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Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus an der Montego Bay: Roman (German Edition)
Autoren: Ava Bennett
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Der Gedanke war allerdings wie weggeblasen, als James leibhaftig vor ihr stand.
    »James!«, entfuhr es ihr heiser.
    »Ich konnte nicht abreisen, ohne dich noch einmal gesehen zu haben«, entgegnete er.
    Valerie zog ihn wortlos am Ärmel in die Empfangshalle und schloss die Tür hinter ihm.
    »Warum willst du fort?«
    »Vielleicht weißt du, dass unser Unternehmen bankrott ist. Und dass meine Geschwister beide gestorben sind. Meine Mutter ist darüber noch verrückter geworden, als sie es ohnehin schon war. Man hat mir auf Kuba eine leitende Position angeboten und …«
    Valerie fasste sich ein Herz. »Bleib hier! Bitte«, flüsterte sie.
    James blickte an ihr vorbei ins Leere. Er kann mir einfach nicht in die Augen sehen, dachte Valerie.
    »Das kann ich dir nicht zumuten. Ich will dir nicht zur Last fallen …«
    Valerie trat auf ihn zu und legte ihm zärtlich die Arme um den Hals. »Ich brauche dich doch«, flüsterte sie. »Wir leiten das Unternehmen gemeinsam, und ich kann mich dann mehr um …« Sie stockte.
    »Valerie, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Natürlich möchte ich bei dir bleiben.«
    Sie aber löste sich aus seiner Umarmung und sagte nur: »Warte! Ich habe etwas vergessen.« Und schon war sie aus dem Zimmer gerannt, um Georgina zu holen. Asha war nicht erfreut, als Valerie die Kleine mitnehmen wollte.
    »Es ist wichtig. Glaube mir. Es geht um meine Zukunft, um mein Glück …«
    »Dann habe ich richtig gesehen: Mister James ist gekommen, nicht wahr?«
    Valerie nickte und betrachtete versonnen Georginas schlafendes, olivfarbenes Gesicht. Eine Welle von Zärtlichkeit für dieses Kind überkam sie mit einer Macht, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb.
    »Mich gibt es nicht mehr allein«, raunte sie. »Er kann sich nur für uns beide zusammen entscheiden.«
    Als Valerie in die Empfangshalle zurückkehrte, zitterten ihr die Knie. Mit der Kleinen auf dem Arm näherte sie sich James.
    »Das ist Georgina, das Kind von Ethan und seiner Geliebten Rosa. Die Mutter wurde von den Männern deines Bruders ermordet, und deshalb habe ich das Mädchen …«
    Lächelnd und ganz behutsam nahm James ihr das Kind ab. In diesem Augenblick erwachte Georgina. Valerie befürchtete, sie würde schreien, doch nichts dergleichen geschah.
    »Wenn du mir versprichst, dass es nicht unser einziges Kind bleibt …«, sagte James und warf Valerie einen intensiven Blick zu. Aus seinen Augen sprach tiefe Liebe.
    »Ich für meinen Teil werde alles dafür tun, dass Georgina Geschwister bekommt«, lachte Valerie erleichtert. Was hatte sie befürchtet? Dass er für ein fremdes Kind – gar für ein schwarzes – nicht die Vaterstelle einnehmen würde?
    James mit Georgina im Arm, das rührte sie zu Tränen, und sie ließ sie ungebremst fließen.
    »Komm! Wir müssen die Kleine zu Asha bringen, denn ich habe noch eine weitere Kleinigkeit zu erledigen.«
    Valerie streckte die Arme nach Georgina aus, aber James gab das Kind nicht her, bis sie in der Küche waren und Asha ihm die Kleine abnahm.
    Wenig später schlenderten Valerie und James Hand in Hand durch das ganze Haus. Valerie zeigte ihm jeden Winkel. Als sie an der Kellertür ankamen, zögerte sie kurz, doch dann überwand sie ihre Scheu, zündete eine Lampe an und kletterte die steile Treppe voran. James folgte ihr, ohne sie mit neugierigen Fragen zu löchern.
    Valerie ahnte zwar, was sie hier unten vorfinden würde, aber der Anblick der Vase, die auf einer Art Altar stand, erschreckte sie doch ein wenig.
    »Das sind die sterblichen Überreste meines Großvaters Jeremiah, eines Mulatten«, bemerkte sie voller Ehrfurcht. »Wir werden ihn neben Großmutter beerdigen, damit die beiden für alle Ewigkeit miteinander vereint sind«, fügte sie hinzu.
    »Warum ist seine Asche hier unten im Keller? Und warum in einer Vase?«, fragte James irritiert.
    Valerie räusperte sich. Sie entschied sich dagegen, James gleich mit der ganzen Wahrheit zu überfallen. Es gab zwar nichts, was sie ihm auf Dauer verheimlichen wollte, aber alles zu seiner Zeit. Und Zeit würden sie nun endlich genug füreinander haben. Ein ganzes Leben lang.
    Ja, liebe Grandma, dachte Valerie, kein Hamilton wird uns je wieder verletzen. Und ich bin mir sicher, auch Großvater würde seine schützende Hand über unsere Liebe halten.

Nachwort
    Mein spezielles Dankeschön gilt dem Ehepaar Astrid Schlesinger und Martin Johannsen, das mir bei einem Essen mit Blick auf die alten Speicher der Stadt Flensburg tiefe
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