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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder
Autoren: Stella Blómkvist
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Treppe hoch. Schmeiße meine feuchten Klamotten auf den Fußboden im Badezimmer. Stelle die Dusche an. Springe unter den heißen Strahl.
    Verteile den duftenden Seifenschaum auf dem ganzen Körper.
    Mit den Gedanken ganz woanders.
    Versuche mich an die Vorstellung zu gewöhnen, dass auch ein Richter am Obersten Gericht ein Mörder sein kann. So wie jeder andere.
    »Der Teufel macht keine Unterschiede.«
    Sagt Mama.

2. KAPITEL
    W as für ’ne Scheißkälte!
    Der Frostwinter hat Reykjavik fest im Griff. In den letzten Wochen haben Schneestürme und eisige Windböen die Natur und menschliches Leben außer Haus in Ketten gelegt.
    Fußgänger sind dick vermummt wie Gletscherforscher. Gehen gebeugt dem Nordwind entgegen, als ob sie gegen einen unsichtbaren Feind ankämpfen würden.
    Ich beeile mich, in den Wagen des Pfarrers einzusteigen. Lasse mich zum neuen Spiegelpalast des Polizeipräsidenten am Strand kutschieren, wo die Goldjungs Adalgrímur in Gewahrsam haben. Ich halte es für relativ sicher, dass ich nach der feuchten und durchtanzten Nacht immer noch einen zu hohen Alkoholpegel im Blut habe, um mich selber hinters Steuer zu setzen. Habe längst damit aufgehört, solche dummen Risiken einzugehen.
    Pfarrer Gudleifur ist ein Jeep-Fahrer. Trotzdem ist er übervorsichtig im Reich des Winters. Scheint einen Megaschiss vor dem Glatteis zu haben, das die hohen Minusgrade der letzten Woche überall in der Stadt hinterlassen haben.
    »Was ist denn das für ein Herumgetrödel?«, frage ich barsch. »Solltest du nicht auf göttliche Vorsehung vertrauen – im Verkehr wie auch sonst?«
    »Ich, ähem, halte es immer für das Beste, vollste Vorsicht auf den Straßen des Landes walten zu lassen, wie auch im Leben an sich.«
    »Ist es nicht möglich, diese Jeep-Kiste aufzuheizen?«
    Er stellt das Gebläse an, ohne die Augen von der Straße zu nehmen. Geschweige denn die Geschwindigkeit zu erhöhen.
    Ich finde mich langsam mit dem unerwarteten Ereignis ab, dass ein Richter am höchsten Gericht des Mordes verdächtigt wird. Ich finde es nicht mehr so unglaublich wie am Anfang.
    Diesem Gedanken folgen jedoch gemischte Gefühle.
    Natürlich habe ich Fälle am Obersten Gericht verloren und die Richter in Grund und Boden verflucht, weil ich sie für blinde Obrigkeitsdiener hielt. Trotzdem war ich irgendwie immer davon ausgegangen, dass dieses höchste Gericht des Volkes über den Bodensatz der Gesellschaft erhaben sei.
    Wie kindisch!
    Die Richter am Obersten Gericht sind natürlich genauso fehlbar wie alle anderen. Und wenn ich im Vorhinein auf jemanden hätte zeigen sollen, den ich am ehesten für einen richtigen Kriminellen halten würde, wäre mir der Name Adalgrímur Sunndal mit Sicherheit als Erstes eingefallen.
    Seine Karriere stand schon öfter auf der Kippe zum Unmoralischen.
    Zumindest den saftigen Geschichten zufolge, die einige Anwälte schon seit Jahren durchkauen.
    Aber jetzt ist es das erste Mal, dass ich gehört habe, dass er der Gewaltanwendung beschuldigt wird.
    Der Pfarrer scheint wenig über den eigentlichen Mordfall zu wissen. Außer natürlich, dass der Schwiegervater völlig unschuldig ist.
    »Adalgrímur hat mir in einem Telefonat am späten Vormittag erklärt, dass dies völlig abwegige Anschuldigungen seien, und ich glaube ihm voll und ganz, zumal er, ähem, ein friedfertiger Mensch ist«, sagt Pfarrer Gudleifur und schaut ausdauernd nach links und rechts, bevor er das Auto in einen dicht befahrenen Kreisverkehr manövriert.
    »Ich habe auch keine Informationen über irgendein Beweismaterial gegen ihn, allerdings fällt mir auch nichts ein, was das sein könnte.«
    Er behauptet, noch nicht einmal zu wissen, wer ermordet wurde, geschweige denn wo. Also beginne ich, ihn über seine Beziehung zum obersten Richter auszufragen.
    »Meine Frau, Sólveig, ist Adalgrímurs einzige Tochter«, antwortet er. »Wir haben vor fünf Jahren geheiratet, und seitdem wohnen wir im Pfarrhaus im Osten. Adalgrímur hat versucht, uns jeden Samstag zu besuchen.«
    »Er alleine?«
    »Mein Schwiegervater hat seine Frau vor ein paar Jahren durch Krebs verloren. Das war, ähem, ein großer Verlust für uns alle, aber natürlich besonders für ihn.«
    »Wohnt er seitdem alleine?«
    »Ja, richtig. Aber er hat natürlich viele Freunde in der Stadt, sowohl alte Schulfreunde als auch Mitarbeiter, die er während eines langen Berufslebens kennen gelernt hat. Adalgrímur ist ein geselliger und unterhaltsamer Mensch, und daher, ähem, ziemlich
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