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Das Phantom der Schule

Das Phantom der Schule

Titel: Das Phantom der Schule
Autoren: Thomas Brezina
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allen Mitteln, nicht von dem schmalen Brett zu rutschen. Mit einer Hand umklammerte er den Rand der Stufe, mit der anderen tastete er verzweifelt nach einem besseren Halt. Die Diener waren früher auf diesen Trittbrettern gestanden. Oben, an der Hinterseite der Kutsche, erkannte der Junge einen Haltegriff. Aber wie sollte er sich jetzt aufrichten? Bei dem Rütteln und Schütteln war das völlig unmöglich.
    Die Kutsche raste durch zahlreiche enge, verwinkelte Gäßchen, ohne nur ein einziges Mal anzuhalten.
    Als sie eine Ampel erreichte, die Rot zeigte, mußte sie aber schließlich die Fahrt doch verlangsamen.
    „Brrrr!“ machte der Kutscher und brachte die vier Pferde mit einiger Mühe zum Stehen.
    Diese Gelegenheit nützte Axel sofort, um sich aufzurichten. Dazu mußte er aber zuerst abspringen, um gleich darauf wieder auf das Trittbrett zu klettern. Er streckte sich und wollte den Haltegriff packen, als die Kutsche anfuhr. Der Ruck überraschte den Jungen, und er verlor das Gleichgewicht.
    Axel ruderte mit den Armen wild durch die Luft und landete unsanft auf der Straße. Er kippte nach hinten und schlug mit dem Kopf auf dem Asphalt auf. Stöhnend richtete er sich auf und brüllte aus Leibeskräften: „Poppi! Poppi! Poppi, spring heraus!“
    Zu seinem Entsetzen mußte er sehen, daß nichts geschah. Die Wagentüren blieben geschlossen, und die Kutsche verschwand mit seiner Knickerbocker-Freundin hinter dem nächsten Hauseck.
    Bremsen quietschten. Axel drehte sich erschrocken um und starrte auf einen Autoscheinwerfer.
    „Bist du des Wahnsinns fette Beute, Junge? Wieso sitzt du da auf der Straße? Ich habe dich in letzter Sekunde gesehen!“ schimpfte die Fahrerin des Wagens.
    Halb benommen sprang Axel auf und taumelte zum Gehsteig. Sein Kopf schien sich ständig wie ein Ballon aufzublasen und dann wieder auf Zitronengröße zu schrumpfen. Rund um ihn wirbelten Menschen, Fahrzeuge, Ampeln und Schaufenster wild durcheinander.
    Dann stürzte der Junge kopfüber in einen langen, schwarzen Tunnel...

Geheimbund „Holzfuß“
    Poppi lag auf der Sitzbank und weinte in den roten, abgewetzten Plüsch. Es waren Tränen der Verzweiflung, der Angst und der Erschöpfung. Wo war sie da hineingeraten? Wer war dieser alte Kutscher? Wieso hatte er ihr vorhin: „Es ist nur zu deinem Besten!“ zugeflüstert? Warum entführte er sie?
    Die Fahrt schien kein Ende zu nehmen. Immer, wenn die Kutsche um eine Ecke raste, wurde das zarte Mädchen hin-und hergeschleudert. Wohin brachte sie dieser geheimnisvolle Mann?
    Wieder einmal hielt der Pferdewagen an. Das Quietschen einer rostigen Türangel und das Poltern und Knarren eines Holztores waren zu hören. Langsam trabten die Pferde weiter. Ihre Hufschlage hallten nun, als wäre das Gefährt in einem großen Saal eingetroffen.
    Hinter der Kutsche krachte das Tor wieder zu. Zwei schwere Riegel wurden vorgeschoben. Schritte näherten sich dem Wagen.
    Poppi richtete sich auf und drückte sich ängstlich in eine Ecke. Was würde nun geschehen?
    Die linke Wagentür wurde geöffnet, und der Kutscher streckte seinen Kopf herein. Er nahm den Zylinder ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein graues Haar klebte feucht am Kopf. „Endstation, Poppi!“ sagte er mit ruhiger, freundlicher Stimme. Er zwinkerte dem Mädchen aufmunternd zu.
    „Komm“, der Kutscher streckte ihr seine Hand entgegen, „komm, du wirst dich bei mir wohlfühlen.“
    „Wer ... wer sind Sie?“ stieß Poppi hervor.
    „Mein Name ist Ferdinand. Ich kenne deinen Vater gut. Er hat mich gebeten, dich in Sicherheit zu bringen. Ich habe dieses Spektakel nur aus einem Grund veranstaltet: Die Gangster, die dir auf den Fersen sind, sollten nicht bemerken, daß dein Vater damit etwas zu tun haben könnte.“
    Das Mädchen schüttelte energisch den Kopf. „Das glaube ich Ihnen nicht.“
    „Es ist aber so. Dein Vater und ich sind Mitglieder eines geheimen Bundes. ,Holzfuß’ nennt er sich. Wir haben geschworen, einander zu helfen und zu fördern, wann immer wir können. Ich habe den Leo — also deinen Vater — erst gestern in Graz besucht.“
    Poppi starrte Ferdinand mit großen Augen an.
    „Leo war außer sich. Er wird erpreßt. Wenn er nicht einigen Anweisungen folgt, wird dir etwas zustoßen, haben ihm die Erpresser gedroht. Er darf euer Haus nicht verlassen und nicht nach Wien kommen. Angeblich wirst du Tag und Nacht beschattet.“
    Diese Geschichte klang wie ein Horror-Märchen für Poppi. Nun hielt sie es nicht
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