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Das Geheimnis des goldenen Salamanders (German Edition)

Das Geheimnis des goldenen Salamanders (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des goldenen Salamanders (German Edition)
Autoren: Renée Holler
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nur noch gedämpft zu hören.
    Auf Augenhöhe befand sich in dem Versteck ein Guckloch, durch das man bequem in die Bibliothek blicken konnte. Nurkleine Staubpartikel tanzten im schmalen Sonnenstrahl, der durch den Spalt in den Vorhängen fiel. Doch dann wurde die Tür aufgerissen und George, Henry und Toby stürmten in den Raum.
    George, der älteste der drei Brüder, stapfte siegessicher Richtung Fenster und riss die Vorhänge auf. Doch außer Spinnweben und Staub konnte er hinter den Stoffbahnen nichts entdecken.
    »Vielleicht ist sie in die Truhe rein.« Henry, sein jüngerer Bruder, begann in der Holztruhe, in der Alyss’ Vater Landkarten aufbewahrte, zu wühlen. Es war unerträglich, durchs Guckloch zu beobachten, wie der Junge die kostbaren Karten achtlos auf den Boden warf. Schließlich ließ er enttäuscht den Deckel der Truhe zufallen. »Hier sind überall nur olle Bücher. Vielleicht ist die dumme Gans doch in die andere Richtung gelaufen.«
    Doch George, sein Gesicht vor Anstrengung rot angelaufen, schüttelte den Kopf. »Überlegt doch mal. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Im Zimmer auf der anderen Seite des Flurs war sie nicht, also muss sie hier sein.«
    Alyss’ Herz klopfte inzwischen so laut, dass sie überzeugt war, man würde es auf der anderen Seite hören.
    »Vielleicht ist sie aus dem Fenster raus.« Toby, der jüngste der drei, kroch unter dem Schreibtisch hervor. Im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern war er mager und blass.
    »Quatsch. Das ist doch viel zu hoch.« George sah sich im Zimmer um, dann begann er zu grinsen »Henry. Guck doch mal in den Kamin hoch. Wetten, sie hat sich dort versteckt.«
    Pflichtgetreu befolgte der Bruder die Anordnung und griff nach dem Schürhaken. Obwohl Alyss ihn vom Guckloch ausnicht sehen konnte, hörte sie, wie er damit im Rauchabzug herumstocherte.
    »Nichts«, meinte er schließlich. »Entweder, sie hat sich in Luft aufgelöst, oder ...«
    »Ich weiß, was passiert ist«, unterbrach Toby eifrig. »Sie hat sich unsichtbar gemacht.«
    »Wie kommst du denn da drauf?«
    »Na, Mama sagt doch immer, dass Tante Dolores eine spanische Hexe war. Ist doch logisch, dass Alyss auch eine Hexe ist. Genau wie ihre Mutter. Und Hexen können sich unsichtbar machen.«
    Alyss verspürte einen Stich, als der Junge den Namen ihrer Mutter erwähnte. Sie war bei ihrer Geburt gestorben, trotzdem war sie ihr immer sehr nah gewesen, denn ihr Vater hatte viel von ihr erzählt. Ralph Sinclair hatte sich auf einer seiner Reisen in die junge Frau verliebt und sie mit sich zurück nach England gebracht. Tatsächlich war sie Spanierin gewesen, doch eine Hexe gewiss nicht.
    »Unsinn!«, meinte auch George. Verärgert, dass Alyss ihnen entwischt war, schlug er mit der Faust krachend auf den Tisch. Dann schritt er zwischen Regal und Tisch hin und her, so nah am Guckloch vorbei, dass Alyss meinte, seinen sauren Schweiß riechen zu können. Plötzlich hielt er an und ließ sich auf den gepolsterten Armstuhl neben dem Tisch fallen. Er faltete seine Hände über seinem beträchtlichen Bauch und streckte die kurzen Beine von sich.
    »Schade, die blöde Ziege ist vermutlich in die andere Richtung gerannt.« Er seufzte, doch dann zog sich ein breites Grinsen über sein Gesicht. »Das nächste Mal wird sie nicht so leicht davonkommen.« Er leckte sich genussvoll die Lippen. »Ich kann’s kaum erwarten, bis Papas Häscher sie in die Finger kriegt. Gegen den hat sie nicht die geringste Chance.«
    »Welcher Häscher?«, fragte Henry. Auch der kleine Toby, der gerade Ralph Sinclairs Globus entdeckt hatte und mit dem Finger um die Achse drehte, hielt interessiert inne.
    Eine Weile konnte man nur hören, wie George mit seinem Stiefelabsatz gleichmäßig auf die Dielen klopfte. Das Pochen wurde immer schneller, bis es jäh aufhörte.
    Alyss in ihrem Versteck hielt erregt die Luft an.
    »Papa hat sich einen genialen Plan ausgedacht, wie er sich Alyss vom Hals schaffen kann«, verkündete George schließlich, während er selbstgefällig grinste. »Sie wird bald für immer von hier verschwinden.«
    Was sollte das bedeuten? Alyss lief ein kalter Schauer über den Rücken. Hatton Hall war ihr Zuhause. Auch wenn sich in den vergangenen Monaten viel geändert hatte, war sie stets davon überzeugt gewesen, dass die Ratcliffs sich nur vorübergehend einquartiert hatten. Nachdem ihr Vater von seiner letzten Seereise nicht zurückgekehrt war, hatte der Staat Onkel Humphrey, einen entfernten Vetter ihres Vaters,
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