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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes
Autoren: Louise Erdrich
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Brusttasche seines Cowboyhemds und hielt es sich an die Stirn.
    Pssst, leise, sie unterhalten sich, sagte Angus.
    Du fehlst mir auch, Baby, sagte Cappy nach einer Weile. Er steckte das Foto in die Tasche zurück, ließ die glänzenden Druckknöpfe zuschnappen und klopfte sich auf die Brust.
    Was für eine schöne Liebe, sagte ich. Ich drehte mich zur Seite, beugte mich runter und übergab mich ein bisschen. Ich bedeckte die Kotze mit Erde. Niemand hatte es gemerkt. Ich hätte auch nichts gegen eine schöne Liebe, murmelte ich.
    Cappy drückte mir ein Flugblatt in die Hand. Ihr Brief, Mann,da ging’s um die Entrückung. Das hier war da drin. Cappy lächelte zu den Bäumen hinauf.
    Ich sah mir das Flugblatt ganz genau an und las jedes Wort mehrere Male, um den Sinn zu begreifen.
    Entrückung, ooh, yeah, sagte Zack.
    Nicht so eine Entrückung, sagte Cappy. Es geht um die massenhafte Himmelfahrt. Nur eine bestimmte Anzahl von Leuten kann mit. Katholiken nehmen sie anscheinend nicht, also überlegt Zelias Familie, noch rechtzeitig vor der Trübsal überzutreten. Sie will, dass ich auch übertrete, damit wir zusammen entrückt werden können.
    Stairway to heaven, lachte Zack.
    Zusammen entrückt, sagte ich. Zusammen. Mein Hirn geriet in eine Endlosschleife, und ich musste mich davor zurückhalten, alles fünzigmal zu sagen.
    Ich glaube nicht, dass ihr zwei mitkönnt, sagte Angus verträumt. Mit eurer Todsünde am Hacken seid ihr Jungs jetzt außen vor.
    Es war, als hätte mir jemand einen Eiszapfen ins Hirn gerammt. Wir vier hatten das Thema nie erwähnt. Wir hatten nie von Larks Tod gesprochen. Die Kälte griff um sich. Mein Kopf war klar, aber der Rest war einfach zu träge. Cappy kriegte wie immer die Lage in den Griff und brachte meine Angst zum Schmelzen.
    Starboy, sagte Cappy und hielt ihm die Hand hin. Angus ergriff sie mit einem brüderlichen Handshake. In Wahrheit sind wir alle vier außen vor. Sie nehmen dich nur, wenn du stocknüchtern bleibst.
    Lebenslang?, fragte Angus.
    Lebenslang, Starboy, sagte Cappy. Du darfst dir keinen einzigen Ausrutscher leisten.
    O Mann, sagte Angus, wir sind am Arsch. Meine ganze Familie ist am Arsch. Nichts mit Entrückung.
    Wir brauchen keine Entrückung, sagte Zack. Wir haben dieBeichte. Gesteh dem Pater deine Sünden, und du wirst reingewaschen.
    Das hab ich versucht, sagte Cappy. Der Pater hätte mich fast ausgeknockt.
    Wir lachten alle und redeten noch eine Weile über Cappys Sprint. Dann schwiegen wir und sahen den flackernden Blättern zu.
    Zelia hat bestimmt auch gebeichtet, sagte Cappy nach einer Weile. Ich wette, Zelia ist reingewaschen worden.
    Es sei denn, sie ist schwanger. Ich hatte gar nicht vorgehabt, so etwas zu sagen, aber ich konnte das Star-Wars-Zitat einfach nicht zurückhalten: Luke, kommst du bei dem Tempo da noch zeitig genug raus?
    Ich wünschte, ich hätte es nicht geschafft, sagte Cappy. Wenn sie schwanger wäre, müssten wir jetzt heiraten.
    Du bist erst dreizehn, erinnerte ich ihn.
    Zelia hat gesagt, so alt waren Romeo und Julia auch.
    Bescheuerter Film, sagte Zack.
    Angus schlief; sein Atem zirpte rhythmisch wie eine Zikade.
    Hunger. Das war wieder meine Stimme. Aber die anderen schliefen. Nach einer Weile stand ich auf, weil jemand stöhnte. Es war Cappy. Er weinte, war todtraurig, dann verängstigt und rief im Schlaf: Bitte, nein. Ich rüttelte ihn am Arm, und er glitt in einen anderen Traum. Ich blieb bei ihm, bis er wieder ruhiger wirkte. Ich ließ meine Freunde schlafen und wankte auf dem Fahrrad nach Hause, aber als ich in den Garten kam, sah der Platz unter Pearls Lieblingsbusch so gemütlich aus, dass ich zu ihr in das dunkle Laub kroch und schlief, bis die Sonne verblich. Ich schreckte hoch und ging durch die Hintertür in die Küche.
    Joe? Wo warst du?, rief Mom aus dem Wohnzimmer. Ich hatte das Gefühl, sie hätte die ganze Zeit auf mich gewartet.
    Ich schnappte mir ein Glas, goss Milch ein und trank sie schnell aus.
    Mit dem Rad unterwegs, sagte ich.
    Du hast das Abendessen verpasst. Ich könnte dir ein paar Spaghetti warm machen.
    Aber ich hatte schon angefangen, sie kalt direkt aus dem Kühlschrank zu essen. Mom kam rein und scheuchte mich zur Seite.
    Kannst du sie nicht wenigstens auf einen Teller tun? Joe, hast du geraucht? Du stinkst nach Zigaretten.
    Die anderen haben geraucht.
    Das habe ich meinen Eltern auch immer erzählt.
    Ich mag kalte Spaghetti.
    Sie machte mir einen Teller zurecht und bat mich, nicht zu rauchen.
    Mach ich nicht
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