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Das elfte Gebot

Das elfte Gebot

Titel: Das elfte Gebot
Autoren: Lester del Rey
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eigenmächtig zum Papst erklärte. In Europa traten ebenso die wenigen überlebenden Kardinäle zusammen und wählten einen aus ihrer Mitte zum Papst. Bonaforte wurde wegen verschiedener Verstöße gegen Verfahrensfragen zum Ketzer erklärt.
    Mittlerweile war Bonaforte zur stärksten Kraft Amerikas geworden. Er war es gewesen, der unmittelbar nach dem Holocaust die Initiative ergriffen hatte, und ihm war wenig Widerstand entgegengesetzt worden. Obendrein verfügte er in hohem Maß über die Fähigkeit, Andersmeinende zu überzeugen. Die Protestanten beispielsweise waren zum damaligen Zeitpunkt recht verbreitet gewesen, aber viele davon liefen, indem er die von ihnen benutzte Bibelübersetzung von King James anerkannte, zu ihm über. Innerhalb von knapp zwanzig Jahren hatte er es geschafft, mehr als neunzig Prozent der nordamerikanischen Bevölkerung zu Anhängern seiner Amerikanischen Eklektischen Kirche zu machen. Um unliebsame Assoziationen mit den Anfangsbuchstaben AEK – zuvor Abkürzung für die Atomenergiekommission des Weltsicherheitsrats – zu vermeiden, benannte er sie später in Amerikanische Katholische Eklektische Kirche um, häufig auch als „Apostolische Kirche des Elften Gebots“ bezeichnet.
    „Moment mal“, fragte Boyd überrascht. „Bisher dachte ich immer, es gäbe nur zehn Gebote.“
    „Schon wahr. Gott übergab Moses zehn Gebote für die Juden“, erwiderte Gordini, „die für die ganze Menschheit Gültigkeit haben. Wir hingegen sagen, daß darüber hinaus Gottvater Adam der gesamten Menschheit das elfte Gebot auftrug – welches eigentlich das Ursprüngliche genannt zu werden verdient –, das da lautet: Seid fruchtbar und mehret euch und machet euch die Erde Untertan! In ihm liegt die Grundlage unseres Erfolgs.“
    Bonaforte war offenbar in der Frage des Verstoßes gegen das Gebot, die Ehe nicht zu brechen, ein besonderer Fanatiker gewesen, obwohl es davor lange geringgeschätzt wurde. In dieser Zeit jedoch bedurfte das dezimierte Volk dringend der Vermehrung, und so hatten die Menschen es Wiederaufleben lassen. Die neue Kirche hingegen machte es zur Grundlage ihres Glaubens. Flankierend unterstützt wurde es durch streng durchgeführte Maßnahmen gegen jegliche Form der Empfängnisverhütung, gegen die die Frommen ohnehin seit alters her gewesen waren.
    Es bestünde bis heute kein Anzeichen des Nachlassens im Glauben an das elfte Gebot.
    Eine Zeitlang hatte der Mars wegen der Strahlengefahr und der Auffassung, daß die Erde nichts mehr zu bieten hätte, eine abwartende Haltung eingenommen. Dann entdeckte man, daß die große Bevölkerungszahl auf der Erde unausweichlich Erfindungen und Entdeckungen zur Folge haben mußte. Also stellte man die Verbindung wieder her und setzte einen Erfahrungsaustausch in Gang. Hauptsächlich aber warben sie Wissenschaftler mit dem Argument der besseren Möglichkeit zum Mars ab. Sie rückten sogar von ihrer fanatischen Auffassung einer physischen und geistigen Überlegenheit ab, um sie zum Wechsel zum Mars zu bewegen. Vor genau hundert Jahren aber führten sie einen strikten Einwanderungsstopp ein, womit fortan jedem Erdenmenschen der Zugang zum Mars verwehrt war. Übrig blieb nur noch ein vereinzelter Austausch an irdischen biologischen Präparaten und seltenen Mineralien gegen technische Güter vom Mars, der mittels Raumschiffen, die ungefähr einmal alle halbe Jahr auf kurzfristige Ankündigung hin hier eintreffen, aufrechterhalten wurde. Kontakte anderer Art gab es nicht.
    „Wir glauben, daß die Marssiedler von der Entdeckung verschiedentlich auftretender rezessiver Mutationen unter den nach der Atomkatastrophe Abgeworbenen in Schrecken versetzt wurden“, schloß Gordini. „Gehörte nicht auch Ihr Großvater zu denjenigen, die zum damaligen Zeitpunkt die Erde verließen?“
    Boyd fühlte es auf diese Andeutung hin heiß in sich aufsteigen, wurde aber einer Antwort durch den Eintritt eines kleingewachsenen, fettleibigen Mannes enthoben. Boyd nur eines flüchtigen Blickes würdigend, wandte er sich lächelnd an Gordini.
    „Ich glaube, ich habe etwas gefunden“, verkündete er. „Göttliche Fürsorge, steht zu hoffen. John, kann der Mann lesen und schreiben und mit unseren Maßeinheiten umgehen?“
    „Fragen Sie ihn selbst“, empfahl Gordini. „Boyd, darf ich Ihnen unseren Bischof O’Neill vorstellen? Während ich für Sie nichts anderes tun konnte, als mich mit Ihnen zu unterhalten, hat er unterdessen sich angestrengt um Ihre Zukunft
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