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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil
Autoren: John T. Lescroart
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als zuvor. Glitsky hob den Kopf und kaute mit offenem Mund auf seinen Eiswürfeln herum. Einer der Detectives ging hinter Hardy vorbei und blieb stehen. »Ich würde Glitsky zum Sieger nach Punkten erklären«, sagte er. »Das sind wirklich interessante Geräusche.«
    Hardy schluckte den Kaffee hinunter und zog die Akte hervor, legte sie auf den Schreibtisch. »Was weißt du über Jennifer Witt?«
    Nach einem letzten Blick auf die Unterlagen vor sich klappte Abe den Ordner zu. »Ich hatte ohnehin nichts zu tun.«
    Hardy lächelte. »Du hast mir oft genug erzählt, daß nichts, was du im Büro tust, wichtig sei, ist das etwa keine Tatsache?« Glitsky fuhr sich mit dem Finger über den ausdrucksvollen Mund, streichelte die Narbe, die senkrecht über seine Lippe lief. »Es gefällt mir, wie du ist das etwa keine Tatsache ? sagst, statt stimmt's etwa nicht ? , wie der Rest der Menschheit. Paßt gut zu einem Rechtsanwalt. Witt fällt nicht in mein Ressort. Vertrittst du sie? Natürlich tust du das«, beantwortete sich Abe seine Frage selbst. »Nicht ganz richtig.« »Zu vierzig Prozent richtig?«
    Hardy gab vor, über die Antwort nachzudenken. »Sie gehört David Freeman, aber er war bei Gericht. Er hat mich gebeten, bei ihr vorbeizuschauen, damit sie sich besser fühlt.« »Was du selbstredend geschafft hast.« Hardy zuckte die Achsel. »Das ist ein bescheidenes Talent.« Glitsky schien Lust zu haben, weiter nachzufragen und herauszufinden, wie sein Freund es geschafft hatte, auch nur soviel mit dieser speziellen Mandantin zu tun zu bekommen, doch er widerstand der Versuchung. Er würde es ohne Zweifel irgendwann erfahren. Er zog sich die Akte heran und blätterte ein paar Seiten um. »Terrell hat sie verhaftet.« Er machte den Hals lang und sah sich im Zimmer um. »Ist Terrell da?« rief er. »Wer ist denn Terrell? Kenn ich den?«
    »HSV«, gab jemand zur Antwort »HSV?«
    »Geheimer Polizeicode, den ich bei Todesstrafe nicht weitersagen darf« Er beugte sich vor und flüsterte. »Hat sich verpißt.« Er widmete sich wieder der Akte. »Du hast Terrell bestimmt schon mal gesehen. Ein Weißer, braunes Haar, Schnurrbart.«
    »O ja, der. Als ich auf der Uni war, gab's einen Typen wie den.«
    Glitsky selbst war halb Jude, halb Afroamerikaner. Er war über eins achtzig groß, wog gut zwei Zentner und hatte blaue Augen in einem hellbraunen Gesicht.
    »Terrell ist in Ordnung«, sagte Glitsky.
    »Aber ...«
    »Ich hab nichts gesagt. Ich hab gesagt, er ist in Ordnung.«
    »Ich hab ein aber rausgehört.«
    Abe kaute auf einem neuen Eiswürfel herum, sprach dann halblaut. »Wenn der liebe Gott im Detail steckt, dann sind Wally und der liebe Gott keine besonders engen Freunde.« Er lehnte sich zurück und sprach wieder mehr im Konversationston. »Er ist ein Vertreter des großen Ganzen, noch nicht lange bei der Mordkommission, vielleicht seit einem Jahr. Er bekommt eine Idee, eine Theorie, eine Vision — keine Ahnung -, aber das scheint ihn dann auf Trab zu halten.«
    »Macht ihr Burschen das nicht alle so?«
    »Nein. Die meisten von uns machen es so, daß wir uns mit Leuten unterhalten und Beweismaterial sammeln, daraus ergibt sich vielleicht irgendein Gesamtbild. Wally ist ein bißchen sehr auf Motive aus, aber das Motiv bringt einen nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ich meine, bei jedem Mordopfer, das einen zweiten Blick lohnt, gibt's fünf Leute, die ein Motiv hatten, ihn umzulegen. Wally findet ein paar Motive und fängt an, um sie herum zu buddeln, statt andersherum.«
    »Wieso ist er also noch hier?«
    »Er hat Glück gehabt. Zweimal hat er Burschen aufs Geratewohl hopsgenommen - Frank hat ihm eine Abmahnung verpaßt, so schlampig war die zweite Sache gemacht -, und beide Male, rate mal, stellt sich raus, daß er recht hatte. Also was soll man machen, ihn degradieren? Er fällt schon noch auf die Fresse.«
    Hardy klopfte mit dem Finger auf die Akte. »Vielleicht ist's ja diesmal passiert.«
    Abe warf einen Blick auf die Unterlagen, blätterte ein paar Seiten um, schüttelte den Kopf. »Das bezweifle ich«, sagte er. »Jennifer Witt ist zu Recht verhaftet worden. Siehst du das hier? Polizeiberichte, Zeugen, Beweismaterial. Plus, wie dir vielleicht aufgefallen ist, man hat das breite Publikum bereits mit ihr bekannt gemacht. Sie sieht nicht schlecht aus.«
    »Ich dachte, es könnte nicht schaden, wenn ich mich mal mit Terrell unterhalte.«
    Glitsky zog eine Augenbraue hoch. »Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, aber sobald
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