Pfoten und brüllte hinein: »Er ist ein Schwindler! Ich habe ihn beobachtet!« Die gestreifte Ziege griff dem Hund in die Bluse und holte einen Wollbusen heraus. Sie hielt den Wollbusen hoch und schrie: »Er ist ein Mann, ein Mann ist er!«
    Die Leute brüllten: »Frechheit, Gemeinheit, Hinterhalt, Betrug!« Sie drängten von allen Seiten auf das Rednerpult zu. Der Hund sah erhobene Pfotenfäuste und Klauenfäuste und Krallenfäuste und Fingerfäuste. »Es war nicht bös gemeint«, stammelte er, aber die Leute brüllten so laut, dass die Stimme vom Hund gar nicht zu hören war.
    Dann wachte der Hund auf. Der Bär beutelte ihn und fragte: »Was war nicht bös gemeint?«
    Der Hund setzte sich auf, Herzflattern hatte er, Schweißtropfen standen auf seiner Schnauze.
    »Ich werde keine Politikerin«, sagte er.
    »Nicht einmal mir zuliebe?«, fragte der Bär.
    »Dir zuliebe mache ich alles«, sagte der Hund. »Weil du mir zuliebe alles getan hast. Aber Politikerin kann ich auch dir zuliebe nicht werden, weil es schief gehen wird.« Der Hund erzählte dem Bären den Traum. Der Bär gab nichts auf Träume. Stur blieb er dabei, als Politikerin Karriere machen zu müssen, um die Welt zu verändern. Fast wären der Hund und der Bär ins Streiten gekommen. Nur weil sie einander so lieb hatten, gelang es ihnen, friedlich zu bleiben. Schließlich sprach der Bär, mit Tränen in den Augen: »So müssen wir uns trennen. Ich gehe meinen Weg und du den deinen.«
    Sie aßen noch zusammen Frühstück und bezahlten die Rechnung. Vor der Wirtshaustür umarmten sie einander.
    »Wohin gehst du?«, fragte der Bär.
    »Drauflos«, sagte der Hund. »Einfach drauflos.« Er stotterte, als er das sagte. Er log nämlich. Und er log seinen Freund nicht gerne an. Aber das, was er vorhatte, musste er für sich behalten.
    Der Bär trottete nach rechts, zur Autowerkstätte. Der Hund trottete nach links. Sehr langsam ging er. Nach jedem dritten Schritt drehte er sich um. Als der Bär nur noch ein stecknadelkopfgroßes Pünktchen am Ende der Straße war, machte der Hund kehrt und lief zurück, bis zur Drogerie, und kaufte eine Packung Haarfarbe in Brandrot und eine in Rabenschwarz und eine in Silberweiß .
    Hierauf wieselte er zu einem Kleiderladen. »Mein Mann«, sagte er zur Verkäuferin, »braucht einen blauen Overall.«
    »Welche Größe?«, fragte die Verkäuferin.
    »In der Länge wie für mich, in der Breite dreifach«, sagte der Hund.
    In dieser ungewöhnlichen Größe hatte die Verkäuferin nur einen grünen Overall. Der war dem Hund auch recht. Er nahm ihn unter den Arm und lief zum Optiker und kaufte sich eine Brille mit Fensterglasgläsern. Dann kaufte er noch ein großes Daunenkissen und einen Werkzeugkasten mit Tragehenkel und marschierte mit seinen sieben Sachen aus dem Ort, die Landstraße entlang, bis er zu einem Teich kam. Er schaute sich um, sah weit und breit niemanden und zog sich aus. Die Witwe-Olga-Kleider schnürte er zu einem Bündel, beschwerte es mit einem Stein und ließ es in den Teich plumpsen. Dann setzte sich der Hund ans Ufer und schmierte sich mit Haarfarbe ein. Auf ein Ohr rieb er Brandrot , aufs andere Rabenschwarz . Zwischen die Ohren kam Silberweiß . Um die Augen herum strich er Rabenschwarz , auf den Schnauzenrücken Brandrot . Den Hinterkopf und die Pfoten färbte er kunterbunt getupft, den Schwanz Brandrot , den Bauch streifte er. Für den Rücken und den Popo blieb keine Farbe übrig.
    Der Hund wartete, bis alle Farben
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