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Das Erbe des Zitronenkraemers

Das Erbe des Zitronenkraemers

Titel: Das Erbe des Zitronenkraemers
Autoren: Johanna Kirchen
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Berührung mit nur irgendetwas kam. Andreas hielt dem Schmerz stand, lieferte sich der Berührung aus. Scharf sog er die Luft ein. „Sag, Bruder, warum hast du ihm nicht einfach gegeben, was ihm gehört hat? Habgier? Stolz?”
    Andreas nahm den Stumpf langsam herunter. „Dann wäre das alles nicht passiert“, flüsterte er und griff nach seiner Aktentasche.
    Er würde Claire alles zeigen, was er in Bernds Keller gefunden hatte. Sie würden es besprechen müssen. Mit einem letzten Blick auf das Lächeln des Bruders schlich sich Andreas zurück zur Haustür. Den Handschuh ließ er auf dem Boden liegen.
    *
    „Wir müssen über Bernd reden.“ Andreas kauerte sich tief in den weißen Ledersessel und schloss die Augen. „Wir müssen über Klinsmann, ich meine Schönemann, sprechen.“
    Claire trat zögerlich auf ihn zu. Sie traute sich nicht, ihn zu berühren, ihn anzufassen. Sie wollte es so gern. Ihn in den Arm nehmen, ihn an sich drücken wie ein Kind. Aber er war so verschlossen, war so abwehrend. Claire stockte. Sie sah ein in sich zusammengesunkenes Häufchen Elend. Wo ist mein Mann geblieben?
    Was hat dieser verdammte Schönemann bloß aus ihm gemacht?
    Augenblicklich durchströmte Claire eine unsagbare Wut. Nicht nur Bernd war von diesem Verbrecher getötet worden, er hatte auch Andreas getötet und auch ihr eigenes Leben damit zerstört. Nichts war mehr wie früher, nichts würde mehr so sein, wie es einst gewesen war.
    Schönemann, dieses Arschloch, dieser Dreckskerl, dieser Ausbund der Hölle.
    Er saß in der Klinik. Er war das Opfer, er bekam Hilfe, Therapie, Verständnis, Entgegenkommen und Zuwendung. Andreas und sie, sie waren allein!
    „Schönemann war im Recht.“
    „Bitte was?“ Claires Atem setzte aus, alles in ihrem Körper rebellierte. Was?
    Hatte Andreas diese Worte wirklich von sich gegeben?
    „Was hast du gesagt?“, flüsterte Claire kaum hörbar.
    Andreas sah zu ihr auf. Endlich sah er ihr in die Augen. Lange hatte er das nicht mehr getan. Mit fester Stimme sprach Andreas Steinmetz, einer Stimme, die Claire in den letzten sechs Monaten nicht mehr gehört hatte. „Bernd war im Unrecht. Ihm habe ich diesen Stummel zu verdanken.“ Er hielt Claire den Armstumpf vors Gesicht. „Dieser alte Schmuck gehörte ihm. Alles, worauf unsere Dynastie aufgebaut ist, gehörte ihm. Seinem Vorfahr natürlich, aber damit eben auch letztlich ihm.“
    Claire traute ihren Ohren kaum. Was faselt Andreas da?
    Jetzt ist er wohl vollkommen durchgeknallt. Vielleicht seine Art, mit all dem fertigzuwerden. Sprachlos stierte sie ihn an, nicht fähig, auch nur einen Mucks von sich zu geben.
    Beherzt erhob sich Andreas aus seinem bequemen Sessel und stellte sich vor ihr auf. „Wir müssen diesen verfluchten alten Schmuck finden, bitte kontaktiere gleich morgen unsere Anwälte. Ich will … Bernds Erbe nun doch. Und dann werde ich Schönemann zurückgeben, was ihm gehört.“
    Mit einem Mal sah Andreas hoffnungsfroh in die Augen seiner Frau. „Vielleicht kann ich ja dann meinen Frieden finden.“
     

Kapitel 7
     
    Zumindest einmal während des Herbstes war die Pilzsuche einfach Pflicht. Auch in diesem Jahr, trotz allem. Auch wenn die fortgeschrittene Jahreszeit auf keine gute Beute hoffen ließ.
    Dabei wurde sogar in Anne ein gewisses Jagdfieber lebendig.
    Bewaffnet mit Korb und Taschenmesser streifte sie also zusammen mit Hannes durch dessen Revier.
    Im letzten Jahr waren sie auf der kleinen Waldlichtung, direkt am Rand des Weges, der zum Sauerbrunnen hinabführte, fündig geworden.
    Anne hatte es nur auf eine Sorte abgesehen: Steinpilze.
    Hannes hingegen verschmähte nichts; als absoluter Naturmensch mochte er so gut wie alles von dem, was der Wald hergab. Er hatte schon einige Schopftintlinge in seinem Korb verstaut und wusste, dass Steinpilze häufig in deren Nachbarschaft zu finden waren.
    Maronen, Fette Henne, Pfifferlinge, Parasole waren für ihn Delikatessen.
    Die meisten dieser Früchte der Heimat fand Anne allerdings für ihren Geschmack eindeutig zu schleimig.
    Außerdem gedachte sie, etwas richtig Gutes zu kochen.
    Schließlich hatten sie Claire und Andreas schon seit geraumer Zeit nicht gesehen. Die beiden hatten sich für den heutigen Abend sozusagen selbst eingeladen.
    Anne war gespannt, wie es Andreas ging und was das Düsseldorfer Millionärspärchen alles zu erzählen hatte. Hannes freute sich besonders auf Claire.
    Also hatte Anne sich für Rehfilet in Steinpilzsoße entschieden. Alles frisch,
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