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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers
Autoren: Johanna Kirchen
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jeder Tür.
    Und ich mittendrin.
    Frechheit.
    „Das Grün beruhigt die Nerven … es macht das Gemüt, wie soll ich sagen … so sanft! Ja, sanft, das ist da richtige Wort”, strahlte er den Wärter an.
    Er lachte und fasste ihn behutsam am Arm. Wie doof dieser Pfleger ist! Wie dumm! Wie einfach es ist, ihn zu verarschen!, freute er sich.
    Schönemann konnte so viel Dummheit um ihn herum kaum ertragen. Aber er musste sich in Geduld üben. Der Gedanke befeuerte Schönmann; ja, ich muss dieses beschissene Spiel mitspielen. Eine Figur sein, mich so benehmen, wie diese Psychofritzen es von mir erwarten. Nur dann komme ich hier raus. Morgen hatte er wieder Therapie.
    Er war gut. So reumütig. So verständnislos ob seiner eigenen Aktion. Er zeigte sich über die Maßen einsichtig und schuldbewusst. Der Professor war begeistert, er würde das Gutachten schreiben.
    Aber jetzt hatte er seinen Besucher zu erfreuen; unbedingt musste er in Erfahrung bringen, ob es endlich Neuigkeiten gäbe.
    Konzentration.
    Mutter, hilf mir, betete er still, und hilf ihm!
    „So, und da wären wir auch schon”, lächelte der Wärter am Ende des Ganges und riss Schönemann aus seinen Gedanken.
    Schönemann strahlte.
    Der Wärter klimperte mit seinem Schlüsselbund, stolz wie eine geschmückte Kuh mit Glocke beim Almabtrieb.
    „Besucherzimmer”, las Schönemann auf dem Türschildchen, als er eintrat.
    „Oh, mein lieber Freund …” Glücklich umarmte er den Mann, der aufgesprungen war, um ihn zu begrüßen. Er ist es also. Das war gut.
    Nervös spielte sein Besucher mit einem Papierkügelchen zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand.
    Schönemann beobachtete jede Bewegung. Nicht das kleinste Detail entging ihm; die Finger seines Gegenübers waren manikürt, die Haut gepflegt und zart. Noch nie etwas Richtiges damit geschafft, dachte Schönemann verächtlich.
    Er lächelte seinen Besuch an und wünschte sich, dass dieser nicht versagt hatte. Er musste ihm nun klarmachen, wie er weiter vorzugehen hatte. Aber dieser blöde Wärter ist viel zu nah! Kein sinnvolles Wort konnte gesprochen werden. Nun halt doch mal die Griffel ruhig, spottete Schönemann ungehört. Die Brille in seinem roten Gesicht rutscht diesem „Schwachmat“ von den vielen Schweißtropfen noch von der Nase, fürchtete er. Kein Wunder, dass der Pfleger sie nicht aus den Augen ließ! Sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass hier was im Busch ist!
    „Und was macht die werte Gattin?”, fragte Schönemann betont freundlich. „Oh, nun, meine liebe Frau, nun ja, sie ist wirklich ganz wunderbar ...”, antwortete sein Besucher stotternd.
    „Sagen Sie, junger Mann”, wandte sich Schönemann an den gelangweilt wirkenden Wärter, „kennen Sie die Gattin meines … ach nein, sie hat mich bislang noch nicht mit ihrem Besuch beehrt ...“ Er räusperte sich kurz. „Hören Sie, mir ist so heiß, und mein Hals fühlt sich ganz trocken an, richtig kratzig. Wenn Sie wohl so gut sein wollen und mir ein Glas Wasser bringen möchten?” Schönemann sah den Pfleger hoffnungsfroh an und rieb sich wie zur Bestätigung seiner Worte mehrfach die Kehle. Er sah dem Pfleger an, wie unangenehm die Situation für ihn war. Unruhig verlagerte er sein Gewicht von einem Bein aufs andere. „Aber Sie wissen, ich darf Sie eigentlich nicht ...” „Allein lassen?”, vollendete Schönemann den Satz. Er lachte herzlich und wies mit der Hand auf seinen Besucher. Fast unmerklich ließ er dabei seine Hand zittern, wirkte alt und gebrechlich. „Sie passen doch so lang auf mich auf! Nicht wahr, mein lieber Freund?”
    „Na gut”, stammelte der Pfleger endlich. „Bin sofort zurück.” Eilig verließ er den Raum.
    Mit dem Schließen der Tür fiel das Lachen von Schönemanns Gesicht wie das Fallbeil einer Guillotine. Er beugte seinen Kopf so nah an die Augen des anderen Mannes, dass dieser nur noch dunkle Flecken vor sich sah. „Wir haben höchstens drei Minuten.” Die Stimme von Schönemann klang dunkel und hart. Mitleidlos und ehrlich. Seine echte Stimme war ihm selbst fremd geworden. Wie lang habe ich die nicht mehr benutzt?, fragte er sich. Nicht mehr, seit man mich in diese Irrenanstalt gesteckt hat.
    „Also, waren Sie erfolgreich?”, kam er ohne Umschweife auf den Punkt.
    „Nun ja”, stammelte der Mann, „noch nicht so ganz ...”
    „Jetzt rede endlich!”, schrie Schönemann und hielt sich sogleich erschrocken die Hand vor den Mund.
    Sein Besucher schluckte. „Ich kenne nun den
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