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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter
Autoren: Jason Dark
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Kopf. »Du kommst mir vor wie ein Selbstmörder. Verdammt, willst du denn, daß er dich killt und du deine verfluchten Schuldgefühle loswirst? Meinetwegen!« rief er. »Meinetwegen.« Er hob den rechten Zeigefinger und knickte leicht in den Knien ein. »Aber ohne mich, verstehst du? Ich mache da nicht mit. Vielleicht treffen wir uns noch mal.«
    Tidy drehte sich auf dem Absatz um und lief davon. Er nahm nicht den Weg, den sie gekommen waren, er wollte abkürzen. Bis zum Gitter, dieser Grenze, war es nicht weit.
    Es lag hinter den Grabsteinen und dem Gestrüpp, in das sich die alten Steine regelrecht hineingeschoben hatten.
    »Bleib hier, wir nehmen…« Ed redete nicht mehr weiter. Er hätte seinen Freund nicht stoppen können.
    Tidy keuchte voran. Sein Herz schlug dabei schneller als gewöhnlich. In seinem Nacken saß etwas, das ihn mit seinen unsichtbaren Krallen festhielt.
    Die kalte, würgende Angst.
    Er bahnte sich seinen Weg. Obwohl die Strecke nur kurz war, hatte er zu kämpfen. Zweige hämmerten gegen Gesicht und Körper. Sie waren wie dünne Pranken oder würgende Lianen, die sich an ihm festklammern wollten. Er zerrte, riß daran, kam wieder frei und schrie, weil ein Faustschlag einen Grabstein getroffen hatte, der hinter einem Gestrüppwirrwarr verborgen gelegen hatte.
    Das Unkraut wuchs waden-und manchmal auch schenkelhoch. Er stolperte hinein, trat auf flache Steine und in Löcher. Es war allein die Angst, die ihm diese Wahnvorstellungen vorgaukelte und ihn weitertrieb, bis er das Gitter nicht mehr rechtzeitig sah und mit seinem Gewicht und dem nötigen Schwung dagegenprallte.
    Er stieß sich seine Nase an einem Stab, spürte das Blut, daß aus dem linken Nasenloch rann, an seinem Kinn entlanglief und im schweißnassen Hemd versickerte.
    Tidy schaute hoch.
    Die Stangen besaßen an ihrem oberen Ende rostige Spitzen, so daß sie an Lanzen erinnerten. Wer daran hängenblieb, kam kaum noch weg. Tidy versuchte es.
    Er umklammerte zwei Stäbe.
    Der feuchte Rost schmierte an seinen Handflächen entlang. Er mußte nachgreifen, hatte große Mühe, kam aber höher, faßte noch einmal mit der rechten Hand nach, so daß er den Teil der Stange direkt unter der Spitze zu fassen bekam.
    Da hielt er fest — und hörte das Knurren hinter sich. Seine Lage ließ es nicht zu, daß er den Kopf drehte. Dennoch wußte er, wer sich hinter ihm befand.
    Die Pranke hämmerte in seinen Nacken und seinen Rücken. Tidy verließ die Kraft.
    Er konnte sich nicht mehr festhalten, rutschte, die andere Pranke fing ihn auf, als wäre er ein kleines Kind, und hielt eisern fest. Er lag in den Armen der Bestie, die ihn drehte, so daß er auf deren Maul schauen konnte, wo der lange Geifer in gelblich schimmernden Bahnen die Zähne miteinander verband.
    Er biß nicht zu.
    Tidy hielt den Atem an. Er schaffte es nicht einmal mehr, Luft zu holen. Die Angst war dabei, ihn seelisch zu zerstören.
    Der Werwolf hob ihn hoch.
    Für die Dauer eines Lidschlages hatte Tidy die wahnsinnige Vorstellung, daß ihn die Bestie über den Zaun auf die andere Seite schleudern würde, weil er die Spitzen plötzlich unter sich sah. Es wurde viel schlirnmer.
    Der Werwolf drückte ihn mehrmals nach unten. Und Tidys Schreie versickerten schon nach der ersten Berührung…
    ***
    Ed hörte ihn schreien!
    Eigentlich hätte Angst sein Gesicht zeichnen müssen, statt dessen glitt ein kaltes Lächeln über seine Züge. Er schaute auf seinen Revolver und steckte ihn ein.
    »Ja«, sagte er, »Tidy, du warst zu stürmisch. Man sollte in gewissen Situationen Nerven zeigen.« Er lachte laut. Nerven hatte er gezeigt. Durch seine Worte und durch sein Gehabe hatte er Tidy praktisch zur Flucht getrieben. Daß diese in den Klauen der Bestie enden würde, hatte Ed vorausgesehen. Für ihn war die Bahn nun frei.
    Und er nahm den normalen Weg, denn nicht weit vom Tor entfernt parkte der Range Rover. Die einzige Chance, die ihm für eine Flucht blieb. Solange der Werwolf mit Tidy beschäftigt war, hatte er Chancen. Schattenhaft huschte der Mörder über das Gelände des Friedhofs. Manchmal war er nicht mehr als eine Silhouette, die sich ihren Weg über Grabsteine hinweg und durch Gestrüpp bahnte.
    Der Werwolf würde ihn nicht kriegen!
    Das Tor stand noch offen. Es schien ihm zuzuwinken, doch endlich hindurchzulaufen.
    Er tauchte unter den Zweigen einer Ulme hinweg, schaute gegen den Himmel, sah eine blasse Mondscheibe wie ein kreisrundes Auge auf die Erde schauen und dachte daran, daß
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