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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom
Autoren: Henri Loevenbruck
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sein Ende.
06.
    Moleskin-Notizbuch,
Anmerkung Nr. 97: eschatologische Angst
    Oft habe ich das Gefühl, dass der Homo sapiens am Aussterben ist. Ich sehe die Logik der Angelegenheit, ihre Offensichtlichkeit. Und ich sage mir, dass unsere Art langsam ihrem eigenen Ende entgegengeht. Ich möchte natürlich keine Schwarzmalerei betreiben, aber ich habe das Recht, Ängste zu spüren.
    Die Erde besteht seit 4,5 Milliarden Jahren. Ich gestehe Ihnen, ab einer gewissen Zahl fällt es einem schwer, sich das vorzustellen. Aber ich versichere Ihnen, diese Zahlen stammen aus dem Lexikon, so einfach ist das. Die Erde besteht seit 4,5 Milliarden Jahren, ob es einem passt oder nicht.
    Die Menschen gibt es erst seit zwei Millionen Jahren – das mag konsequent scheinen, ist aber im Grunde genommen im Vergleich zu den Dinosauriern, die 140 Millionen Jahre existiert haben, lächerlich. Das ringt mir persönlich Respekt ab.
    Von den verschiedenen Menschengattungen hat nur eine überlebt, der Homo sapiens. Er soll seinen Ursprung vor 120.000 Jahren in Afrika genommen haben. Einige meinen, er stamme von einem anderen Kontinent, vielleicht aus Asien, und sei noch viel älter. Wie dem auch sei – es ist ein durchaus beachtliches Alter. Ein beachtliches Alter, um auszusterben … Ich kann es nicht anders sehen. Irgendwann sind wir dran. Und manchmal habe ich das Gefühl, dass unser Aussterben kurz bevorsteht. Dass das Menschengeschlecht es nicht mehr lange macht.
    Ich bin bestimmt nicht der Einzige, der so denkt.
    Vielleicht bin ich etwas ängstlicher als die anderen. In meinem Besitz befinden sich Informationen, die kein anderer kennen kann und die nicht dazu angetan sind, mich zu beruhigen. Aber ich bin mir bereits sicher, dass außer mir auch andere es fühlen, es erraten. Dieser merkwürdige Eindruck, dass wir am Ende sind, am Ende der Geschichte. Dass wir nicht mehr weiterkönnen. Dass wir vielleicht sogar die Grenze bereits überschritten haben.
    Im Wesen der Menschheit liegt ein starker Widerspruch, denn sie ist die am besten dafür gerüstete Gattung, sich äußeren Veränderungen anzupassen, und gleichzeitig diejenige, die am stärksten zur Selbstzerstörung neigt. Der Mensch ist fähig, den Impfstoff zu erfinden und gleichzeitig Auschwitz zu schaffen. Das DHEA -Hormon und die Neutronenbombe. Sicher wird er eines Tages eine Pille zuviel erfinden.
    Ich würde mich gern täuschen, ich würde gern noch daran glauben, aber ich werde nicht unterstützt – es gibt Anzeichen.
    In erster Linie ist da der Eindruck, dass wir alles versucht haben. Kommunismus, Kapitalismus, Liberalismus, Sozialismus, Christentum, Judentum, Islam, Atheismus … alles. Wir haben bereits alles versucht. Und wir wissen, wie das immer geendet hat. In einem großen Blutbad. In einem endlosen Massaker unserer Art. Denn so sind wir. So ist der Homo sapiens. Ein Zerstörer, ein Superraubtier für die Welt und zu sich selbst. Und wird er nicht auf diese Weise aussterben?
    Ich bin bestimmt nicht der Einzige, der das denkt.
    Und dann gibt es da noch das Übrige. Es gibt das Virus, das in seinem Kampf gegen den Menschen immer mehr Raum gewinnt und immer stärker wird und immer schwieriger außer Kraft zu setzen ist. Und dann das Klima, das Ozonloch, die Erderwärmung, die Überbevölkerung, die Erosion des Bodens, die Naturkatastrophen, die immer häufiger auftreten, immer zerstörerischer werden. Die Politik steckt in der Sackgasse, sie kann unseren Sturz nicht aufhalten. Der Norden und der Süden, die früher oder später in Konflikt miteinander geraten … Auch wenn wir Meister der Anpassung sind, landen wir, seien wir realistisch, wenn wir Scheiße suchen, eines Tages in der Müllverbrennungsanlage.
    Und wenn wir wirklich allein im Universum sind, wie diese Typen vor zwei Jahren mit der Geschichte mit dem Stein von Iorden behauptet haben, dann wird meine eschatologische Angst nur noch schrecklicher. Aber es macht sie nicht weniger plausibel. Nach zwei Millionen Jahren Evolution wird der Homo sapiens wohl allein sein. Das einzige denkende Wesen im riesigen Universum. Ein absolutes Wunder des Lebens oder ein sinnloser Unfall der Evolution. Finden Sie es heraus! Und dann wird er eines Tages aussterben. Immer noch allein. Als ob er der Fülle des Unendlichen eine lange Nase drehen würde. Ein riesiger Schlamassel.
    Genau das ist meine eschatologische Angst. Häufig habe ich das Gefühl, dass der Homo sapiens am Aussterben ist.
    Vielleicht ist es im Grunde genommen
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