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Das Leben ist ein Baumarkt

Das Leben ist ein Baumarkt

Titel: Das Leben ist ein Baumarkt
Autoren: Mirko Trompetter
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geholfen«, denke ich und helfe ihm noch freundlich dabei, die restlichen Fliesen auf seinen Einkaufswagen zu packen.

 
Was haben Sie denn mit dem Kunden ­gemacht?
    Ich berate gerade einen Kunden, der offenbar Handwerker ist oder sich zumindest als solcher ausgibt und gleich zwei riesengroße Probleme hat. Zum einen soll er eine Trennwand mit einer Schiebetüre bauen, die in der Wand verschwindet. Das eigentlich Schwierige daran ist, dass er anscheinend überhaupt keinen blassen Schimmer hat, wie er das Ganze bewerkstelligen soll. Das andere Problem steht hinter ihm und ist offenbar seine Auftraggeberin, die nicht nur das Material bezahlen soll, sondern zu allem Überfluss auch noch alles besser weiß. Dementsprechend macht der Handwerker auf mich einen etwas gereizten Eindruck und reagiert auf jeden noch so kleinen Einwand ziemlich lautstark.
    Nachdem sich die Auftraggeberin nach einer halben Ewigkeit endlich eine Schiebetüre ausgesucht hat und ich die Ideen des Handwerkers vorsichtig in die richtige Richtung gelenkt habe, stehen wir nun vor den Kanthölzern, die er für die Konstruktion verwenden will.
    »Die sind ja viel zu kurz. Ich brauche die mindestens 5 Meter lang«, mault er sofort los.
    »Leider haben wir die nicht länger als 4 Meter«, erwidere ich. »Da muss man dann eben stückeln.«
    »Stückeln. Ja so weit kommt’s noch«, schimpft er weiter. »Außerdem sind die ja ganz krumm und viel zu teuer. Nee, das lassen wir. Die besorge ich im Sägewerk. Aber so ESP-Platten habt ihr doch, oder?«
    Ihn darauf hinzuweisen, dass diese Holzplatten nichts mit einem elektronischen Stabilitätsprogramm zu tun haben, verkneife ich mir lieber und sage stattdessen nur: »Ja, OSB-Platten haben wir natürlich. Wie viele Quadratmeter brauchen Sie denn?«
    »Na 15.«
    »Ist das einseitig oder beidseitig gerechnet?«, frage ich weiter.
    Anscheinend habe ich ihn damit etwas überfordert, denn er fragt mich genervt: »Ja wie? Was ist das denn für eine Frage?«
    Offenbar hat er meine Frage nicht so ganz verstanden. Also erkläre ich es ihm noch einmal ganz genau. »Na, ich meine, ob Sie da nur die Vorderseite der Wand gerechnet haben oder ob die Rückseite auch schon mit drin ist.«
    Jetzt muss er kurz überlegen, was aber gar nicht so leicht ist, denn in seiner kurzen Denkpause ergreift seine Auftraggeberin wieder das Wort und meint: »Ja, Dieter. Das ist meines Erachtens schon ein bisschen wenig. Da hast du bestimmt nur eine Seite gerechnet.«
    Also ich persönlich glaube ja, dass Dieter mit Rechnen bisher überhaupt keine Zeit verplempert hat, sondern einfach mal ins Blaue hinein rät. Aber das soll ja nicht mein Problem sein.
    Nachdem er aus seiner kleinen Denkpause wieder zu uns zurückgekehrt ist, mault er auch gleich wieder weiter: »Ja, meinst du, ich bin blöd? Das ist doch klar, dass das nur eine Seite ist. Also brauchen wir für die andere Seite auch noch welche.«
    »Gut, dann sind es also insgesamt 30 Quadratmeter OSB-Platten. Nehmen Sie das alles gleich mit oder sollen wir es liefern?«
    »Liefern«, meint Dieter, »am besten heute noch.«
    »Das wird nichts mehr«, entgegne ich, »frühestens morgen geht’s.«
    »Morgen ist auch okay«, mischt sich Dieters Auftraggeberin ein. »Heute machst du doch sowieso nichts mehr.«
    Ich schreibe den beiden also einen Lieferschein. Bevor ich ihn allerdings abschließe und ausdrucke, frage ich noch einmal nach: »Also ich habe jetzt die Schiebetüre und die 30 Quadratmeter OSB-Platten. Brauchen Sie vielleicht noch Winkel oder Schrauben dazu?«
    »Nee, das hab ich alles selbst«, antwortet Dieter, »aber die Kanthölzer hast du noch vergessen.«
    »Wieso die Kanthölzer? Die waren doch eben noch zu kurz, zu krumm und zu teuer. Die wollten Sie doch im Sägewerk holen.«
    In dem Moment tickt Dieter vollkommen aus und brüllt: »Ja, meint ihr eigentlich alle, dass ich bescheuert bin? Vergiss das mit dem Auftrag. Ihr könnt mich am Arsch lecken. Das brauch ich mir echt nicht gefallen zu lassen. So nicht, mein Freund. Das hat ein Nachspiel für dich.«
    Seine Auftraggeberin versucht ihn zwar noch zu beruhigen, aber ohne erkennbaren Erfolg. Dieter rauscht ab wie eine Silvesterrakete. Und zwar in Richtung Hauptinformation.
    Nach einer guten Viertelstunde klingelt das Telefon und mein Chef ruft mich in sein Büro. Dort angekommen, fragt er mich: »Sagen Sie mal, was haben Sie denn mit dem Kunden gemacht?«
    »Nichts«, sage ich, »der ist auf einmal ausgetickt.«
    »Von nichts
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