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Der Erdbeerpfluecker

Der Erdbeerpfluecker

Titel: Der Erdbeerpfluecker
Autoren: Monika Feth
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inzwischen eine erwachsene Frau ist und ich mich mit meinen Ąngsten nur lächerlich mache, gerade in diesem Augenblick tut sie es. Sie geht mit einem Fremden.«
    »Ihr ist er nicht fremd«, sagte Merle.
    Imke drehte sich zu ihr herum. »Sie kennt ihn doch kaum! Und sie weiߟ ganz offensichtlich nichts über ihn. Niemand weiߟ etwas über ihn.«
    »Die Polizei wird sie finden«, sagte Merle. »Ihr wird nichts zustoߟen, glauben Sie mir.« Sie trat zu Imke ans Fenster und sah hinaus.

    Drauߟen war Sommer. Die Leute trugen helle, fröhliche Kleidung, die zu einem schönen Tag wie diesem passte. Und keiner von ihnen wusste, dass sie sich in Wirklichkeit auf Glas bewegten, das jederzeit zerbrechen konnte.
     
    Sein Schrei scheuchte die Vögel aus den Bäumen auf. Er explodierte in der Stille und in meinem Kopf. Es war kein Schrei der Lust. Es war ein Schrei der Verzweiflung. Und der Wut.
    Ich bewegte mich nicht.
    »Warum? Warum? Warum?«
    Ich blieb ganz ruhig liegen. Um ihn nicht noch mehr zu reizen. Was fragte er mich da?
    Die Angst kroch mir vom Kopf in den Körper, bis alles an mir taub war und schwer.
    Was war passiert?
    Gorg weinte, das Gesicht an meinem Hals. Seine Tränen rollten mir über die Haut, als wären es meine eigenen. Er beschimpfte mich. Und weinte wieder.
    Ich fasste ihn nicht an. Ich sah ihm nicht ins Gesicht. Meine Gedanken rasten und ergaben keinen Sinn.
    Er rüttelte mich, zog mich an sich, stieߟ mich weg und umarmte mich wieder.

    Ich wagte es, ihn anzusehen. Und bereute es sofort. Er würde mich töten. Ich wusste nicht, warum, aber er würde mich töten.
     
    »Was war das?«, fragte Heinz Kalbach seine Frau.
    Rita Kalbach lieߟ die Zeitung sinken. »Hörte sich an wie ein Schrei.« Sie wohnten sehr einsam, da achtete man auf Geräusche. »Vielleicht wieder irgendwelche jungen Leute«, sagte sie.
    Erst letztes Wochenende war eine Gruppe Jugendlicher in den Wald eingefallen und hatte stundenlang randaliert. 
Spaߟ haben
 sagte man neuerdings dazu.
    »Wahrscheinlich hast du Recht.« Heinz Kalbach nahm den Sportteil wieder auf. Seit sie Rentner waren, hatten sie endlich Zeit, in Ruhe zu schmökern. Nach der Zeitungslektüre würde er zu dem Krimi zurückkehren, den er gerade las.
    Vorm Abendbrot würden sie dann noch einen schönen Spaziergang machen. Der Hund wurde träge, genau wie sie. Und fett. Heinz Kalbach sah zu dem schwarzweiߟen Cockerspaniel hinüber, der auf seiner Decke lag und schlief.
    Offenbar hatte er den Schrei nicht gehört. Oder einfach nicht beachtet. Er war ein alter Herr, vierundachtzig in Hundejahren. In einem so gesegneten Alter durfte auch ein wachsamer Hund in Rente gehen.

    Rita Kalbach lächelte ihrem Mann zu. Er lächelte zurück. Sie hatten alle drei ein arbeitsreiches Leben hinter sich. Sie hatten sich die Ruhe verdient.
     
    »Warum tragt ihr kein Pfefferspray bei euch?«, fragte Imke. »Oder sonst etwas, mit dem ihr euch verteidigen könnt? Und wieso, um Himmels willen, schaltet ihr euer Handy aus, wenn ihr unterwegs seid?«
    »Wir haben nie gedacht, dass uns was zustoߟen könnte«, sagte Merle.
    »Und die Sache mit Caro? Hat die auch nichts daran geändert?« Die Sache. Imke hatte es nie zuvor so ausgedrückt. Es war ihr unmöglich, das Wort 
Tod
 auszusprechen. Sie hatte Angst davor, dass es wahr werden könnte.
    »Schon.« Merle senkte den Kopf. »Aber die Trauer und die Wut waren wie ein Schutz. Wir haben uns sicher gefühlt.«
    Imke hatte Lust, das Mädchen anzuschreien. Gleichzeitig bedauerte sie die so ungewohnt kleinlaute Merle, die ihre Schuldgefühle kaum noch ertrug. »Hör nicht hin«, sagte sie. »Das ist bloߟ die Angst. Wenn andere verstummen, fange ich an zu quasseln, und manchmal rede ich mich um Kopf und Kragen.«
    Wieder wählte sie Jettes Handynummer. »Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen wollen...«
    Ihre Nachricht war längst gespeichert. »Jette, Kind, bitte melde dich ganz dringend! Ich bin bei Merle. Wir warten auf deinen Anruf.«
    Deutlicher hatte sie nicht werden wollen, um den Mann nicht nervös zu machen. Oder ängstlich. Oder aggressiv. Bei einem Psychopathen konnte alles zum Kurzschluss führen.

    Merle starrte so intensiv aus dem Fenster, als könnte sie Jette auf diese Weise auf die Straߟe, in den Hausflur und in die Wohnung zaubern.
     
    Ich tastete mit beiden Händen das Moos ab. Einen Stein oder einen Stock fand ich nicht, aber meine rechte Hand fasste plötzlich etwas, das sich anfühlte wie mein
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