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Der Club der Lust

Der Club der Lust

Titel: Der Club der Lust
Autoren: Portia Da Costa
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sagte sie zu sich selbst und versuchte sich das auch fest einzureden – obwohl ihr abhanden gekommenes Höschen eine eindringliche Erinnerung an ihre Sünden war.
    Als das Taxi so durch die Straßen ihrer Heimatstadt sauste, konnte Natalie kaum glauben, welche Veränderungen es seit ihrem letzen Besuch gegeben hatte. Es gab so viele neue Häuser. Alle auf grässlichen, immer gleichen Grundstücken. So viele urbane Neubauten, so viele langweilige graue Betonklötze, die so gar nicht zu dem traditionellen gelblichen Stein passten, für den Redwych berühmt war.
    Die Stadtväter sollten mal ihren Verstand prüfen lassen, dachte sie. Es war schon schlimm genug, dass Redwych eine zurückgebliebene Stadt war, die ständig damit leben musste, dass sie nicht automatisch im selben Atemzug mit Oxford und Cambridge erwähnt wurde. Nun verlor sie zunehmend auch noch ihren eigenen Charakter.
    Hier sind auf jeden Fall ein paar mächtige Interessengruppen am Werk. Mit diesem Gedanken ließ sie das erstaunliche Erlebnis im Zug endgültig hinter sich und wurde wieder messerscharf analytisch und professionell. Natalie fragte sich, wie sehr sie bei dieser möglichen Story auf ihr Bauchgefühl hören konnte. Normalerweise funktionierten ihre Instinkte bestens. Und bei Whitelaw Daumery hatte sie definitiv einen Verdacht. Welches Ausmaß der Schändung von Redwychs Geschichte und seiner Bauten ging wohl auf seine Kappe?
    Nachdem sie endlich das Bild von Steven Smalls gebildetem,in Ekstase verzerrtem Gesicht aus ihrem Kopf verbannt hatte, konzentrierte sie sich ganz auf ihre Beute: den netten Herrn Unternehmer, den allseits beliebten Geschäftsmann, der als freundliches, aufrechtes, ehrliches Mitglied der weitläufigen, vielschichtigen Businesswelt bekannt war. Doch nicht nur das, sein distinguiertes Aussehen, seine glückliche Familie und die vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen machten ihn auch zu einem Hausfrauen-Idol.
    Wie ich den Kerl hasse, dachte Natalie zutiefst empört über solch ein selbst ernanntes Vorbild.
    Und jetzt würde dieser Mann auch noch den Vorsitz einer neuen öffentlichkeitswirksamen Expertenkommission übernehmen – dem «Komitee für Moral in der Geschäftswelt». Widerlich! Schon allein der Name garantierte doch, dass jedes einzelne Mitglied eine prinzipienlose Hyäne mit einer ganzen Reihe von irgendwelchen betrügerischen Machenschaften war. Wieso sollten Menschen sich für so eine Vereinigung hergeben, wenn nicht als Bluff und als perfekte Tarnung?
    Es sei denn natürlich, das Ganze war als Sprungbrett für Größeres gedacht. Wie lange würde es wohl dauern, bis Daumery sich fürs Parlament aufstellen ließ? Oder für ein hohes Amt im Kabinett? Sofort stellte sie sich das lächelnde und so gekünstelt offene Gesicht neben dem des Premierministers vor – sogar
statt
dem des Premierministers.
    Ich krieg dich schon, du Scheißer, dachte Natalie und verspürte einen unerwarteten missionarischen Eifer für ihr Vorhaben: den netten Traumtypen Daumery so von seinem Podest zu stoßen, dass er seinen Fall erst bemerken würde, wenn er in der Gosse lag.
    Die Tatsache, dass Whitelaw Daumery eine ausgesprochene Ähnlichkeit mit dem Finanzberater vom
Modern Examiner
hatte – dem Mann, den sie hinter der Wegrationalisierung ihrer eigenen Position vermutete   –, stand absolut in keinem Zusammenhangmit ihrer Mission. Das sagte sie sich zumindest, während ihr Magen plötzlich zu rumoren begann.
    «Wir sind da», kündigte die Taxifahrerin an und riss Natalie rüde aus ihren angestrengten Überlegungen.
    Und tatsächlich, als sie die Tür öffnete und ausstieg, fand sie sich in der Northmore Row vor einem hübschen Vororthaus wieder, in dem sie die nächsten Wochen bis zum Erreichen ihres Ziels wohnen würde. Vorausgesetzt natürlich, Patti würde sie aufnehmen. So richtig gefragt hatte Natalie sie nicht.
    Obwohl ihre Halbschwester geschieden war, keine Kinder und kaum eigenes Einkommen hatte, war ihr Haus ziemlich groß. Patti hatte bei ihrem letzten Gespräch erwähnt, dass sie eine kleine Schneiderei eröffnen wollte, aber wie irgendwelche Unternehmungen der unambitionierten Patti die Mittel aufbringen sollten, solch ein Haus bezahlen zu können, war Natalie schleierhaft. Es war aus den weichen, goldenen Steinen gebaut, die in der Gegend üblich waren, und hatte große Fenster zur Straße. Ein echtes Traumhaus, aber ohne jedes Klischee.
    «Werden Sie nicht abgeholt?», fragte die Taxifahrerin und erwischte Natalie
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