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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
Autoren: Gavin Extence
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Stattdessen soll man sich ein charakteristisches Merkmal herauspicken, das es dem Leser ermöglicht, sich diese Figur vorzustellen. Chief Inspector Hearse hatte ein Muttermal von der Größe einer Fünfpencemünze auf der rechten Wange. Deputy Inspector Cunningham trug die glänzendsten Schuhe, die ich je gesehen hatte.
    Sie setzten sich mir gegenüber und wiesen mich an, ebenfalls Platz zu nehmen. Erst da wurde mir bewusst, dass ich aufgestanden war, als sie den Raum betreten hatten. Das lernte man in meiner Schule – aufzustehen, wenn ein Erwachsener das Zimmer betritt. Eigentlich sollte es eine Respektsbezeugung sein, aber nach einer Weile tat man es, ohne nachzudenken.
    Sie betrachteten mich eine Zeit lang wortlos. Ich wollte wegschauen, aber das hätte vielleicht unhöflich gewirkt, und deshalb starrte ich sie an, so wie sie mich anstarrten, und wartete.
    »Weißt du, Alex«, sagte Chief Inspector Hearse schließlich, »du hast in der letzten Woche für ziemliche Aufregung gesorgt. Du bist regelrecht berühmt geworden …«
    Die Richtung, in die dieses Gespräch lief, gefiel mir gar nicht. Ich hatte keine Ahnung, was sie von mir erwarteten. Auf manche Bemerkungen gibt es einfach keine passende Antwort, also hielt ich den Mund. Dann zuckte ich mit den Schultern, was ziemlich ungeschickt wirkte, aber in einer solchen Lage nichts zu tun, ist fast unmöglich.
    Chief Inspector Hearse kratzte sich das Muttermal. Dann sagte er: »Dir ist doch klar, dass du in großen Schwierigkeiten steckst, oder?«
    Das mochte als Frage gemeint sein, konnte aber genauso gut eine reine Tatsachenbehauptung sein. Ich nickte trotzdem, nur für alle Fälle.
    »Und weißt du auch, warum du in Schwierigkeiten steckst?«
    »Ja. Ich denke schon.«
    »Und dir ist klar, wie ernst die Lage ist?«
    »Ja.«
    Chief Inspector Hearse schaute Deputy Inspector Cunningham an, der bislang noch nichts gesagt hatte. Dann blickte er wieder zu mir. »Nun, Alex, einige deiner Verhaltensweisen in den letzten Stunden lassen uns daran zweifeln. Wenn du wirklich wüsstest, wie ernst die Situation ist, wärst du mit Sicherheit sehr viel beunruhigter, als du es zu sein scheinst. Wenn ich da sitzen täte, wo du jetzt sitzt, wäre ich auf jeden Fall beunruhigter als du.«
    Er hätte sagen müssen: Wenn ich da sitzen würde – das fiel mir sofort auf, weil ich beim Satzanfang den korrekten Konjunktiv bereits im Kopf hatte –, aber ich verbesserte ihn nicht. Die Leute mögen es nicht, wenn man sie auf derartige Fehler aufmerksam macht. Das war etwas, das mir Mr. Peterson immer wieder gesagt hatte. Er meinte, wenn ich mitten in einem Gespräch anfinge, die Grammatik meines Gesprächspartners zu korrigieren, würden alle denken, ich sei ein Oberklugscheißer.
    »Sag mal, Alex«, fuhr Chief Inspector Hearse fort, »bist du denn wenigstens ein bisschen beunruhigt? Ich meine, du wirkst irgendwie zu ruhig, zu lässig, wenn man deine Lage bedenkt.«
    »Ich kann es mir nicht leisten, in Stress zu geraten«, sagte ich. »Das ist nicht gut für meine Gesundheit.«
    Chief Inspector Hearse stieß den Atem aus. Dann schaute er Deputy Inspector Cunningham an und nickte. Deputy Inspector Cunningham reichte ihm ein Blatt Papier von seinem Klemmbrett.
    »Alex, wir haben deinen Wagen durchsucht. Du wirst verstehen, dass es ein paar Dinge gibt, die wir besprechen müssen.«
    Ich nickte. Ein Ding fiel mir sofort ein. Aber dann überraschte mich Chief Inspector Hearse: Er stellte nicht die Frage, die ich erwartet hatte. Stattdessen bat er mich – für das Protokoll –, meinen vollen Namen und mein Geburtsdatum anzugeben. Das brachte mich etwas aus der Fassung. Alles in allem schien mir das reine Zeitverschwendung zu sein. Sie wussten doch bereits, wer ich war. Sie hatten meinen Ausweis. Es gab keinen Grund, nicht gleich zur Sache zu kommen. Aber ich hatte keine andere Möglichkeit, als das Spielchen mitzumachen.
    »Alexander Morgan Woods«, sagte ich. »23. September 1993.«
    Ich bin nicht so glücklich mit meinem Namen, besonders mit dem mittleren Teil nicht. Aber die meisten Leute nennen mich Alex, genauso wie die Polizisten. Wenn man auf den Namen Alexander getauft ist, muss man damit rechnen, abgekürzt zu werden. Meine Mutter treibt es auf die Spitze und kürzt sogar die Abkürzung ab. Sie nennt mich Lex, wie Lex Luthor – und das tat sie bereits, lange bevor mir die Haare ausfielen. Heute sieht sie darin etwas Prophetisches, früher fand sie es einfach nur süß.
    Chief
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