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Das Höllenventil Kommissar Morry

Das Höllenventil Kommissar Morry

Titel: Das Höllenventil Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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gehört?" fragte der Fremde.
    Milton fröstelte plötzlich. Der Kinomörder! Warum hatte er nicht schon früher an diese Möglichkeit gedacht? Er entsann sich schwach an die groß aufgemachten Presseberichte. Der letzte von ihnen lag schon über ein Jahr zurück. Vielleicht hatte er sich deshalb nicht daran erinnert.
    „Ich bin der Kinomörder!" sagte der Mann selbstzufrieden.
    „Nein!" würgte Milton hervor.
    „Ich habe drei Menschen getötet! Bis jetzt“, meinte der Unbekannte. „Sie erinnern sich an die Einzelheiten?"
    „Undeutlich", murmelte Milton, den eiskalte Angst beschlich. Er versuchte die Kräfte seines Gegners abzuschätzen. Sie hatten ungefähr die gleiche Größe. Aber es sah so aus, als sei der Fremde kräftiger gebaut.
    „Erzählen Sie, was Sie darüber wissen", verlangte der Fremde.
    „Wieso? Ich denke, Sie waren dabei?"
    „Und ob ich dabei war!" meinte der Unbekannte. „Aber ich will wissen, wie viele Details Sie kennen!"
    Milton schluckte. „Warten Sie mal. Der letzte Fall liegt schon gut ein Jahr zurück, stimmt's? Es war die dritte Tat des sogenannten ,Kinomörders'. Man fand die Leichen in einsamen, dunklen Vorortstraßen. In jedem Fall wurde festgestellt, daß die Opfer auf dem Heimweg vom Kino von einem Unbekannten getötet worden waren. Mit einem Messer. Die Tiefe der Wunden" — er schluckte abermals —,
    also die Tiefe der Wunden ließ darauf schließen, daß der Mörder ein Mann von großer körperlicher Kraft gewesen sein muß..."
    „Weiter!" forderte der Fremde zufrieden.
    „Zwischen den einzelnen Morden bestand kein erkennbarer Zusammenhang. Ausgenommen die merkwürdige Tatsache, daß alle Ermordeten im Kino gewesen und sich irgendeinen Kriminalfilm angesehen hatten."
    „Na bitte! Sie haben ein first class Gedächtnis!" lobte der Fremde.
    Ein Wagen fuhr die Straße entlang. Gar nicht schnell. Miltons Herz schlug im Hals. Er hoffte, daß es ein Streifenwagen der Polizei sein würde. Er brauchte nur einen gewaltigen Satz nach vorn zu machen und den Wagen aufzuhalten. Plötzlich packte ihn eine Hand am Arm.
    „Ruhig Blut, mein Freund. Sie wollen diese fesselnde Unterhaltung doch nicht vorzeitig abbrechen?" fragte der Fremde spöttisch.
    Der Griff des Fremden war eisenhart. Milton merkte, wie seine Hoffnung zerfiel. Der Griff zeigte deutlich, wer von beiden der Stärkere war. Der Wagen rollte langsam vorüber. Es war tatsächlich ein Streifenwagen der Polizei. Hinter den angelaufenen Fensterscheiben sah Milton undeutlich die Konturen der beiden Beamten. Eines der Fenster war herabgelassen, und man hörte das Quaken des Wagenlautsprechers. Vorbei. Zu spät! Warum hatte er nicht geschrien? Aber vielleicht hätten sie ihn gar nicht gehört. Schließlich trommelte der Regen auf das Wagendach, und dann war da das Lautsprechergeräusch...
    Der Fremde ließ ihn los. „Die Polizei ist wirklich überall", stellte er fest. „Beinahe überall..."
    „Was haben Sie mit mir vor?" fragte Milton.
    Der Fremde lachte lautlos. „Ich möchte mich den Leuten ein wenig in Erinnerung bringen", sagte er. „Dafür haben Sie doch gewiß Verständnis?"
    „In Erinnerung bringen?" wiederholte Milton heiser.
    „Ja. Jedes Leben taugt nur dann etwas, wenn es Spannung in sich birgt. Sie denken ja genauso. Warum gehen Sie ins Kino, um sich Reißer anzusehen? Weil Sie Spannung suchen! Manche Leute schaffen das auf andere Weise. Sie verlieben sich in ein Mädchen oder sammeln Briefmarken. Jeder entscheidet sich für eine andere Art des Kampfes gegen die Langeweile. Bei mir ist es Mord! Mord mit allem, was dazugehört. Ich werde es vermutlich nie schaffen, die Gefühle auszudrücken, die mich beflügeln, wenn ich in den Zeitungen von einem Mord lese, der mir zugeschrieben wird. Manchmal spreche ich mit Bekannten darüber, mit Freunden, mit Mädchen. Ich entsetze mich mit ihnen über soviel Grausamkeit und genieße den heimlichen, prickelnden Reiz dieses Spiels mit der Gefahr!"  
    „Und Sie fürchten sich nie?"
    „O doch!" gab der Unbekannte ruhig zu. „Ich fürchte mich oft. Sehr sogar. Manchmal wache ich nachts auf, völlig in Schweiß gebadet. Das ist der Preis der Spannung. Der eine zahlt für seine Liebe mit Geld oder Enttäuschungen, ein anderer gibt ein Vermögen für Briefmarken aus. Sie berappen jedesmal einen Dollar, wenn Sie Spannung im Kino suchen. Ich zahle mit gelegentlicher Furcht. So einfach ist das!"
    „Ich glaube, Ihre Vergleiche hinken ganz beträchtlich", sagte Milton langsam.
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