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Das ganze gleich nochmal

Das ganze gleich nochmal

Titel: Das ganze gleich nochmal
Autoren: Linda Conrad
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einem Kinderheim im südlichen Texas? Ihre Kleidung kostete wahrscheinlich mehr, als sie hier in einem halben Jahr verdiente. Und was hatte sie in diesen Sachen vorhin im Freien gesucht? Das hatte sie bisher nicht erklärt.
    Trotzdem fühlte Houston sich unerklärlicherweise zu ihr hingezogen. Als er ihr vorhin den Arm um die Schultern gelegt hatte, um sie zu stützen, hätte er sie am liebsten an sich gezogen und sie leidenschaftlich geküsst. Nur mit Mühe hatte er sich zurückgehalten.
    Bisher war er stets höchst vorsichtig gewesen und war sich selbst gegenüber ebenso wachsam wie gegenüber anderen. Dr. Luisa hatte ihn halb tot neben der Straße zu einer Farm gefunden. Sie waren beide überzeugt, dass ihn jemand hatte umbringen wollen. Wenn das stimmte, konnte der Täter noch immer hinter ihm her sein. Stellte diese Frau womöglich eine Gefahr für ihn dar?
    Das Kind streckte die Ärmchen nach ihm aus. “Nehmen … nehmen …”
    Carley versuchte, ihre Tochter abzulenken. “Nein, Schätzchen, der Mann kann dich jetzt nicht nehmen. Das darfst du nicht von Fremden verlangen, Cami. Das kann gefährlich sein.”
    Houston lächelte der Kleinen zwar zu, aber er hätte sie ohnedies nicht angefasst. Bei ihrem Anblick beschlich ihn Unbehagen, ohne dass er den Grund dafür erkannte.
    Carley wandte sich verlegen an ihn. “Tut mir leid, sonst ist sie sehr schüchtern, wenn sie jemanden nicht kennt. Aber vielen Dank dafür, dass Sie sie beruhigt haben. Ich hätte sonst warten müssen, bis sie von selbst still ist.” Ihr forschender Blick steigerte sein Unbehagen noch. “Sie können gut mit Kindern umgehen.”
    “Nein.” Er wich einen Schritt zurück. “Die Kleine sieht Ihnen ähnlich, vor allem wenn sie lächelt.”
    “Finden Sie? Die meisten halten sie für ein Ebenbild ihres Vaters, abgesehen von den Augen.”
    Richtig, Mutter und Tochter besaßen die gleichen ungewöhnlichen grünen Augen, doch das Kind hatte eine ganz andere Haarfarbe, und die perfekte Haut der Mutter wies nicht die Sommersprossen des Babys auf.
    Wenn er das Kind ansah, beschlich ihn das gleiche unheimliche Gefühl wie beim Anblick seines eigenen Spiegelbildes. Es war eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden, doch vermutlich glaubte er das nur, weil ihm sein eigenes Gesicht völlig fremd war. Ganz sicher sogar bildete er sich das nur ein.
    “Wo ist denn der Vater der Kleinen?”, fragte er aus einem Impuls heraus und korrigierte sich schnell. “Entschuldigen Sie, ich wollte nicht unhöflich sein. Selbstverständlich brauchen Sie mir nicht zu antworten.” Er wandte sich ab und wollte zur Tür gehen, blieb jedoch stehen, als er einen schmerzhaften Stich hinter der Schläfe verspürte, und schloss die Augen. Wurde das denn nie besser?
    Carley legte ihm die Hand auf den Arm. “Was ist denn? Sie waren nicht unhöflich. Die Frage ist doch ganz natürlich.”
    Sie schob das Kind auf den anderen Arm. Houston dachte aber gar nicht daran, ihr die Kleine abzunehmen, auch wenn sie müde wurde. Er hatte noch nie ein Kleinkind im Arm gehalten – wenigstens glaubte er das. Und ganz bestimmt würde er jetzt nicht damit anfangen – schon gar nicht bei einem Kind, dessen Anblick ihn dermaßen verwirrte. Camis Blick schien bis auf den Grund seiner Seele zu dringen, und er wusste selbst nicht, was dort zu finden war.
    “Camis Vater verschwand vor ihrer Geburt. Er weiß nichts von ihr.”
    Auch jetzt entdeckte Houston Tränen in ihren Augen wie bei ersten Mal, als sie den Vater des Kindes erwähnte. Unbewusst streckte er die Hand aus und wischte eine Träne weg. Ihre Haut fühlte sich seidig glatt an, und die zärtliche Berührung weckte in ihm den Wunsch, Carley an sich zu drücken und sie …
    Lieber Himmel, was sollte das? Ruckartig zog er die Hand zurück, konnte den Blick jedoch nicht von dieser Frau abwenden, die ihn wie ein verängstigtes Kaninchen ansah. Vermutlich hatte ihr jemand sehr wehgetan, wahrscheinlich der Vater ihres Kindes, der so einfach verschwunden war. War das eine Umschreibung für ‘sitzen lassen’?
    Ihm, Houston Smith, kam das total feige vor. Keine zehn Pferde hätten ihn von einer so schönen Frau wegkriegen können. Sollte ihm der Kerl, der die schwangere Miss Mills sitzen gelassen hatte, eines Tages über den Weg laufen, würde er ihm liebend gern eine Lektion erteilen.
    Je länger er sie mit dem endlich friedlichen Kind in den Armen betrachtete, desto mehr sehnte er sich danach, die Arme um beide zu legen und Carley
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