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Das Schwert des Königs - Dark City ; 3

Das Schwert des Königs - Dark City ; 3

Titel: Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
Autoren: Brunnen Verlag
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Kurzentschlossen sprang Arlo auf seine Stute und jagte seinem Bruder hinterher.
    Drakar zerrte unterdessen mit allen Kräften an den Bremsen, doch sie knickten ab wie trockene Zweige, und das Dreirad, eine Fahne aus Feuer und Rauch hinter sich herziehend, wurde immer schneller. Blankes Entsetzen spiegelte sich in Drakars Augen, als ihm bewusst wurde, dass er die Kontrolle über das Gefährt verloren hatte. Näher und näher kam der Fluss.
    «Drakar!», rief Arlo. Er galoppierte wie ein Wahnsinniger den Hügel hinunter und hoffte, sein Bruder könne die Höllenfahrt stoppen, bevor es zu spät war. Doch dazu war der Dreizehnjährige nicht mehr in der Lage. Mit einem lauten Aufschrei stürzte er mitsamt seinem Lichtrad in den Mirin-Fluss. Das hölzerne Gefährt prallte auf einen Felsen, wo es zerschellte, und Drakar verschwand in den reißenden Fluten.
    Arlo stieß seinem Pferd die Fersen in die Flanken und erreichte das Flussufer nur wenige Augenblicke später. Voller Sorge tastete er mit den Augen den Fluss ab. Er sah, wie das Dreirad – oder das, was von ihm übriggeblieben war – an der Oberfläche auftauchte und schaukelnd den Fluss hinuntergespült wurde.
    Und dann erschien Drakar prustend und strampelnd zwischen den Stromschnellen. Die starke Strömung hatte ihn in die Mitte getrieben und hielt ihn eisern fest. Verzweifelt ruderte Drakar mit Armen und Beinen und versuchte, wieder ans Ufer zu schwimmen. Vergeblich. Ein Strudel riss ihn unter Wasser und wirbelte ihn herum, so dass er nicht mehr wusste, was oben und was unten war. Seine Lungen schienen platzen zu wollen. Endlich kam er wieder an die Oberfläche, wo er verzweifelt nach Luft schnappte und wild mit den Armen um sich schlug. Plötzlich bekamen seine Hände eine Felsnase zu fassen, die aus dem Fluss ragte, aber der Stein war zu glitschig, und Drakar rutschte ab. Wieder wurde der Junge von einem gewaltigen Sog in die Tiefe gezogen, und die Fluten klatschten über ihm zusammen wie das Maul eines Ungetüms. Er war dem Fluss hilflos ausgeliefert. Wenn es ihm nicht gelingen würde, sich irgendwo festzuhalten, bevor der Wasserfall kam, war er verloren.
    «Halte durch!», rief Arlo seinem Bruder durch das Rauschen des Flusses zu. «Ich hol dich raus!»
    Er riss die Zügel herum und ritt vom Ufer weg. Er kannte den Verlauf des Mirin-Flusses. Der Strom schlängelte sich in mehreren Windungen, die sich immer tiefer in den Berg gruben, ins Tal hinunter. Unmittelbar vor dem Wasserfall war eine Hängebrücke zwischen die senkrecht abfallenden Felswände gespannt. Wenn es irgendeine Möglichkeit gab, Drakar zu retten, so war es einzig und allein bei der Hängebrücke.
    Arlo trieb sein Pferd an und preschte quer durch den Wald, bis er einen schmalen Pfad erreichte, der zur Schlucht hinunterführte. Geschickt lenkte Arlo die Stute den Felsen entlang bis zur Hängebrücke. Diese hing gut zwei Armspannen über den tosenden Wassermassen, unmittelbar dort, wo der reißende Fluss jäh in die Tiefe stürzte. Es windete stark, und der von der Gischt aufsteigende Nebel glitzerte in allen Regenbogenfarben. Arlo legte die Tasche mit dem Buch der Prophetie auf den Boden, löste geschwind den Zügel von der Trense und eilte damit in die Mitte der Hängebrücke. Sie kam gefährlich ins Schwanken, doch der Prinz zwang sich, nicht den Wasserfall hinunterzuschauen, sondern stromaufwärts zu blicken.
    Wenn ich nur nicht zu spät bin, dachte er, während er sich das eine Ende des Zügels ums linke Handgelenk wickelte und die Leine dann mit mehreren Knoten versah. Gebannt spähte er die Schlucht hinauf und hielt Ausschau nach seinem Bruder, der jeden Moment in den Fluten auftauchen musste. Je mehr Zeit verstrich, desto ungeduldiger wurde Arlo.
    «Komm schon, Drakar», murmelte er nervös, ohne den Fluss auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen, «komm schon!»
    Und dann sah er ihn. Er kam um die Flussbiegung geschossen wie ein Pfeil und wirbelte mit einer ungeheuren Geschwindigkeit durch die Fluten. Arlo setzte sich an der Kante der wackeligen Brücke nieder, verkeilte seine Beine in den Verstrebungen und ließ seinen Oberkörper rückwärts fallen. Wie ein Trapezkünstler baumelte er eine Armspanne über dem Abgrund, während der Zügel gerade lange genug war, um die Wasseroberfläche zu streifen. Jetzt konnte er nur noch warten und hoffen, dass sein Bruder die rettende Leine rechtzeitig ergreifen konnte. Er hatte nur diese eine Chance. Wenn er es verpatzte, war es vorbei.
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