Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloss in Frankreich

Das Schloss in Frankreich

Titel: Das Schloss in Frankreich
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
doch gleich gedacht.« Er begleitete sie zu den Pferden. »Dann wird das Leben wenigstens nicht langweilig.« Er griff nach dem Halfter der Stute, und Shirley saß auf, ohne dass er ihr dabei behilflich war. Er runzelte die Stirn, als er ihr die Zügel überließ. »Du bist bedenklich unabhängig, eigensinnig und impulsiv, doch ich liebe dich.«
    Als er den Hengst bestieg, erwiderte sie: »Und du bist anmaßend, herrschsüchtig und ausgesprochen selbstherrlich. Aber ich liebe dich ebenfalls.«
    Shirley und Christophe kehrten zu den Stallungen zurück. Nachdem sie die Pferde einem Burschen überlassen hatten, fassten sie sich bei den Händen und gingen zum Schloss. Als sie sich der Gartenpforte näherten, blieb Christophe stehen und wandte sich Shirley zu.
    »Du musst dieses Schriftstück Großmutter selbst aushändigen.« Er zog den Umschlag aus der Tasche und übergab ihn ihr.
    »Ja, ich weiß. Aber du wirst doch bei mir bleiben?«
    »Ja, mein Liebling.« Er nahm sie in die Arme. »Ich werde dich nicht im Stich lassen.« Er berührte ihre Lippen, und sie schlang die Arme um seinen Hals, bis der Kuss inniger wurde und sie nur noch Augen füreinander hatten.
    »Da seid ihr ja wieder, meine Kinder.« Die Worte der Gräfin brachen den Bann.
    Sie drehten sich beide um und bemerkten, dass die alte Dame sie vom Garten aus beobachtete. »Demnach habt ihr euch in das Unvermeidliche gefügt.«
    »Du bist sehr scharfsinnig, Großmutter.« Christophe hob die Augenbrauen. »Aber ich glaube, das wäre auch ohne deine unschätzbare Unterstützung geschehen.«
    Die schmalen Schultern bewegten sich ausdrucksvoll. »Aber ihr hättet zu viel Zeit verschwendet, und Zeit ist ein kostbares Gut.«
    »Lass uns hineingehen, Großmutter. Shirley möchte dir etwas zeigen.«
    Sie betraten den Salon, und die Gräfin ließ sich in dem thronähnlichen Sessel nieder. »Was haben Sie auf dem Herzen, meine Kleine?«
    Shirley ging auf die Gräfin zu. »Großmutter, Tony überbrachte mir einige Briefe von meinem Anwalt. Ich habe mich jetzt erst darum gekümmert und stellte fest, dass sie bedeutend wichtiger sind, als ich zunächst annahm.« Sie wies auf den Brief. »Ehe Sie ihn lesen, möchte ich Ihnen noch sagen, dass ich Ihnen sehr zugetan bin.«
    Die Gräfin wollte etwas darauf erwidern, doch Shirley fuhr schnell fort: »Ich liebe Christophe, und ehe er das las, was ich Ihnen jetzt zeige, gestand er mir ebenfalls seine Liebe. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie beglückend es für mich war, dies zu wissen, noch bevor er diese Zeilen las. Wir beschlossen, Sie mit dem Inhalt vertraut zu machen, weil wir Sie verehren.« Sie übergab ihrer Großmutter den Brief und setzte sich auf das Sofa. Christophe ging zu ihr und umschloss ihre Hand. Dann warteten sie.
    Shirleys Blick fiel auf das Porträt ihrer Mutter, deren Augen Freude und Glück einer liebenden Frau widerspiegelten. Ich habe sie ebenfalls gefunden, Mutter, dachte sie: die überwältigende Beseligung der Liebe, und hier halte ich sie in der Hand.
    Sie schaute auf Christophes bronzefarbene Finger nieder. Der Rubinring an ihrer Hand, der einst ihrer Mutter gehört hatte, bildete dazu einen schimmernden Kontrast. Sie betrachtete ihn eingehend und verglich ihn dann mit dem Ring an der Hand ihrer Mutter.
    Plötzlich verstand sie den Unterschied.
    Die Gräfin erhob sich und unterbrach Shirleys Gedankengänge.
    »Fünfundzwanzig Jahre lang habe ich diesem Mann Unrecht getan und auch meiner Tochter, die ich liebte«, sagte sie sanft, als sie sich umwandte und aus dem Fenster blickte. »Mein Stolz hat mich geblendet und mein Herz verhärtet.«
    »Aber Sie konnten doch von alldem nichts wissen, Großmutter«, erwiderte Shirley. »Meine Mutter und mein Vater wollten Sie nur beschützen.«
    »Ja, ich sollte nicht erfahren, dass mein Mann ein Dieb gewesen ist. Sie versuchten, einen öffentlichen Skandal abzuwenden. Auf Grund dessen verzichtete Ihre Mutter auf ihr Erbe.« Erschöpft setzte sie sich wieder. »Aus den Worten Ihres Vaters schließe ich, dass er seine Frau mit aller Hingabe liebte. Sagen Sie mir, Shirley, war meine Tochter glücklich?«
    »Das können Sie doch von den Augen meiner Mutter ablesen, wie mein Vater sie auf dem Porträt festgehalten hat. Sie sah immer so aus wie auf diesem Bild.«
    »Wie kann ich nur wieder gutmachen, was ich tat?«
    »Aber Großmutter!« Shirley erhob sich, kniete vor ihr nieder und umfasste ihre zarten Hände. »Ich habe Ihnen den Brief doch nicht gegeben, um
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher