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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
Autoren: Adriana Lorusso
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Odavaïdar und Middael zu veranlassen. In erster Linie handelt es sich bei ihnen doch – wie hat Oda noch gesagt? – um wahrhaftige Personen.
    Suvaïdar atmete tief durch und wandte sich wieder den Manipulationen zu, die Maria und ihre drei Klone – Sigrid, Gemina und Clara Jestak – beim Genom der ersten Kolonisten vorgenommen hatte.
    Aus einem Grund, der ihr unklar war und der lang und breit in einer technischen Sprache erklärt wurde – so kompliziert, dassman sich fragen musste, ob diejenigen, die sie benutzt hatten, überhaupt verstanden werden wollten –, hatte die Stimulation des Gens, das die Selbstregeneration der Zellen programmierte und den Alterungsprozess verlangsamte, bei den Shiro besonders gute Resultate erbracht. Bei anderen Lebensformen hatte die Stimulation des Gens sich weniger erfolgreich gezeigt. War ein Asix in einem Alter, in dem die meisten Außenweltler bereits schwach und für Krankheiten anfällig waren und an einem der fremdartigen Übel zugrunde gingen, die ihren Organismus befielen, noch jugendlich und lebhaft, konnte ein Shiro darauf hoffen, gut zweimal so alt zu werden wie die gesündesten und widerstandsfähigsten Außenweltler. Oder, um genauer zu sein, er konnte damit rechnen, wenn er nicht vorher sein Leben bei einem Duell verlor oder das Shiro-Privileg wählte – aus einem Grund, den meist nur er selbst kannte.
    Die Ausrottung der Erbkrankheiten, die Widerstandskraft Infektionskrankheiten gegenüber und die leichten Modifizierungen, die dazu dienten, das Leben auf Ta-Shima erträglicher zu machen, waren relativ einfache Eingriffe gewesen, die jede x-beliebige Genetikerin im Lebenshaus durchführen könnte. Alles war klar und logisch, abgesehen von den berühmt-berüchtigten, nicht biologischen Übertragungen – ein Geheimnis, das Maria Jestak mit ins Grab genommen hatte.
    »Hoffen wir nur, dass sie daran gearbeitet hat, als sie noch bei klarem Verstand war«, murmelte Suvaïdar, bevor sie das Labor verließ.
    *
    In dieser Nacht wälzte Suvaïdar sich auf ihrer Matte hin und her und versuchte, nicht ständig an den letzten Teil der Aufzeichnung des Holo mit dem Asix vom Typ 5 zu denken. Sie sah immer wieder den jungen Mann von ungefähr fünfzehn Trockenzeiten vor sich, der, um ihn unbeweglich zu machen, mit vier Gurten an einem Tisch festgebunden gewesen war, während ein Skalpell seinen Brustkorb aufschlitzte.
    Plötzlich wurden ihre Grübeleien unterbrochen. In der Dunkelheit ihres Zimmers nahm sie plötzlich eine Bewegung wahr.
    »Wer ist da?«, rief sie.
    Eine Antwort kam nicht. Nur ein unmerkliches Klacken war zu hören, als wäre ihre Tür geschlossen worden.
    Sie zog sich schnell ihre Sachen an, die sie für den nächsten Tag schon bereitgelegt hatte, sprang flink aus dem Fenster und bewegte sich auf die Hütten der Asix zu. Waren das Schritte, die sie hinter sich hörte? So nah am Haus war die Dunkelheit besonders dicht, sodass man rein gar nichts erkennen konnte.
    Wenn ich ihn nicht sehe, kann er mich auch nicht sehen, sagte sie sich. Ich habe keinen Geruch wahrgenommen, also ist es mit Sicherheit kein Asix, der in mein Zimmer gekommen ist – falls das Ganze nicht nur ein Hirngespinst ist.
    Suvaïdar verbrachte die Nacht in einer der Asix-Hütten, und da sie keine Lust verspürte, eine weitere Nacht ohne Schlaf zuzubringen, nur weil sie geheimnisvolle Geräusche hörte – wirkliche oder eingebildete   –, die sie vom Einschlafen abhielten, eilte sie noch vor der Morgendämmerung in die Akademie des Inneren Friedens.
    Eine Gruppe junger Shiro war gerade damit beschäftigt, den Boden mit Wasser zu säubern. Das mussten die Schüler sein, die der Akademie anvertraut worden waren. Suvaïdar beobachtete sie heimlich, um sich ein Bild davon machen zu können, ob sie irgendwie anders waren. Doch das Einzige, was sie sah, waren ausdruckslose Gesichter. Sie arbeiteten, ohne ein Wort miteinander zu wechseln. Als Suvaïdar nach Tarr fragte, begnügte sich einer von ihnen damit, den Blick zu heben und mit der Hand auf das hintere Zimmer zu weisen, das noch verschlossen war. Suvaïdar ging auf das Zimmer zu, hielt dann aber verunsichert inne.
    »Kann ich klopfen?«, fragte sie.
    Zwei Schüler schüttelten die Köpfe, ohne ein Wort zu sagen, und nahmen ihre Arbeit wieder auf. Suvaïdar ging durch den Fechtsaal. Sie hatte den Eindruck, dass alle Blicke auf ihren Rücken gerichtet waren. Vor Tarrs Tür setzte sie sich auf den Boden, um zu warten. Als sie sich auf die Knie
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