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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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ungewöhnlich um diese Zeit, wenigstens an Wochentagen, aber sonntags war das wohl anders, da fuhren sicherlich viele Besucher aus der Stadt hinaus zu ihren Wagen, die sie in der Garage hatten abstellen müssen, als sie gekommen waren. Immer wieder interessierte ihn dieses Problem, hatte er doch vor vier Jahren als Mathematiker in der Kommission der Stadtverordnetenversammlung mitgearbeitet, die den benzinlosen Stadtverkehr vorbereitet hatte.
    Was da wohl in Neuenwalde los war? Der BI hatte sich ja nicht gerade präzise ausgedrückt, aber wahrscheinlich wußte er auch nicht mehr. Immerhin, der Mann hatte eine Nase für Ereignisse, die die noch ziemlich junge Inspektion für Umweltschutz betrafen. Er war kein sehr freundlicher Vorgesetzter, nicht alle in der Inspektion mochten ihn, aber er sorgte jedenfalls dafür, daß Probleme auf den Tisch kamen und niemand in Routinearbeit erstickte. Was konnte in diesem Fall dahinterstecken? Leute fielen um? Wurden nicht wieder wach? Merkwürdig. Aber interessant.
    In den Südgaragen wartete schon der Wagen. Herbert begrüßte den Fahrer, den er flüchtig kannte, stieg ein und lehnte sich zurück. Die Nacht wird lang, dachte er und schloß die Augen.
     
    Chefarzt Dr. Knabus runzelte ungeduldig die Stirn. „Sie können mir glauben, Frau Kottner“, sagte er, „Ihrem Mann ist nichts passiert. Er hat nicht einmal eine Schramme davongetragen. Das einzig Seltsame ist dieser Schlaf.“
    „Aber der muß doch einen Grund haben!“ sagte die junge Frau trotzig. „Und wenn es nur Schlaf ist, warum kann ich meinen Mann nicht mit nach Hause nehmen?“
    „Eben weil wir den Grund nicht kennen. Und weil Sie uns helfen müssen, diesen Grund zu finden. Hat Ihr Mann irgendwelche Tabletten genommen?“
    „Manchmal schon, das macht doch jeder, wenn er mal Kopfschmerzen hat oder so. Aber sehr selten. Und gestern gar nicht.“
    „Wie lange schläft ihr Mann gewöhnlich?“ fragte der Chefarzt.
    Frau Kottner dachte nach. „Im Durchschnitt siebeneinhalb Stunden“, sagte sie dann.
    „Und wann steht er auf?“
    „Um halb sieben.“
    „Immer?“
    „Ja, außer am Wochenende.“
    „Gut, dann werden wir folgendes tun: Wenn seine normale Schlafzeit herum ist, werden wir versuchen, ihn zu wecken, also gegen zwei Uhr. Sollte er nicht wach werden, werden wir den Weckvorgang wiederholen zu der Zeit, zu der er gewöhnlich aufsteht, also um halb sieben. Dazu brauchen wir Ihre Hilfe. Die Sinneseindrücke, die dabei auf ihn einwirken, müssen genau so sein wie immer. Zum Beispiel brauchen wir Ihren Wecker von zu Hause, falls Sie einen benutzen. Die wichtigsten Eindrücke sind dabei die akustischen, die nächstwichtigen die Gerüche. Verstehen Sie?“ Frau Kottner zögerte.
    „Also nicht – sehen Sie, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die Gewohnheit treibt ihn manchmal zu Dingen, die er gar nicht tun will. Jetzt hindert irgend etwas Ihren Mann daran, wach zu werden. Aber es könnte doch sein, wenn er zur gewohnten Zeit die gewohnten Eindrücke erhält, daß ihm dann die Gewohnheit hilft, diese unbekannte Barriere zu überspringen, nicht wahr?“
    Die Frau nickte. „Natürlich helfe ich Ihnen!“
    „Sehr gut“, sagte der Chefarzt. „Ich werde Sie mit einem Kollegen bekannt machen, der gemeinsam mit Ihnen alles vorbereitet. Einverstanden?“
    Nach ein paar Telefonaten erschien ein jüngerer Arzt und holte Frau Kottner ab. Eine Schwester brachte ein Glas heiße Milch, das der Chefarzt bestellt hatte. „Da ist gerade ein Herr vom Bezirk gekommen, vom Umweltschutz“, sagte sie.
    „Ach ja“, knurrte der Chefarzt verdrossen. „Schicken Sie ihn herein!“
    In dieser Sache war sowieso alles unklar, und nun kamen auch noch alle möglichen Leute, um Fragen zu stellen, die er nicht beantworten konnte – das paßte ihm nicht.
    Herbert Lehmann war es freilich als Umweltschützer gewöhnt, nicht mit überschäumender Begeisterung empfangen zu werden. Er bat den Chefarzt um eine kurze Information. „Um achtzehn Uhr dreißig verursachte ein Erwin Kottner, zweiunddreißig Jahre alt, einen leichten Verkehrsunfall. Er zeigte keine sichtbaren Verletzungen, erlangte aber das Bewußtsein nicht wieder. Der Unfallarzt nahm eine Schockwirkung an.
    Heide Jendrich, fünfundzwanzig Jahre alt, stürzte kurz vor neunzehn Uhr bei einer Aufführung des Arbeitertheaters, in der sie mitspielte, und verletzte sich leicht am Kopf. Auch sie erlangte das Bewußtsein nicht wieder. Diese Doppelung fiel auf, ich wurde
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