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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter
Autoren: Jason Dark
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Windböen mit, die sich vor dem Haus fingen und in ihre Gesichter schlugen. Der Sturm war kaum abgeflaut.
    Da das Haus am Hang gebaut worden war, führte ein gewundener Pfad zur nächsten Straße hin. Es war nur eine schmale Piste und nicht asphaltiert. Aber der Hausbesitzer hatte auch eine Treppe in den Hang bauen lassen. Sie führte auf direktem Weg zum Ziel, und sie wurde auch von den beiden Männern benutzt.
    Sie schleppten sich mit der Leiche ab, stemmten sich gegen die Böen und hatten manchmal Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Über ihnen tobten die dunklen Wolken am Himmel. Buschwerk bog sich unter den Böen, als würde es gekämmt.
    In der Ferne zeichnete sich der dunkle Kamm eines Waldstücks ab. Auch er war in Bewegung geraten, als der Wind durch die Kronen der hohen Bäume fuhr.
    Als beide Männer die Treppe hinter sich gelassen hatten, zitterten ihnen die Knie. Ihren Wagen hatten sie abseits der Straße hinter eine Buschgruppe gestellt. Da mußten sie noch hin, den Toten einladen und dann nichts wie weg.
    »Packen wir's!« sagte Tidy und bückte sich wieder. Diesmal hatte er die Schulterpartie der Leiche untergefaßt.
    Das Haus blieb hinter ihnen zurück. Sie schlugen sich schließlich in das Gelände, wo ihr Wagen stand. Es war ein Range Rover, gerade richtig für Cornwall, wo viele Straßen doch mehr Pisten glichen. Noch einmal mußten sie sich anstrengen, um den Toten auf die Ladefläche zu hieven. Dann hatten sie es endlich geschafft. Tidy ließ sich ins Gras fallen und schüttelte den Kopf. »Hätte nicht gedacht, daß Leichen so schwer sein können.«
    »Willst du eine rauchen?«
    »Nein, zu stürmisch.«
    »Dann laß uns fahren.«
    Tidy nickte. »Nichts dagegen.« Er stemmte sich wieder hoch und zitterte, weil er sich gerade überanstrengt hatte.
    Ed setzte sich hinter das Lenkrad. Als Tidy einstieg, schmetterte der Wind die Tür zu. »Jetzt will ich eine rauchen.«
    »Gib mir auch eine.«
    Tidy machte zwei Glimmstengel locker. Ed schielte nach hinten, wo der Tote lag. »Viel Blut hat er nicht verloren. Wir sollten trotzdem den Wagen nach Spuren absuchen.«
    »Klar.«
    Ed startete.
    Ihr Fahrzeug war in Ordnung, der Motor kam sofort und lief auch rund. Auf den ersten Yards wurden sie durchgeschüttelt, dann hatten sie das freie Gelände verlassen und konnten auf der normalen Straße weiterrollen, über die der Wind die langen Staubfahnen trieb, die wie dünne Tücher die beiden Lichtlanzen der Scheinwerfer durchwehten. Die Nacht hatte kaum Kühlung gebracht. Es war einer dieser warmen Orkane, die über das Land fegten, als wären sie aus der Wüste über das Meer gekommen, um die Menschen zu quälen.
    Beide Männer schwitzten. Sie waren allein unterwegs. Der Weg, auch mit Schlaglöchern übersät, ließ den Range Rover tanzen. In diesem Rhythmus bewegten sich auch die Scheinwerferlanzen.
    »Irgendwann werde ich noch duschen!« versprach Ed und riß das Lenkrad hart herum, weil der Weg plötzlich in eine scharfe Linkskurve überging. Sie hätten auch geradeaus weiterfahren können, dann aber wären sie in einen Ort gelangt, was keiner von ihnen wollte. Ihr Ziel war schließlich der einsame Friedhof.
    Man konnte ihn als einen Flecken Erde bezeichnen, der vergessen worden war. Es führte kein Weg dorthin. Es gab nicht nur diesen einen einsam gelegenen Friedhof in Cornwall, jeder dieser Friedhöfe hatte seine eigene schaurige Geschichte. Da war von Gespenstern, lebenden Leichen oder anderen Dämonen die Rede, denn Cornwall gehörte zu den Gebieten Englands, die reich an Sagen und Legenden waren. Wer hier ein Herrenhaus oder Schloß ohne den entsprechenden Geist besaß, wurde nicht anerkannt.
    Cornwall war ein wildes Land. Sein rauhes Seeklima hatte die Menschen geprägt. Zumeist wirkten sie verschlossen, sogar abweisend anderen gegenüber. Sie waren eine Sorte für sich und wollten es auch bleiben. Wenn ihnen jemand von London erzählte, war die Stadt für sie fast so weit entfernt wie der Mond.
    Das Gelände blieb zwar eben, von einigen Mulden oder flachen Hügeln mal abgesehen, aber es war auch dichter bewachsen. Sträucher, Gras, manchmal verkrüppelt wirkende Bäume, all das zeichnete die Landschaft aus, und zwischen dem Grün lagen oft gewaltige Steine aus ferner Zeit. Klobige Brocken, um die sich manche Geschichten und Sagen rankten, die von gewaltigen Kämpfen erzählten, die Urwelt-Riesen gegeneinander geführt hatten, als noch keine Menschen hier lebten. An das glaubten die beiden
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