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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter
Autoren: Jason Dark
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Großstädter nicht. Sie ärgerten sich eher über das Gelände, weil sie einfach die glatten Straßen und Fahrbahnen vermißten, die sie gewohnt waren.
    Sie hatten es nicht mehr weit bis zum Ziel. Der alte Friedhof lag genau dort, wo sich auch ein Waldsaum wie eine dunkle Grenze über das Land schlängelte.
    Menschen waren ihnen nicht begegnet. Selbst die Tiere hatten sich in dieser stürmischen Nacht verkrochen. Das Zentrum des Orkans war vorbeigerast. So konnte man nur noch von einem steifen Wind sprechen, der über das Land blies und die beiden Männer erfaßte, als sie ihren Range Rover verließen.
    Den Friedhof sahen sie auch in der Dunkelheit. Ed hatte die Scheinwerfer gelöscht. Sein Partner hob bereits die hintere Ladeklappe hoch. An den Füßen packte er den Toten an und zog ihn näher zu sich.
    »Warte, ich helfe dir.«
    Ed war zur Stelle, und gemeinsam schafften sie den Toten ins Freie. Abermals merkten sie sein Gewicht, das schwer auf ihren Armen lastete. Keiner von ihnen beschwerte sich jetzt, auch nicht über das Gelände, das sich ziemlich uneben zeigte.
    Der Friedhof lag im Schatten mächtiger Bäume.
    Vor einem Tor des Eisenzauns, der den Totenacker umgab, blieben die beiden stehen. Verschlossen war es nicht. Das brauchte auch nicht zu sein. Wer betrat schon in der Nacht freiwillig ein Gebiet wie dieses hier? Die Leiche wurde gegen das Gitter gelehnt. Ed hielt sie fest, und Tidy öffnete das Tor.
    Wind und Wetter hatten an dem Material ihre Spuren hinterlassen. Das Eisen war völlig verrostet, und die Angeln knarrten und quietschten, als Tidy mit einer gewissen Kraftanstrengung das Tor aufzog. Wieder mußte die Leiche gepackt werden, und als die beiden Männer das Gelände betreten hatten, kamen sie sich vor wie in einer anderen Welt.
    Sie sprachen nicht darüber, aber sie blieben plötzlich zur gleichen Zeit stehen, ohne sich zuvor abgesprochen zu haben.
    »Mann, das ist komisch«, flüsterte Ed. Er konnte so leise reden, denn der Wind war abgeflaut. »Ja, ich spüre das auch.«
    »Und was ist es?«
    Tidy hob die Schultern. »Keine Ahnung. Aber mir kommt es vor, als wären wir nicht mehr allein.«
    »Richtig, so ist es.«
    »Aber ich sehe niemanden.«
    Ed hob die Schultern, als würde er frösteln. »Spielt das bei Geistern eine Rolle?«
    Jetzt lachte Tidy. Wahrscheinlich wollte er sich selbst Mut machen.
    »Geister, Mensch, die gibt es doch nicht. Das weißt du genau. Das sind Spukgeschichten, die sich die Leute hier ausgedacht haben. Ich glaube nicht daran.«
    »Ich eigentlich auch nicht, aber wenn ich mich so umsehe…« Ed hob abermals unbehaglich die Schultern und ließ seinen Blick schweifen. Er hatte im Prinzip recht. Dieser Friedhof war einfach nicht geheuer. Die alten verwitterten Grabsteine standen kreuz und quer. Es gab keine Ordnung. Dazwischen wuchsen wilde Sträucher und hohes Gras, das sich im Wind bewegte, so daß es aussah, als würden Wellen über den alten Totenacker laufen.
    »Ich sehe aber niemanden!« hauchte Tidy.
    »Gespenster sind auch unsichtbar.«
    »Hör auf. Laß uns weitergehen! Es gibt keine Gespenster. Wie oft soll ich dir das noch sagen?«
    »Vielleicht sind es auch die Geister der Toten, die sich hier breitgemacht haben.«
    »Ist das denn ein Unterschied?«
    »Weiß ich auch nicht.«
    Die beiden Einbrecher machten sich selbst verrückt. Je tiefer sie in den kleinen Totenacker hineingingen, um so schauriger empfanden sie die Umgebung.
    Manchmal bewegten sich die Zweige der Büsche. Dann sah es so aus, als würden sie von geisterhaften Händen zur Seite geschoben, damit ein Gespenst freie Sicht bekam.
    Die beiden Männer hatten das leere Grab auf einer ihrer Touren entdeckt. Es lag am Ende des Friedhofs, ziemlich dicht am Gitter. Warum und wer es geschaufelt hatte, war ihnen unbekannt. Für sie zählte, daß sie dort die Leiche verschwinden lassen konnten. Auf diesem Friedhof wurde niemand mehr beerdigt, das stand fest. Selbst im sagenumwobenen Cornwall ließ man die alten Begräbnisstätten heute in Ruhe.
    Manchmal stolperten die beiden Männer noch gegen eine verrostete Blumenvase aus Metall. An den alten Grabsteinen schlichen sie ebenfalls vorbei, und ihr Keuchen wurde lauter, denn der Tote hatte sein Gewicht.
    Endlich erreichten sie das Ziel.
    Neben dem offenen Grab blieben sie stehen und legten den Toten ab.
    »Das war Knochenarbeit!« flüsterte Tidy und wischte Schweiß aus seinem Gesicht. »Noch einmal möchte ich das nicht mehr machen.«
    »Frag mich
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