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Der Herr von Moor House

Der Herr von Moor House

Titel: Der Herr von Moor House
Autoren: Anne Ashley
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nächsten Morgen abreisen will. Nein, lieber nicht … Damit würde sie womöglich eine Missstimmung heraufbeschwören, und das wäre unklug, solange sie hier festsaßen und einander nicht aus dem Weg gehen konnten.
    Sie nahm ihren Hut ab und öffnete die Jacke. Auf einen Ellbogen gestützt, nahm sie eine etwas bequemere Haltung ein und entspannte sich. Es war sehr erfreulich, mit Christian über belanglose Dinge zu plaudern, fast so unbeschwert wie in der Jugend. Vom Wein und der Wärme des Feuers eingelullt, verspürte sie bald eine wohlige Trägheit, und ihre Lider wurden immer schwerer.
    Ein paar Stunden später erwachte sie und roch den unverkennbaren köstlichen Duft eines Brathuhns. Warum waren ihre Kissen verschwunden? Und wieso loderte mitten in ihrem Schlafzimmer ein helles Feuer? Dann kehrte die Erinnerung zurück, und sie setzte sich verwirrt auf. Wo mochte Christian stecken? Als sie angstvoll nach ihm zu rufen begann, erschien er auf den Stufen, die zur Höhle hinabführten. “Keine Bange, Liebling, ich bin hier.”
    “Wie spät ist es?”, fragte sie und schob die Pelzdecke beiseite, die er über ihren Körper gebreitet hatte.
    Er setzte sich wieder zu ihr, zog seine Taschenuhr hervor und hielt sie in den Widerschein der Flammen. “Kurz nach Mitternacht.”
    Und niemand hatte sie befreit. Megan seufzte tief auf. Vermutlich würden sie bis zum Morgen in ihrem Gefängnis ausharren müssen. Ein Dutzend verwirrende Fragen gingen ihr durch den Sinn. Aber sie sprach keine einzige aus. Das flackernde Licht der Flammen betonte die Spuren der Müdigkeit in Christians Gesicht. Jetzt wollte er sicher nicht mit Problemen behelligt werden, die er wahrscheinlich nicht lösen konnte. Und so erkundigte sie sich nur, ob er geschlafen habe.
    “Nein. Stattdessen kämpfte ich – mit meinem Gewissen.” Als er ihre Verblüffung bemerkte, lächelte er widerstrebend. “Ich habe überlegt, ob ich im Mondschein schwimmen soll.”
    Eine weitere Erklärung musste er nicht abgeben. Erschrocken umklammerte sie die Falten seines Mantels. “Das wirst du nicht tun! Du weißt, wie gefährlich die Strömungen an dieser Küste sind. Besonders im Dunkeln!”
    “Irgendwie muss ich Moor House erreichen. Wenn sich herumspricht, dass wir beide in diesem Keller übernachtet haben, ist dein Ruf ruiniert.”
    “Kümmere dich nicht um meinen Ruf! Der spielt keine Rolle.”
    Behutsam löste er ihre Finger von seinem Mantel und hielt sie fest. “Für mich schon. Dein Name darf nicht in den Schmutz gezogen werden.”
    “Und ich verbiete dir, dein Leben zu riskieren, nur um meinen Ruf zu retten. Du musst völlig erschöpft sein. Sonst wärst du nicht auf so eine dumme Idee gekommen. Letzte Nacht hast du kaum geschlafen.” Sie lächelte wehmütig. “Seit meiner Ankunft gerätst du von einer Schwierigkeit in die andere. Offenbar bringe ich dir Unglück.”
    “Lancelot Berringham hat so was Ähnliches behauptet und dir die Schuld an seiner Pechsträhne gegeben. Aber ich betrachte dich als meinen Schutzengel.” Mit seiner freien Hand strich er sanft über Megans Stirn und glättete die zarten, von ihrer Verblüffung bewirkten Falten. “Wie du vermutet hast, war das Gift in meiner Brandykaraffe bereits sein dritter Versuch, mich zu töten.”
    “Also hat er auch auf dich geschossen – und er war der Eindringling in meinem Zimmer. Ich nehme an, du hast ihn in der vergangenen Nacht zur Rede gestellt. Was ist geschehen?”
    “Nichts Besonderes”, entgegnete er und erklärte, er habe Berringham schon beim Anblick des blauen Flecks verdächtigt, der von Megans gut gezieltem Wasserkrug auf der Wange des Mannes stammte. Dann berichtete er von den beiden Polizisten, die er in London angeheuert und zu seiner Konfrontation mit Berringham mitgenommen hatte. Seine Stimme klang völlig leidenschaftslos. Als er erwähnte, er habe seinen Feind laufen lassen, ohne Anklage zu erheben, fand Megan, das sei ein schwerer Fehler gewesen. Vor allem angesichts der jetzigen Situation. Hatte Berringham die Kellertür versperrt?
    Doch diesen Verdacht sprach sie nicht aus. “Glaubt er wirklich, du wärst für Louisas Tod verantwortlich?”
    Christian nickte. “Und für den Tod seines ungeborenen Kindes.”
    Bis sie die Bedeutung dieser Worte verstand, verstrichen mehrere Sekunden. Hatte Louisa ihren Mann nicht geliebt? Großer Gott, was mochte in dieser unseligen Ehe geschehen sein?
    Spöttisch verzog er die Lippen. “Falls du immer noch glaubst, ich hätte
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