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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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dieser Zeit,
Und daß sie auch nicht sei dein Herr,
So gibt dir Gott des Kreuzes mehr.
    Ja der Soldaten böser Brauch
Dient gleichwohl dir zum Besten auch,
Daß Hochmut dich nicht nehme ein,
Sagt er: Dein Hab und Gut ist mein.
    Bis hieher und nicht weiter kam ich mit meinem Gesang, denn ich ward gleichsam in einem Augenblick von einem Trupp Kürassierer samt meiner Herd Schaf umgeben, welche im großen Wald verirret gewesen, und durch meine Musik und Hirtengeschrei wieder zurecht gebracht worden waren.
    Hoho, gedachte ich, dies sind die rechten Käuz! dies sind die vierbeinigten Schelmen und Dieb, davon dir dein Knan sagte, denn ich sah anfänglich Roß und Mann (wie hiebevor die Amerikaner die spanische Kavallerie) für ein einzige Kreatur an, und vermeinte nicht anders, als es mußten Wölfe sein, wollte derowegen diesen schrecklichen Centauris den Hundssprung weisen, und sie wieder abschaffen; ich hatte aber zu solchem End meine Sackpfeife kaum aufgeblasen, da ertappte mich einer aus ihnen beim Flügel, und schleudert' mich so ungestüm auf ein leer Baurenpferd, so sie neben andern mehr auch erbeutet hatten, daß ich auf der andern Seite wieder herab auf meine liebe Sackpfeife fallen mußte, welche so erbärmlich anfing zu schreien, als wenn sie alle Welt zu Barmherzigkeit bewegen hätte wollen: aber es half nichts, wiewohl sie den letzten Atem nicht sparete, mein Ungefäll zu beklagen, ich mußte einmal wieder zu Pferd, Gott geb was meine Sackpfeife sang oder sagte; und was mich zum meisten verdroß, war dieses, daß die Reuter vorgaben, ich hätte der Sackpfeif im Fallen wehe getan, darum sie denn so ketzerlich geschrien hätte; also ging meine Mähr mit mir dahin, in einem stetigen Trab, wie das Primum mobile, bis in meines Knans Hof. Wunderseltsame Tauben stiegen mir damals ins Hirn, denn ich bildete mir ein, weil ich auf einem solchen Tier säße, dergleichen ich niemals gesehen hatte, so würde ich auch in einen eisernen Kerl verändert werden, weil aber solche Verwandlung nicht folgte, kamen mir andere Grillen in Kopf, ich gedachte, diese fremden Dinger wären nur zu dem Ende da, mir die Schafe helfen heimzutreiben, sintemal keiner von ihnen keines hinwegfraß, sondern alle so einhellig, und zwar des geraden Wegs, meines Knans Hof zueileten. Derowegen sah ich mich fleißig nach meinem Knan um, ob er und mein Meuder uns nicht bald entgegen gehen, und uns willkomm sein heißen wollten; aber vergebens, er und meine Meuder, samt unserm Ursele, welches meines Knans einzige Tochter war, hatten die Hintertür troffen, und wollten dieser Gäst nicht erwarten.

Das 4. Kapitel
    Simplicii Residenz wird erobert, geplündert und zerstört, darin die Krieger jämmerlich hausen
    Wiewohl ich nicht bin gesinnet gewesen, den friedliebenden Leser mit diesen Reutern in meines Knans Haus und Hof zu führen, weil es schlimm genug darin hergehen wird: So erfordert jedoch die Folge meiner Histori, daß ich der lieben Posterität hinterlasse, was für Grausamkeiten in diesem unserm Teutschen Krieg hin und wieder verübet worden, zumalen mit meinem eigenen Exempel zu bezeugen, daß alle solche Übel von der Güte des Allerhöchsten, zu unserm Nutz, oft notwendig haben verhängt werden müssen: Denn lieber Leser, wer hätte mir gesagt, daß ein Gott im Himmel wäre, wenn keine Krieger meines Knans Haus zernichtet und mich durch solche Fahung unter die Leut gezwungen hätten, von denen ich genugsamen Bericht empfangen? Kurz zuvor konnte ich nichts anders wissen noch mir einbilden, als daß mein Knan, Meuder, ich und das übrige Hausgesind allein auf Erden sei, weil mir sonst kein Mensch noch einzige andere menschliche Wohnung bekannt war, als diejenige, darin ich täglich aus- und einging: Aber bald hernach erfuhr ich die Herkunft der Menschen in diese Welt, und daß sie wieder daraus müßten; ich war nur mit der Gestalt ein Mensch, und mit dem Namen ein Christenkind, im übrigen aber nur eine Bestia! Aber der Allerhöchste sah meine Unschuld mit barmherzigen Augen an, und wollte mich beides zu seiner und meiner Erkenntnis bringen: Und wiewohl er tausenderlei Weg hierzu hatte, wollte er sich doch ohn Zweifel nur desjenigen bedienen, in welchem mein Knan und Meuder, andern zum Exempel, wegen ihrer liederlichen Auferziehung gestraft würden.
    Das erste, das diese Reuter taten, war, daß sie ihre Pferd einstellten, hernach hatte jeglicher seine sonderbare Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte, denn
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