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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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Wir dulden nicht, daß unsre Gäste in unsrer Gegenwart durch unsre Vasallen in solche an Wahnsinn streifende Aufregung versetzt werden, während wir selbst nicht einmal die Mittel kennen, wodurch solches bewerkstelligt wurde.«
    »Bei meinem Leben, heiliger Vater,« rief Halbert Glendinning, »ich habe dem Ritter weiter nichts gezeigt, als dieses Ding hier,« erwiderte Halbert, indem er die Nadel dem Abte übergab, der sie mit aufmerksamen Blicken betrachtete und dann mit Kopfschütteln, ohne jedoch ein Wort hinzuzusetzen, dem Unterprior einhändigte.
    Pater Eustachius betrachtete das geheimnisvolle Ding ebenfalls auf das aufmerksamste, dann sprach er ernst und gemessen zu Halbert:
    »Junger Mann, sofern Du in dieser Sache nicht eines merkwürdigen Betruges verdächtig bleiben willst, so laß uns unverzüglich wissen, auf welche Weise Du in den Besitz dieses Gegenstandes gelangt bist, und wie es kommt, daß es auf den Ritter von solch merkwürdigem Einfluß ist?«
    Es wäre bei dem zur damaligen Zeit herrschenden Aberglauben eine sehr schlimme Sache für Halbert gewesen, wenn er auf solche verfängliche Frage die Antwort hätte verweigern, noch schlimmer aber, wenn er die Wahrheit hätte sagen wollen. Wäre er zu unsrer Zeit mit dem schlimmen Rufe eines gemeingefährlichen Lügners weggekommen, so wäre ihm damals der Brandpfahl im Falle, daß er die Wahrheit gesagt hätte, unbedingt sicher gewesen, während er sich, wollte er die Auskunft weigern, der peinlichen Befragung hätte versehen können. Zum Glück erlöste ihn die Rückkehr des Ritters aus dieser höchst gefahrvollen Lage. Derselbe hatte die Worte des Priors bei seinem Eintritt noch vernommen, und ohne abzuwarten, ob und was Halbert noch etwa antworten werde, flüsterte er diesem im Vorbeigehen zu: »Schweig! Die gewünschte Genugtuung soll Dir nicht vorenthalten bleiben.«
    Hierauf setzte er sich wieder auf seinen Platz, und wenngleich die Spuren seiner Verwirrung noch immer auf seiner Stirn zu lesen standen, so hatte er sich allem Anschein nach wieder gefaßt und beruhigt und entschuldigte sich, nachdem er sich umgesehen hatte, wegen des unmanierlichen Verhaltens, dessen er sich schuldig gemacht hatte, das er aber einem plötzlichen Unwohlsein heftiger Art, von dem er öfter einmal befallen werde, zuschrieb. Alle schwiegen und sahen einander voll Verwunderung an. Der Abt hieß nun alle bis auf den Ritter und den Unterprior das Gemach verlassen.
    »Habt acht auf den eigenwilligen Jüngling,« schärfte er den Klosterbrüdern ein, »daß er uns nicht entrinne, denn sofern er durch Zauberwerk oder auf irgend welche andre, wider kirchliches Recht verstoßende Weise der Gesundheit unseres vornehmen Gastes zu nahe getreten sein sollte, so schwöre ich bei dem Chorhemd und der Inful, die ich trage, daß er maßlose Strafe erleiden soll.«
    »Gnädiger Herr und hochwürdiger Vater,« sagte Halbert, indem er sich tief verneigte, »fürchtet nicht, daß ich gesonnen sei, mich dem Gericht zu entziehen, wenn es sein Urteil sprechen sollte über mein Tun und Lassen, hoffentlich wird Euer Gast selbst angeben können, was ihn in solche Unruhe versetzt hat, wie auch mir Zeugnis ausstellen darüber, wie gering meine Schuld bei dem ganzen Vorfall ist.«
    »Sei ohne Sorge,« erwiderte, ohne jedoch aufzublicken, der Ritter. »Ich werde dem Lord-Abt Erklärungen zufriedenstellender Art geben.«
    Nach diesen Worten zog sich die Familie Glendearg mit Halbert und den Klosterbrüdern zurück. Der erste, welcher das Wort ergriff, als der Abt allein war mit dem Ritter und dem Unterprior, war der letztere.
    »Klärt uns darüber auf, edler Herr,« begann er, »auf welche Weise dieses gebrechliche Ding im stande hat sein können, Euer Gemüt so aufzuregen und Eure Geduld so zu erschöpfen, was uns um so mehr befremden muß, als Ihr Euch doch gegen jede Herausforderung des eigentümlichen Jünglings so gänzlich unnahbar erwieset?«
    Der Ritter nahm die silberne Nadel aus der Hand des frommen Paters, beaugenscheinigte sie mit großer Ruhe und gab sie hierauf dem Prior mit den Worten wieder:
    »Ich muß mich wirklich wundern, ehrwürdiger Vater, daß die mit Eurem Silberhaar verbundne Weisheit auf falscher Fährte, entschuldiget bitte diesen Vergleich, anschlagen kann wie ein kläffender Hund. Ich müßte ja leichter in Bewegung zu versetzen sein wie Espenlaub im Windeshauch, wenn solche Lappalie mich aus der Fassung bringen sollte. Ich schere mich, das dürft Ihr mir glauben,
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