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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood
Autoren: Pete Dexter
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sie keines Blickes, und schließlich ging er zu einem ihrer Wagen und sprach mit dem Zuhälter, einem Mann namens Al Swearingen, der eine frische Ladung Mädchen für seinen Laden in Deadwood mit sich führte. Danach hatte er Ruhe.
    Der Junge begleitete ihn zu dem Wagen, die alte Smith & Wesson in seiner Schärpe, und kam mit einem neuen Lebenssinn wieder heraus. Charley fand nichts Schlimmes daran und hielt den Jungen nicht zurück, als er später, nach Sonnenuntergang, noch einmal zu dem Wagen ging. Er ging in dieser Nacht, in der folgenden und in der Nacht darauf. Und dort war er auch, bevor er Bills Pferd erschoss.
    Sie hatten am frühen Nachmittag angehalten, in Sichtweite der Hills. An jenem Tag, in jenem Licht sahen die Hills so schwarz aus wie in den dunkelsten Träumen. Wenn man hineinritt, dachte Charley, sah man vielleicht nie wieder das Tageslicht. Er schob den Gedanken beiseite.
    Der Junge band die Maultiere fest und fütterte sie, wusch sich sein Gesicht und ging hinüber zum Wagen der Freudenmädchen. Al Swearingen, der Mann, mit dem Bill über die Huren gesprochen hatte, kam ein wenig später herüber. Er trug eine Flasche und drei Gläser und lud sie auf einen Whiskey ein, um ihre Ankunft in den Hills zu feiern. Er trug einen Bart, hatte helle Augen und war die Sorte Mann, die jeden Tag im Leben zehn Tage im Voraus plante. Bill nahm die Einladung an, Charley nicht. Überall auf der Innenseite des Glases waren die Fingerabdrücke des Hurentreibers zu sehen.
    Bill trank die Hälfte von dem, was der Zuhälter ihm eingeschenkt hatte, und wartete die Wirkung ab.
    »Heute ist ein historischer Tag, Partner«, sagte der Mann und kippte seinen Whiskey hinunter. Bill sah ihn an. »Ich meine, die Hills zu finden«, erklärte der Mann.
    Bill betrachtete sein Glas. Er steckte seinen Finger hinein, fischte ein Stück von einer Mücke heraus und schnippte es fort.
    »Haben Sie gedacht, wir würden die Hills verfehlen?« fragte Charley. Sie zogen sich von Norden nach Süden über eine Länge von hundert Meilen.
    »Nein«, erwiderte er, »so war das natürlich nicht gemeint.«
    Bill sah ihn an, ruhig und kalt, bis er wegging. Es war seine Art, mit Belästigungen umzugehen. Er drohte niemals einer Menschenseele, wenn er es nicht ernst meinte.
    Der Hurentreiber ging zu seinem Wagen zurück. Er war größer als die anderen und nagelneu. Der Junge war schon drinnen gewesen und erzählte, es sähe aus wie im feinsten Hotel. Allerdings war der Junge sein Leben lang noch nie in einem Hotelzimmer gewesen. Charley sah zu, wie er und der Zuhälter zusammen mit zwei Mädchen hinten in den Wagen stieg.
    »Malcolm ist wieder bei den Mädchen«, meinte er. Bill grinste und schüttelte den Kopf. Er selbst konnte auf die Entfernung nichts erkennen.
    »Es zeugt von Gesundheit, wenn man weiß, was man will«, sagte Bill.
    »Er ist jung«, erwiderte Charley.
    »Das auch«, sagte Bill. Er war neununddreißig Jahre alt. Eine der Huren kreischte laut, kam halb aus dem Wagen heraus, wurde dann von hinten gepackt und zurückgezerrt. »Wie weit ist es noch bis zu den Hills, ein Tag?«
    »Länger«, antwortete Charley. Seit dem frühen Morgen konnten sie die Hills sehen. Es war nicht so, als käme man in die Rockies, wo die Berge direkt vor deiner Nase aus der Erde zu wachsen scheinen. Bis man dicht davor war, schienen die Hills immer nur noch schwärzer zu werden.
    »Wie sehen sie aus?« fragte Bill.
    »Scheiße, Bill, du kennst die Black Hills.«
    Bill schüttelte trotzig seinen Kopf.
    »Sie sehen schwarz aus«, antwortete Charley.
    Noch eine Hure stieg hinten in den Wagen ein, kurz darauf folgten weitere. Der Wagen wackelte, und jemand begann zu singen. Eine dünne, jaulende Stimme, die klang, als würde jemand gewürgt.
    »Könntest du ihnen sagen, dass ich schon einmal eine Frau umgelegt habe, weil sie so gesungen hat?« sagte Bill.
    Charley überlegte. »So etwas bringe ich nicht über die Lippen. Ich mache dich doch nicht zum Frauenmörder.« Gerade als er das sagte, verstummte die Stimme, mitten in »Beautiful Dreamer«. »Vielleicht hat der Junge das jetzt für dich erledigt«, sagte er.
    »Wie lange ist er jetzt bei uns? Zehn Tage – und schon ein Opernkritiker«, sagte Bill.
    »Vielleicht hat er«, meinte Charley, »ihr einfach seinen Pimmel in den Mund gesteckt.«
    Bill zuckte die Achseln. »Dann ist sein Pimmel ein Opernkritiker.« Bill stand auf. Er hatte immer noch das Glas des Zuhälters in der Hand. »Siehst du den Hund?«
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