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Das geheimnisvolle Tuch

Das geheimnisvolle Tuch

Titel: Das geheimnisvolle Tuch
Autoren: Werner Vehler
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einen Kuss darauf geben.
    Tom sah da eine Liebelei aufkommen und unterbrach die beiden: „Ist Schwachsinn, da noch einmal hinzugehen.“ Er stand von der Bank auf und trat seitlich neben sie. Ihm war es zuwider, wenn er daran dachte, Vinc möge in seine Schwester verknallt sein, sie könnten ein Pärchen werden. Ausgerechnet mit seiner Schwester.
    „Jim sah kein Stroh, sondern nur wir. Aber warum sahen wir es? Sicher sollten wir es. Jemand oder Etwas steuert uns. Eine geheime Macht versucht uns in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wir erkennen nur noch nicht das Ziel. Überlegt einmal: der unsichtbare Kamin mit den verbrannten Papierfetzen, das Seidentuch, das Strohlager und dann noch die Stäbe und die Träume. Alles deutet auf keinen Zufall, sondern ist bewusst inszeniert worden. Es kommt mir vor wie ein Theaterstück, in dem wir die Hauptdarsteller sind.“ Vinc steigerte sich so in einen Eifer, dass die Geschwister ihn verwundert ansahen.
    „Du hast recht“, pflichtete ihm Vanessa bei. „Es ist kein Zufall. Wir sind zu einer verschworenen Gemeinschaft geworden.“
    „Hört mein Schwesterchen an. Bekommt einen Hang zum Dramatischen. Verschwörung und so.“ Tom setzte sich wieder.
    „Ich habe nicht von Verschwörung gesprochen, sondern von einer verschworenen Gemeinschaft. Musst aufs Detail achten. Wir haben etwas erfahren, was unter uns bleiben muss und das macht uns nun einmal zu einer verschworenen Gemeinschaft“, berichtigte sie ihn. „Ist egal. Wir müssen uns schwören, keinem jemals im Leben unser Geheimnis zu verraten.“ Mit diesen Worten versuchte Vinc, eine aufkommende Diskussion zu verhindern, denn er hatte keine Lust, in dieser Hitze auch noch endlos zu palavern.
    Sie stellten sich aufrecht, legten ihre Hände aufeinander, sahen sich an, wobei Vinc Blicke intensiv die Augen von Vanessa suchten.
    „Soll ich euch einen Vorschlag machen, wie wir uns nennen könnten?“, fragte Vanessa zögerlich, ihre Blicke von Vinc entziehend, die sie wie ein einem Bann fesselten. „Zauberbund.“
    Hatte sie jetzt abfällige Äußerungen erwartet, jedenfalls von ihrem Bruder, erstaunte sie seine Fragen: „Wieso Zauberbund? Willst du damit etwas ausdrücken?“
    „Ja, wieso ausgerechnet Zauberbund?“, fragte auch Vinc.
    „Weil die Stäbe aus dem Stroh wie Zauberstäbe aussahen. Ich kann mir nicht helfen, alles deutet auf Zauberei hin.“ Vanessas Vorschlag wurde angenommen.
    „Sind wir nicht ein bisschen zu alt dafür?“, fragte Vinc.
    „Ab welchem Alter darf man nicht mehr so etwas tun?“, entgegnete Vanessa.
    Vinc sah es ein, dass in jedem Menschen ein Kind verborgen bleibt, wenn er noch so erwachsen war. Dachte er an die elektrische Eisenbahn, die er einmal geschenkt bekommen hatte, so dachte er auch an seinen Vater und dem Kind im Manne, denn am meisten hatte er damit gespielt.
    Wie Vanessa voraussagte, hatte Jim das Waldhaus abgeschlossen. Vinc umging das alte Gebäude, forschend, wie er hineingelangen könnte. Seine Mühe wurde belohnt, als er an einer Stelle an den alten Holzwänden ein loses Brett sah. Er schob es verwundert beiseite, denn er fragte sich: warum er so leicht in dieses Anwesen eindringen konnte. Gab ihm da ein Unbekannter Unterstützung?
    Innen war es duster, aber die Strahlen der Sonne, die durch die Ritzen kamen, ließen die Umgebung erkennen, wenn auch nur anfangs schemenhaft.
    Seine ersten Schritte lenkte er zu dem Platz, an dem er zuletzt das Strohlager sah, das aber, wie er jetzt feststellte, nicht mehr vorhanden war. Auf der Erde lagen die drei Stäbe, die er hatte fallen lassen. Er schob sie auf und umklammerte sie fest, aus Angst, er könnte sie erneut verlieren.
    Dann lenkte er sein Augenmerk auf die Stelle, wo sich vordem der Kamin befand. Außer Reste verkohlter Asche, die auf der Erde lag, sah er nichts weiter. Irgendwie sagte ihm eine innere Stimme, dass die Asche eine gewisse Bedeutung haben musste, wenn sie wie auch die Stäbe noch sichtbar für ihn dalagen. Denn das Strohlager und auch der Kamin waren seinen Blicken entzogen worden. So entschloss er sich, davon ein Häuflein mitzunehmen. Er sah sich um in der Hoffnung, etwas zu finden, um sie transportieren zu können, jedoch so sehr er suchte, er fand kein Behältnis.
    „Da hilft nix“, sagte er zu sich, nahm die Asche in die hohle Handfläche und steckte sie in seine Hosentaschen. Er wusste nicht, wie viel er nehmen sollte, deshalb stopfte er beide Taschen voll.
    Er wollte eilends die Hütte verlassen, als
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