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Das leere Haus

Titel: Das leere Haus
Autoren: Doyle , Arthur Conan
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sammelte. Ich versuchte mich für
den Zusammenstoß zu
entschuldigen, aber offenbar hatte dieses Buch, das ich unabsichtlich
malträtiert hatte, einen großen Wert für
seinen Besitzer. Mit einem
verächtlichen Knurren drehte er sich um und ich sah seine
gebeugte
Gestalt und seine weißen Koteletten in der Menge verschwinden.
    Mein
Ausflug nach Park Lane 427 half wenig das Problem zu lösen, an
dem ich
interessiert war. Das Haus war durch eine kleine Mauer mit
Geländer von
der Straße getrennt, die beide zusammen aber nicht
höher waren als
anderthalb Meter. Daher war es sehr leicht für jeden in den
Garten zu
kommen. das Fenster jedoch war unerreichbar, da es keine Regenrinne
oder dergleichen gab, an der man sich festhalten und hochklettern
konnte. Verwirrter denn je, ging ich zurück nach Kensington.
Ich war
keine fünf Minuten in meinem Arbeitszimmer, als das
Dienstmädchen
hereinkam und eine Person ankündigte, die mich sehen wollte.
Zu meinem
Erstaunen war es niemand anderes als der kauzige alte Buchsammler. Sein
kantiges, runzliges Gesicht stach aus einer Mähne von
weißem Haar
hervor. Seine kostbaren Bücher, mindestens ein Duzend davon,
hielt er
unter seinem rechten Arm.
    »Sie sind überrascht mich zu sehen,
Sir«, fragte er mit einer sonderbar krächzenden
Stimme.
    Ich gab zu, daß er Recht hatte.
    »Nun,
ich habe ein schlechtes Gewissen, Sir, und als ich Sie durch Zufall in
dieses Haus gehen sah, dachte ich mir, ich könnte vielleicht
eintreten
und diesem netten Herrn sagen, daß ich vorhin etwas
rüde war und es
nicht so gemeint war und ich ihm vielmals dafür danke,
daß er meine
Bücher aufgehoben hat.«
    »Sie machen aus einer Mücke einen
Elefanten.«, sagte ich. »Darf ich fragen, woher Sie
wußten, wer ich bin?«
    »Nun,
Sir, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich bin ein Nachbar von Ihnen, Sie
finden meinen Buchladen an der Ecke zur Church Street und es
würde mich
freuen, wenn sie mal vorbeikämen. Vielleicht sammeln Sie ja
selbst,
Sir. Hier sind ›Britische Vogelarten‹ und
›Catullus‹ und ›Der heilige
Krieg‹ – jedes von ihnen ein kleines
Vermögen wert. Mit fünf Bänden
könnten Sie diese kleine Lücke dort oben auf dem
Regal füllen. Es sieht
unaufgeräumt aus, nicht wahr?«
    Ich schaute nach rechts, um das
Regal zu begutachten. Als ich mich wieder umdrehte, stand Sherlock
Holmes mir gegenüber, lächelnd. Ich sprang auf die
Füße und starrte ihn
einige Sekunden in wildester Verwirrung an und dann muß ich
wohl das
erste und letzte Mal in meinem Leben in Ohnmacht gefallen sein. Ein
grauer Schleier schwirrte vor meinen Augen und als er sich lichtete
fand ich mich auf dem Boden wieder, mein Kragen geöffnet und
der
prickelnde Nachgeschmack von Brandy auf meinen Lippen. Holmes war
über
mich gebeugt, die Flasche in seiner Hand.
    »Mein lieber Watson«,
sagte die wohl bekannte Stimme, »ich schulde Ihnen eintausend
Entschuldigungen. Ich hätte nie gedacht, daß Sie das
so mitnimmt.«
    Ich griff ihn am Arm.
    »Holmes!«
schrie ich. »Sind Sie es wirklich? Kann es wirklich sein,
daß Sie am
Leben sind? Ist es möglich, daß Sie erfolgreich aus
diesem grauenvollen
Abgrund herauskletterten?«
    »Warten Sie einen Moment«, sagte er.
»Sind Sie sicher, daß Sie in der Lage sind,
über diese Dinge zu reden?
Ich habe Ihnen mit meinem unnötig dramatischen Auftritt einen
ziemlichen Schock bereitet.«
    »Mir geht es gut. Aber ehrlich,
Holmes, ich kann es kaum fassen. Gute Güte! Daß
ausgerechnet Sie hier
in meinem Arbeitszimmer stehen.« Wieder faßte ich
ihn am Ärmel und
fühlte seinen dünnen, sehnigen Arm darunter.
»Also, Sie sind jedenfalls
kein Geist,« sagte ich. »Mein lieber Freund, ich
bin überglücklich, Sie
zu sehen. Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, wie Sie aus
dieser
fürchterlichen Schlucht entkommen sind.«
    Er saß mir gegenüber und
zündete sich in seiner gewohnt nonchalanten Art eine Zigarette
an. Er
trug immer noch den schäbigen Mantel des
Buchverkäufers, aber der Rest
dieser Person lag in einem kleinen Haufen weißer Haare und
alter Bücher
auf dem Schreibtisch. Holmes war dünner und angespannter als
früher,
auch war da ein weißer Farbton auf seiner Adlernase, der mir
sagte, daß
sein Lebenswandel in letzter Zeit nicht gerade gesund war.
    »Ich
bin froh, mich einmal auszuruhen, Watson«, sagte er.
»Es ist kein Spaß,
wenn ein großer Mann sich über Stunden als ein
kleinerer ausgeben muß.
Nun mein Freund, was die Erklärungen angeht, so haben wir,
wenn Sie
mich
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