Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geschenk des Osiris

Das Geschenk des Osiris

Titel: Das Geschenk des Osiris
Autoren: Anke Dietrich
Vom Netzwerk:
Bemerkung nicht ein. Dafür meldete sich Amunhotep erneut zu Wort, was Satra geschwind übersetzte.
    »Du sollst meine Frage beantworten!«
    »Hast du mich herbestellt oder diese Leibeigene?«, knurrte Ipuwer.
    Zwischen Amunhoteps Augenbrauen begann sich eine tiefe Falte zu bilden. Er hatte den Mund bereits geöffnet, doch Ipuwer kam ihm zuvor.
    »Ich werde mich darum kümmern«, versprach er mürrisch. »War das alles?«
    Satra sah zu Amunhotep, und ihr entging nicht, dass er am liebsten aufgesprungen und dem Schatzmeister an die Gurgel gegangen wäre. Nur mit Mühe bezähmte er seine Wut.
    »Nein, mein Gebieter wünscht, dass du hinunter zum Anleger gehst und dich mit eigenen Augen über die Qualität des Holzes informierst, das heute geliefert wird«, teilte sie Ipuwer mit. »Der Herr Netnebu sagte ihm, das letzte Mal hätten sich die Möbeltischler beschwert, dass die Stämme von minderer Qualität gewesen seien und sie mehr Abfall hatten, als dass sie ordentliche Bretter schneiden konnten.«
    »Ja, wenn Netnebu und die Möbeltischler das behaupten«, kam die beleidigte Antwort Ipuwers. »Ich kann mich nicht jedes Mal um die Lieferungen kümmern. Dafür gibt es einen Schreiber, der alles genau notiert und die Qualität beurteilen muss. Wenn er unfähig ist, bitte ich dich, mir zu verzeihen. Ich werde ihn sofort bestrafen und durch einen fähigeren Mann ersetzen lassen.«
    Er schnaubte vor Wut und wollte sich erheben, aber Satra war mit den Anweisungen noch nicht fertig, die ihr Amunhotep zuvor erteilt hatte.
    »Mein Gebieter will außerdem, dass du mich mitnimmst, wenn du zu den Transportschiffen gehst. Ich soll für ihn etwas vom Schiffsführer holen, was dieser für ihn aus Theben mitgebracht hat«, sagte sie und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    Jetzt war es an Ipuwer, sich zu beherrschen und nicht zu toben, denn das war zu viel. Dieses Jüngelchen zeigte ihm mit seinem Verhalten eindeutig, dass er kein Vertrauen in ihn setzte.
    Satra hingegen zog eine zweite Möglichkeit in Betracht. Vielleicht wollte Amunhotep sie testen, ob sie versuchen würde zu fliehen. Zum ersten Mal würde sie nämlich ohne Bewachung die hohen Tempelmauern von außen sehen.
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen, sprang Ipuwer auf und verließ schnellen Schritts den Pavillon, sodass Satra sich beeilen musste, ihm zu folgen. Auf direktem Weg strebte Ipuwer der Pforte in der nordöstlichen Außenmauer zu, um sich hinunter zum Fluss zu begeben, wo die Männer schon fleißig dabei waren, das kostbare Holz zu entladen.
    Ipuwer stürmte so schnell den gepflasterten Weg hinab, dass Satra nicht einmal die Zeit verblieb, sich umzusehen, aber dafür war auf dem Rückweg noch Gelegenheit.
    Als Ipuwer auf einen hageren Mann in den Gewändern eines syrischen Kaufmanns zusteuerte, blieb Satra wie angewurzelt stehen.
    Ibiranu!
    Der Syrer hatte sie nicht sofort bemerkt. Als Ipuwer ihm mitteilte, dass sie die Dienerin des Oberpriesters sei und etwas für ihn abholen sollte, musterte er sie mit zusammengekniffenen Augen, denn sie kam ihm irgendwie bekannt vor. Ibiranu überlegte, woher, und dann dämmerte es ihm, als er Satras grüne Augen sah.
    Sein Blick verfinsterte sich.
    Ipuwer war der erst nachdenkliche, dann beinahe feindselige Gesichtsausdruck des Händlers nicht entgangen. Er fragte sich, was das zu bedeuten hatte. Anscheinend waren die beiden miteinander bekannt. Er ließ sich nichts anmerken, doch vielleicht hatte er bereits seinen ersten neuen Verbündeten gefunden, der einen Grund hatte, auf diese Frau wütend zu sein.
    Nachdem Satra eine in einer Lederhülle steckende Schriftrolle von Ibiranu erhalten und sich Richtung Tempel entfernt hatte, sprach Ibiranu den Syrer an.
    »Woher kennst du sie?«
    »Ich kenne sie nicht«, erwiderte Ibiranu und wollte sich zurück auf sein Schiff begeben.
    »O doch, mein Freund. Ich habe es deinem Gesicht angesehen. Du scheinst nicht gut auf sie zu sprechen zu sein.«
    »Egal, was du auch gesehen haben magst«, erwiderte Ibiranu kühl, »das bildest du dir nur ein.«
    Damit ließ er den Schatzmeister stehen.

SIEBENUNDZWANZIG
     
     
     
     
     
     
     
    Als Ramses kurz vor Beginn des neuen Jahres wieder in die heilige Stadt des Großen Gottes Osiris zurückkehrte, war er erfreut, dass endlich der Tempel zum Gedenken an seinen Vater, Osiris Ramses VI., fertiggestellt worden war, dem Guten Gott, der acht Jahre auf dem Horusthron gesessen und den Beiden Ländern Wohlstand und dauerhaften Frieden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher