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Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2

Titel: Das Erbe - Das Tal - Season 2 ; Bd. 2
Autoren: Arena
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an. Er lächelte. Es war klar, was er mir sagen wollte.
    Ja, wir waren die Statisten.
    Und der Kasten – die Bombe – war bloß Requisite.
    Langsam, ganz langsam wandte ich meinen Blick Tom zu. Er stand mir jetzt gegenüber. Sein Gesicht zu einer Grimasse verzogen, und es war eine Grimasse, wie ich sie zuvor noch nicht gesehen hatte.
    Sie drückte Verblüffung aus. Ungläubigkeit. Wut.
    Ich hätte schwören können, dass Tom von dem Lauf der Ereignisse ebenso überrascht war wie wir.
    Ich blickte weiter in sein Gesicht und plötzlich sah ich das Gesicht von Jacob. Die gleiche Grimasse hatte er gezogen, als er mir entgegengestarrt hatte, während ich mich verzweifelt an die Tür klammerte. Eingesperrt im Schrank des Chemiesaals. Es war … spacig. Aber die Ähnlichkeit war frappierend. Ich konnte sogar die Narbe an seiner linken Wange erkennen. Sie stammte aus der Zeit, als Jacob den Weg der Waffen bereits gewählt hatte. Wir hatten das damals nicht wahrhaben wollen, weder ich noch meine Eltern, von den Lehrern ganz zu schweigen. Alle hatten wir versagt.
    »Er hat mir den Auftrag gegeben«, flüsterte Tom und auch jetzt hörte ich Jacob. »Er hat mir den Auftrag gegeben, er hat mir Hoffnung gemacht.«
    Wer? Von wem sprach Tom. Wer war er?
    Jacob? Jacob, der ihm Briefe geschrieben hatte?
    Ich konnte das nicht glauben.
    Ich spürte das kalte Metall der Waffe in meinen Händen. Mein Finger lag auf dem Abzug. Ich hätte ihn erschießen können, aber ich zögerte. Was mich davon abhielt? Alles, was ich war. Alles, was mich zu dem gemacht hatte, wer ich war.
    Ich hatte so viele Fragen. Zum Beispiel, wieso er Briefkontakt mit Jacob hatte? Warum es ihm so wichtig war, dass ich meine Geschichte erzählte?
    Ich will deine Seele, hatte Tom gesagt. Wollte Jacob meine Seele? Aber was, verdammt noch mal, wollte er damit? Er hatte sie doch schon längst zerstört. Oder – in mir blitzte ein neuer Gedanke auf, erst abwegig, dann ungeheuer logisch – wollte er mich genau an diesen Punkt bringen? An den Punkt, wo ich Leben zerstören musste, um ein anderes zu retten? Wollte er, dass ich fühlte, wie es war, einen Menschen zu töten?
    »David?« Die Stimme aus dem Lautsprecher kehrte zurück. Sie klang sanft. »Können Sie mich hören? Legen Sie die Waffe beiseite. Es ist vorbei.«
    Natürlich. Sie konnten uns sehen. Uns beobachten wie Ratten in einem Labyrinth. Vermutlich versuchte die Psychologin, mir zu Hilfe zu kommen. Mir die Entscheidung abzunehmen. Aber genau das wollte ich nicht. Und musste ich auch nicht.
    »Gene sind nicht alles«, sagte ich. »Sie entscheiden nicht über das, was wir tun. Sie sind nur Biologie. Chemie. Ich tue dir nicht den Gefallen, Tom.«
    »Welchen Gefallen?« Er stand da wie eine Marionette, deren Fäden jemand durchgeschnitten hatte. Ohne die Macht, die ihn getrieben hatte, ohne seine Waffen, war er nichts.
    »Den Gefallen, dich zu erschießen.«
    »Wer sagt, dass ich das will?« Plötzlich kam wieder Leben in ihn, aber seine Stimme klang so hysterisch, dass mir klar wurde, er spielte keine Rolle mehr. Das erste Mal an diesem langen Tag zeigte Tom sein wahres Gesicht. »Dieser Film geht anders aus«, kreischte er. »Ich habe das Drehbuch geschrieben. Ich habe es wochenlang geprobt. Bin in die Wälder gegangen, um Schießübungen zu machen. Ich habe all das geträumt. Nein, nicht geträumt. Ich habe es gesehen. Ich hörte eine Explosion und sah Flammen. Menschen schrien. Sirenen. Ich bin ein Meister des Kopfkinos …«, er zuckte zusammen und seine Lider flatterten, als seine Stimme sich zu einem Flüstern senkte. »Ich imitiere Seelen. Deine Seele. Jacobs Seele. Ich trage euch beide in mir. Die helle und die dunkle Seite der Planeten.«
    Kalter Schweiß lief mir den Rücken hinunter.
    »Ja, ich habe all das gesehen«, wiederholte Tom und plötzlich war seine Stimme wieder klar. »Und daher weiß ich, dass es noch nicht vorbei ist.«
    Er stand jetzt wieder an seinem alten Platz am Fenster. Und bis auf Chris und Julia, die vorne auf dem Boden lagen, hatten sich alle auf die andere Seite des Raums Richtung Tür zurückgezogen. Ich machte rückwärts einige Schritte in ihre Richtung.
    »Ich habe immer noch die Macht«, sagte Tom und in seiner Stimme lag dieselbe Herausforderung, die ich damals in Jacobs Blick gesehen hatte. »Ich bin nicht derjenige hier, der stirbt.«
    Es war die Gelegenheit. Ich musste schießen.
    Und ich tat es auch. Zumindest glaubte ich es. Und fürchtete es zugleich.
    Das Getöse
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