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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
Autoren: Laura Walden
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einem Satz retteten sie sich ins trockene Auto.
    Der Regen prasselte nun mit einer solchen Heftigkeit auf das Dach, als wolle er es durchschlagen. Hagelkörner mischten sich darunter, und der abgeflaute Wind frischte zu einem Sturm auf.
    »Wie warten den Schauer ab«, schlug Suzan vor und schüttelte sich. Auch im Wagen breitete sich schnell eine eisige Kälte aus.
    Grace schlug den Kragen ihrer Wetterjacke hoch.
    »Ich habe schon einmal hier gestanden, im Wagen gesessen und gewartet. Gewartet, bis ich stark genug sein würde ...«, sagte Suzan plötzlich. »Als ich aus dem Krankenhaus entlassen werden sollte, konnte man mir nicht mehr länger verheimlichen, was mit Sean geschehen war. Ich hatte von Anfang an gewusst, dass sie mich belügen. Wenn er am Leben war, warum sagten sie mir nicht, in welchem Krankenhaus er lag? Einer der Ärzte hat mich am letzten Tag in sein Zimmer gebeten und mir versichert, dass Sean nicht leiden musste. Er war gleich tot. Der Schuss ging direkt in sein Herz. Der Arzt hat besorgt gefragt, ob sie mich wirklich nach Hause lassen könnten. Ich wusste genau, was er meinte. Er hatte Sorge, dass ich mir etwas antun würde. Natürlich habe ich ihm glaubhaft versichert, dass ich so etwas niemals tun werde. Sonst hätte er mich dortbehalten. Es war dann ganz einfach, an schnell wirkendes Gift zu kommen. Also fuhr ich hierher, es war ein schöner Tag. Der Himmel war so blau wie die Fjorde ... Schließlich bin ich ausgestiegen und habe seinen Grabstein gesucht. Ethan hatte sich um seine Beerdigung gekümmert. Ich lag ja eine ganze Weile im Koma. Mit dem Fläschchen in der Hand habe ich mich auf sein Grab gehockt. Ich, die zu einem leibhaftigen Monster geworden war, bei dessen Anblick kleine Kinder zu weinen, Hunde zu bellen und erwachsene Menschen zu gaffen anfingen. Doch irgendwann hat mich der Mut verlassen, und in dem Augenblick wurde der Gedanke an Rache geboren. Jahrelang habe ich darauf hingearbeitet. Stell dir vor, ich habe das Gefängnispersonal bestochen und herausgefunden, wann der Tag ihrer Entlassung ist, doch sie ist mir entwischt und mit ihr alle Spuren ...«
    »Schau, es hat aufgehört zu regnen«, unterbrach Grace sie hastig. Sie wollte nicht mehr über die Vergangenheit reden, sondern nur noch an die Zukunft denken.
    »Du hast ja recht, Grace, wir sollten die Toten endlich ruhen lassen.« Suzan startete den Wagen. »Wohin?«
    »In Richtung Kaikorai Valley.« Wider Willen huschte ein Lächeln über ihr Gesicht bei dem Gedanken, dass Suzan ihr noch keine einzige Frage gestellt hatte, wem ihr überraschender Besuch galt.
    Stattdessen fragte sie Grace, ob sie etwas dagegen habe, wenn sie die Sammlung im Keller einem Museum stifte.
    »Weißt du, wir könnten der Allgemeinheit ein echtes Geschenk machen. Ich glaube, Antonias Moa-Nachbildung ist mindestens so gelungen wie die im Museum von Auckland und das Ei annähernd so groß. Es wäre doch schön, wenn wir dem Süden auch ein Stück Moa spendierten.«
    Grace sah ihre Tante gerührt an. »Wir? Aber es ist doch deine Entscheidung. Wobei ich die Idee wunderbar finde, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.«
    »Die Sammlung gehört auch dir«, erwiderte Suzan feierlich.
    »Dann bin ich dafür, dass wir sie stiften«, entgegnete Grace lächelnd und erkannte mit einem flüchtigen Blick aus dem Fenster, dass sie am Ziel angelangt waren.
    Als sie ihre Tante bat, vor dem Haus der Tonkas zu halten, sah sie sofort, dass sich etwas verändert hatte. Das morsche Holz schien frisch gestrichen, und auf der Veranda saßen keine bierseligen Kumpel von Barry.
    Vielleicht ist es nur zu kalt, um draußen zu hocken, dachte Grace, als sie aus dem Wagen stieg, aber dann bemerkte sie, dass auch die Vorhänge aufgezogen waren. Das Haus wirkte insgesamt freundlicher als bei ihrem ersten Besuch.
    Sie zögerte. Sollte sie tatsächlich erneut in Barry Tonkas Leben platzen, nur um ihm zu sagen, dass sie ein Kind von ihm erwartete, aber seinen Bruder liebte? War das nicht ein wenig zu viel der Ehrlichkeit und dieser Hang zur unbedingten Wahrheit nur unter dem Schock der Ereignisse geboren?
    Grace sah sich zweifelnd um. Noch hatte sie nicht an seiner Tür geklingelt. Hastig sprang sie in den Wagen zurück.
    Suzan tat völlig desinteressiert.
    »Willst du denn gar nicht wissen, was mich erst hierhergetrieben und warum mich der Mut gleich wieder verlassen hat?«
    Suzan zuckte mit den Schultern. »Du bist erwachsen. Ich will nicht deine neugierige Tante
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