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Der Bastard und die Lady

Der Bastard und die Lady

Titel: Der Bastard und die Lady
Autoren: Kasey Michaels
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entweder eine Waffe, bildlich gesprochen, fand oder einen guten Fluchtweg.
    Und Beau wäre gern geflüchtet, selbst wenn es feige erschien. Sobald er Lady Chelsea erkannt hatte, waren die Erinnerungen an seine letzte Begegnung mit ihr über ihn hergefallen und hatten ihn ernüchtert. Er war nicht allzu glücklich darüber, wieder klar denken zu können.
    Sein Wiedersehen mit Puck hatte ihm Gelegenheit gegeben, den Schutzwall einzureißen, den er so sorgsam um sich herum errichtet hatte. Sie hatten gelacht und eindeutig zu viel getrunken, und Beau war bewusst geworden, wie lange er sich nicht mehr gestattet hatte, jung und albern zu sein.
    Nur mit seinem Bruder konnte er über ihre außereheliche Geburt scherzen, das Schandmal, das sie beide ihr Leben lang tragen mussten, auf die leichte Schulter nehmen. Puck schien sein Schicksal ausgesprochen gut zu verkraften, wenngleich er das Problem von einem völlig anderen Blickwinkel her anging.
    Während Beau sich bemühte, Achtung, wenn nicht Anerkennung zu gewinnen, hatte Puck sich mit seinem Charme in die französische Gesellschaft geschmeichelt.
    Und Jack? Jack entzog sich jeder Spekulation, denn er lebte offenbar nach seinen eigenen Gesetzen.
    Doch ganz gleich, welchen Weg Beau eingeschlagen hatte, er wusste, dass er es weit gebracht hatte seit der Zeit vor sieben Jahren, als er ein dummer Junge gewesen war. Er hatte die Vergangenheit hinter sich gelassen – abgesehen von der seiner Meinung nach letzten offenen Rechnung, die ihn nach London geführt hatte – und wollte die Tür zu jenem Teil seines Lebens am liebsten fest verschlossen wissen.
    Verschlossen, und zwar vor Lady Chelseas Nase. Sie mit ihrem kindlichen Spott und dann den Tränen des Mitleids. Wenn ihn an jenem Tag eines in die Knie hätte zwingen können, dann war es der Anblick ihrer Tränen.
    „Sir?“
    Beau wandte sich Wadsworth zu und fand zurück in die Gegenwart. „Ja?“
    „Tun wir, was sie gesagt hat, Sir?“ Der Mann verzog kurz das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Führt sich auf wie ein General, nicht wahr, Sir?“
    „Weiß Gott, Wadsworth“, stimmte Beau zu und strebte schließlich doch dem Salon zu. „Weiß Gott …“

2. KAPITEL
    I m Grunde hatte er sich in den sieben Jahren nicht verändert. Andererseits aber eindeutig doch. Er wirkte größer, hatte ansprechend kräftigere Muskeln. Noch immer trug er eine arrogante Miene zur Schau, doch hinzu kam mittlerweile beträchtlich mehr Selbstbewusstsein. Seine Wangen waren schmaler, das Kinn war stärker ausgeprägt. Damals war er nur ein Jahr älter gewesen, als sie jetzt war, und hatte in der Zwischenzeit offenbar ein interessantes Leben geführt.
    Schon damals hatte er sie beeindruckt, so lächerlich er auch gewirkt hatte in seiner närrischen Liebe zu Madelyn, so peinlich er in seinem geckenhaften Anzug auch ausgesehen hatte, so naiv er auch auf ihren Spott hereingefallen war. So verletzlich er gewesen war, als er auf der Straße lag, während Thomas immer wieder die Peitsche auf ihn niedersausen ließ.
    Seit jenem Tag hatte sie Albträume von diesem schrecklichen Tag. Mr Blackthorn vermutlich auch.
    Doch die Jahre hatten ihn zum Mann gemacht. Der Krieg hatte ihn zum Mann gemacht. Was an jenem schicksalhaften Tag am Portland Place geschehen war, hatte ihn zum Mann gemacht. Damals hatte er sie amüsiert. Jetzt wurde ihr flau im Magen, wenn sie ihn nur ansah. Er war so groß, so überaus männlich. Er war kein dummer Junge mehr.
    Vielleicht hatte sie vorschnell gehandelt, als sie hierher kam. Ja, sie hatte eindeutig vorschnell gehandelt, hatte nur ihre eigene Misere im Blick gehabt und unbekümmert gedacht, er würde die Gelegenheit mit beiden Händen ergreifen und auf Anhieb verstehen, dass ihre Idee auch ihm half.
    Aber es war nicht mehr zu ändern. Was sie getan hatte, war getan. Sie war hier, eine unverheiratete Frau im Haushalt eines Junggesellen, hatte, beobachtet von mindestens zwei oder drei verblüfften Mitgliedern der vornehmen Gesellschaft, vor der Tür gestanden und den Klopfer betätigt. Ach, und ihr Pferd samt Pferdeknecht stand noch draußen auf der Straße.
    Sie hätte nicht offener vorgehen können, wenn sie wie eine Marktfrau schreiend und eine Glocke läutend auf den Grosvenor Square geritten wäre.
    Jetzt musste sie Mr Blackthorn – oder Oliver, wie sie ihn in Gedanken nannte – klarmachen, dass es kein Zurück gab, für keinen von ihnen. Wenn sie auch Angst hatte und plötzlich unsicher war – was sie so
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