Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
wissenschaftlicher Neugier, sondern mehr aus dem Wunsch heraus, ein Souvenir zu bekommen, das ihn nach der Rückkehr in sein Heimatland England an diese ungewöhnliche Begegnung erinnern würde.
    Von den furchtsamen Blicken Chalefs begleitet, streckte er die rechte Hand aus, um nach dem Schwert des Templers zu greifen. Wenn es ihm gelang, die Klinge ganz vorsichtig aus der Scheide zu ziehen…
    Schnell merkte er, daß das Schwert festsaß. Er würde Gewalt anwenden müssen, um es aus der Scheide zu lösen, und den Toten dabei letzten Endes wohl doch in eine Häufchen Staub verwandeln. Er ließ von der Waffe ab und überlegte noch, ob er das Risiko eingehen sollte, als sein Blick auf einen kleinen, eigenartig geformten Gegenstand fiel, der halb unter dem Umhang des Tempelherren verborgen lag. Ohne zu zögern griff Baskerville nach dem Ding und zog es unter dem brüchigen Stoff hervor.
    Es war eine... Rose! Eine Rose aus Sand!
    Verblüfft zog Henry Baskerville die Augenbrauen hoch. Was für eine seltsame Laune der Natur war dies? Wie hielt die Rose zusammen? Als er sie in die Hand nahm, hätte sie zwischen seinen Fingern zerbröckeln müssen. Aber davon konnte keine Rede sein. Obgleich er keinen Moment daran zweifelte, daß sie tatsächlich aus purem Wüstensand bestand, war ihre Struktur so fest gefügt, als würde es sich bei dem Material um soliden Fels handeln. Und als Baskerville die Rose mit aller Kraft zusammenpressen wollte, stöhnte er vor ungläubiger Überraschung auf. Die Form des Objekts veränderte sich nicht um den Bruchteil eines Zolls! Allenfalls seine Finger schmerzten – ganz so, als habe ihn die Rose gestochen.
    Baskerville wandte sich seinem Diener zu. »Chalef, hast du eine Ahnung, was es mit diesem Ding hier auf sich hat?« Er hielt dem Araber die Sandrose hin.
    Chalef zuckte zurück, als würde ihm eine hochgiftige Viper entgegenzüngeln. Die Angst in seinen Zügen schien sich noch zu steigern. Er murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und machte mit der Hand eine Gebärde, die wohl sinngemäß dem Kreuzzeichen eines Christen entsprach.
    »Was?« Fragte Henry Baskerville leicht gereizt. Die völlig unbegründete Furcht seines Dieners ging ihm langsam aber sicher auf die Nerven.
    »Sill el Mot«, flüsterte Chalef. »Sill el... what?«
    »Sill el Mot«, wiederholte Chalef nur. Er schien sich nicht weiter über dieses Thema auslassen zu wollen.
    Die Arabischkenntnisse Baskervilles waren ziemlich unterentwickelt. Nicht zuletzt aus diesem Grund hatte er ja auf die Dienste eines einheimischen Dieners zurückgreifen müssen. Mit dem Begriff »Sill el Mot« konnte er nicht das geringste anfangen.
    »Wer oder was soll das sein?« erkundigte er sich.
    Wieder murmelte Chalef etwas vor sich hin, das unverständlich blieb. Und Henry Baskerville war eigentlich auch gar nicht mehr interessiert daran, was sein Diener da zum besten gab. Die Angst Chalefs, die nur von albernem Aberglauben genährt werden konnte, ärgerte ihn über alle Maßen.
    »Bau das Zelt weiter auf«, wies er den Araber mit scharfer Stimme an, steckte die geheimnisvolle Sandrose in die Tasche und ging dann wieder zu den Pferden hinüber, um sie weiter zu tränken.
    Eine gute halbe Stunde später hatten die beiden Männer ihr Abendessen verzehrt und sich im Zelt zum Schlafen niedergelegt. Was nicht etwa bedeutete, daß sie wirklich hätten einschlafen können. Baskerville hörte, wie sich Chalef unruhig auf seiner Decke hin und her warf, glaubte ein paarmal sogar, ein Zähneklappern seines Dieners wahrnehmen zu können. Doch auch er, daß mußte er sich selbst widerwillig eingestehen, fühlte sich mittlerweile unbehaglich. Immer wieder kreisten seine Gedanken um den toten Tempelritter draußen vor dem Zelt. Und um den geheimnisvollen roten Blitz. Wenn er recht darüber nachdachte, mußte er zwangsläufig zu der Erkenntnis gelangen, daß er und Chalef ohne diesen Blitz niemals auf den mumifizierten Leichnam gestoßen wären. So albern er auch war – der Gedanke, daß vielleicht doch eine höhere Macht am Werk gewesen war, wurde für Henry Baskerville zur fixen Idee.
    Schließlich, nach Stunden unruhigen Wachens, glitt er doch noch in die dunklen Gefilde des Schlafes hinab. Aber auch noch im Halbschlaf wurde er die Vorstellung nicht los, daß ihn die toten Augen des Templers durch die Zeltwände hindurch drohend anstarrten.

    * * *

    London machte seinem schlechten Ruf wieder einmal alle Ehre. Der Himmel hatte all seine Schleusen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher