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Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Titel: Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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Grünschnabel wissen, was Petr aufgegeben hat und was nicht? Harry kam nicht dazu, die Frage zu stellen, denn in den folgenden Minuten breitete Sem alle Informationen bereitwillig vor ihm aus.
    „Ich habe vor ein paar Tagen - nicht ganz zufällig - jemanden in einer Bar getroffen, gewissermaßen einen alten Freund, der mir den ein oder anderen Job zugeschoben hat.“, rekapitulierte Sem und machte es damit für Harry noch  offensichtlicher, dass tatsächlich niemand wusste, dass er sich hier aufhielt und Harry gefangen genommen hatte.
    Hätte ich Hornochse doch nur in Rotterdam angerufen .
    „Der Kerl war schwer alkoholisiert, dafür aber umso redefreudiger. Na ja, wir sind schnell ins Gespräch gekommen und irgendwann fing er an, mir alles über die Geschichte mit Ari Sklaaten und Petr Stojic zu erzählen. Wusstest du eigentlich, dass die Jungs in Rotterdam Wetten darauf abschließen, wie lange du hier unten noch sinnlos herumhängst, bevor dich Petr zurückbeordert? Nein? Na, das wundert mich nicht.“ Sem legte eine Pause ein und ging hinüber zur Kiste, die Harry für ihn aus dem langsam mit Wasser volllaufendem Erdloch geholt hatte.
    „Die behaupten tatsächlich, dass Stojic dich vergessen hat. Nach jahrelanger erfolgloser Suche hatte er die Schnauze voll, so heißt es. Mittlerweile denkt er offensichtlich auch, dass Sklaaten sich im Het Meeuwennest das Leben genommen hat und dass er das Geld verprasst hat, bevor er vor zehn Jahren untergetaucht ist… Die Zahlen bitte.“
    „Was?“
    „Die Zahlen für das Zahlenschloss, Einstein.“ Sem deutete auf das schwere Schloss, das den Inhalt vor ungebetenen Blicken schützen sollte.
    Die Zahlen. Ja, die kenne nur ich , erkannte Harry und schöpfte damit etwas neuen Mut, denn in seinem Innersten weigerte sich etwas vehement dagegen, damit rauszurücken. Wissen ist Macht . Er hatte von Stojic eine Aufgabe bekommen und er würde nicht so einfach seine Verpflichtungen gegenüber der Familie vergessen. Er war der Bewahrer dieser Sachen bis zum Tag X und der war nicht heute, auch wenn er das bis zum schmerzhaften Zusammenprall seines Kopfes mit dem Pistolenkolben in Sems Hand gedacht hatte.
    „Die Zahlen“, wiederholte Sem ungeduldig, aber Harrys Mund blieb verschlossen.
    „Okay…“ Mit einer Handbewegung zog Sem eine Waffe aus den Tiefen seiner Leinenhose.
    „Wenn du mit der verdammten Zahlenkombination nicht bald rausrückst, schauen wir mal mit welchen Argumenten die zwölf Patronen in meiner kleinen Begleiterin hier dafür sorgen könnten, dass du endlich deinen beschissenen Mund aufmachst!“, drohte er und richtete die Waffe genau auf Harrys Kopf. Sein Blick blieb eiskalt berechnend, als wüsste er genau, wer von ihnen beiden in diesem Augenblick Oberwasser hatte. Und er sollte damit Recht behalten. Harrys Pflichtbewusstsein, konfrontiert mit dem Pistolenlauf, fiel von einer auf die andere Sekunde in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Er hatte von den Anfangsjahren seiner Kleinganovenkarriere an gelernt, dass eine geladene Handfeuerwaffe eine ernsthafte Bedrohung für das eigene Leben darstellte. Wenn man in eine Situation kam, in der man selbst mit solch einem Schießprügel bedroht wurde, musste man zwangsläufig die eigenen Prinzipien hintenan stellen und versuchen, seinen Arsch zu retten , kostete es was es wolle. Das war das kleine Einmaleins des Überlebens und Harry kannte es auswendig.
    Kapitulierend den Kopf schüttelnd sagte er: „Hättest wohl lieber gewartet, bis ich sie aufgemacht hätte und mich danach ins Reich der Träume geschickt. Wäre einfacher gewesen.“
    Sem verzog keine Miene. Statt einer Erwiderung hörte man lediglich das leise Klicken, das entstand, wenn eine Pistole entsichert wurde.
    Harrys Nackenhaare sträubten sich.
    „Schon gut. Schon gut. Die Nummer ist Acht, Vier, Eins, Null.“ 
    Sem steckte die Waffe weg und wandte sich der Kiste zu. Harry senkte den Kopf und blickte betrübt zu Boden. Er hatte versagt. Nicht einmal den einfachsten Auftrag hatte er zu Petrs Zufriedenheit erfüllen können. Sein ganzes Leben war er ein Versager gewesen und nun hatte er nach zehn endlosen Jahren erneut Mist gebaut. Das Klacken des Zahlenschlosses drang an seine Ohren und das dumpfe Pochen mit dem es auf den Dielen aufschlug, nachdem Sem es geöffnet hatte. Die Kiste quietschte.
    „Sehr gut. Das wäre geschafft. Ich habe schon gedacht, wir bekommen Probleme miteinander, Harry. Also, wo war ich eben stehen geblieben. Ah ja. Stojic hat es
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