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Das Kainsmal

Titel: Das Kainsmal
Autoren: Chuck Palahniuk
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diese Weise unsterblich zu werden -, und jetzt sei er US-Präsident oder Papst. Irgend so eine bescheuerte Theorie eben, wie die, wonach UFOs in Wirklichkeit mit menschlichen Touristen bemannt sind, die uns aus der fernen Zukunft besuchen.
     
    Symon Praeger (

Party-Crasher): Wir sind nach Middleton gefahren, um uns die Orte anzusehen, von denen Rant erzählt hatte, und um die Leute kennen zu lernen, die er »seine Leute« genannt hatte. Seine Eltern, Irene und Chester. Seinen besten Freund, Bodie Carlyle, mit dem er zur Schule gegangen war. Die blöden Bauern, die Perrys und Tommys und Elliots, die er ständig erwähnt hat. Von wegen Crash-Partys: die meiste Zeit sind wir bloß durch die Gegend gefahren und haben geredet.
    So ein Haufen Trottel. Wir wollten sehen, was dran war an den Geschichten, die Rant uns erzählt hatte. Ist das nicht irre? Ich und Echo Lawrence mit Neddy auf der Rückbank seines Cadillac Eldorado. Rant hatte diese Karre für Neddy besorgt.
    Ja, wir wollten Rants Grab mit Blumen schmücken und so.
     
    Echo Lawrence: Shot haut auf das Radio und sagt: »Heute verpassen wir eine schöne Fußballelternnacht ...«
    »Das ist nicht heute«, sagt Neddy. »Guck mal in deinem Kalender nach. Heute war Fahrschülernacht.«
     
    Shot Dunyun: Vor uns ein Lichtpunkt am Horizont. Das Licht schwillt zu einem grellweißen Halbkreis, der sich zu einem ganzen rundet. Der Vollmond. Heute verpassen wir eine großartige Hochzeitsnacht.
     
    Echo Lawrence: Statt Musik zu hören, haben wir uns Geschichten erzählt. Die Geschichten, die Rant von seiner Kindheit erzählt hatte. Wir setzten die Geschichten über Rant aus Einzelheiten zusammen, die jeder von uns aus den verschlungensten Windungen seines Gehirns hervorkramen musste. Wir saßen im Auto und legten unsere Puzzleteile zusammen.
     
    Shot Dunyun: Als der Sheriff von Middleton uns anhielt, erzählten wir ihm die Wahrheit: Dass wir auf einer Pilgerreise zu Rant Caseys Geburtsort seien.
    In einer Nacht wie dieser, wo die ganze Stadt schläft, spielte der kleine Rant Casey mit seinem Funkgerät. Kopfhörer auf den Ohren. In einer Nacht wie dieser drehte der kleine Rant an der Skala, immer auf der Suche nach Verkehrsmeldungen aus Los Angeles und New York. Ein aktueller Stau in London. Zähfließender Verkehr in Atlanta. Zusammenstoß dreier Autos in Paris, auf Französisch. Spanisch lernen mit neumätico desinflado und punto muerto. Geplatzte Reifen und Stau in Madrid. In Rom heißt Stau imbottigliamento. In Amsterdam het roosterslot. In Paris Saturation. Die ganze unsichtbare Welt des Verkehrs.
     
    Echo Lawrence: Von wegen. Zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang durch irgendwelche Provinzkäffer zu fahren ist alles andere als ungefährlich. Die Polizei verfolgt einen aus purer Langeweile. Der Sheriff prüfte unsere Führerscheine im Strahl seiner Taschenlampe und hielt uns einen Vortrag über Middleton. Rant Casey hätte nicht in die Stadt ziehen dürfen, das habe ihn das Leben gekostet. Städter sind alle Mörder. Er meinte uns.
    Der Sheriff wirkte wie eingestöpselt. Als hätte er die Texas-Ranger-Nummer geboostet. John-Wayne-Neurochemie auf Dauerempfang. Nehmen Sie einen Ausbildungsoffizier, boosten sie den mit einem Befürworter der Todesstrafe und das Resultat mit einem Dobermann, dann haben Sie diesen Sheriff. Brust raus. Daumen in der Gürtelschnalle. Auf den Hacken seiner Cowboystiefel wippend.
    Shot fragte: »Ist schon jemand aufgekreuzt, um Rants Mutter zu ermorden?«
    Der Sheriff trug ein braunes Hemd mit einem Messingstern auf der Brusttasche, in der Brusttasche Kuli und Sonnenbrille, das Hemd in die Bluejeans gestopft. Auf dem Stern stand: »Officer Bacon Carlyle«.
    O Mann. Shot musste natürlich die peinlichste Frage stellen, die man nur stellen konnte.
     
    Neddy Nelson: Wie ist es möglich, dass der Naturforscher Sir David Brewster 1844 in einem über dreihundert Millionen Jahre alten Sandsteinblock in Devon, in England, einen vollständig eingeschlossenen Metallnagel gefunden hat?
     
    Aus den Aufzeichnungen von Green Taylor Simms: Sieht man Middleton auf dem Flug von New York nach Los Angeles aus der Luft, fragt man sich unwillkürlich, wie an einem solchen Ort Menschen leben können. Versiffte Sofas vor den Haustüren. Autos in Vorgärten. Windschiefe Häuser auf Mauerwerk aus Porenbeton, und überall dösende Hühner und Hunde. Wer es zum ersten Mal sieht, muss den Eindruck haben, es habe sich eine Naturkatastrophe ereignet. Middleton sah
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