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Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Titel: Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)
Autoren: Achim Peters
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Übergewicht führen, besser zu erforschen und neu zu bewerten. Ein wichtiger Fingerzeig dafür sind neue Forschungsergebnisse, die belegen, dass vermehrte Nahrungsaufnahme letztlich nichts anderes als eine Notlösung des Gehirns ist, das sich in einer Energiekrise befindet. Welche Rolle Stress dabei spielt, was das für Fragen der Ernährung, für Diäten, für die Richtigkeit von Therapien bei Übergewicht und Diabetes, ja sogar für die Erziehung unserer Kinder bedeutet, darum geht es in diesem Buch. Und um die Erkenntnis, dass diese neue wissenschaftliche Sicht herkömmliche Denkansätze zur Entstehung von Übergewicht, die auf »Lustgewinn« und »Schuldzuweisung« beruhen, endlich überflüssig macht.
    Das Gehirn auf der Waage

    Als selbstkritischer Wissenschaftler setzte sich Jean Mayer immer wieder mit experimentellen Ergebnissen auseinander, die nicht zu seinem Konzept passten. Interessanterweise hätte er die Chance gehabt, eine der entscheidenden Lücken zu schließen, die sowohl in der Glukostatischen wie auch in der Lipostatischen Theorie vorhanden waren, und damit sein Konzept entscheidend zu erweitern und zu verbessern. Denn schon 1921 hatte Marie Krieger, eine Pathologin aus Jena, eine Studie veröffentlicht, die in Mayers Theorie zu einem wichtigen Grundpfeiler hätte werden können. Mayer könnten ihre Arbeiten vorgelegen haben. Umso mehr, da sein Vater und Kriegers Doktorvater, Robert Rössle aus Berlin, die berühmtesten Physiologen ihrer Zeit waren und sicherlich die Arbeiten des jeweils anderen kannten. Jedenfalls hat Mayer die Studie nie in einer seiner Publikationen erwähnt. Was Marie Krieger vor über neunzig Jahren herausfand, können wir also erst heute bewerten: als einen Meilenstein in der Erforschung der Frage, welchen Einfluss der Energiebedarf des Gehirns auf unser Körpergewicht hat.
    Frühjahr 1917: Über zehn Millionen deutsche Soldaten führen einen Zweifrontenkrieg – im Westen gegen Frankreich und seine Verbündeten England und die USA , im Osten gegen das zerfallende russische Reich. Nicht nur für die Soldaten, auch für die Zivilbevölkerung hat der lange, zermürbende Krieg fatale Folgen. Aufgrund der Kontinentalblockade der Alliierten wird die Versorgungslage in Deutschland immer schwieriger. Es fehlt an Brennstoffen, Medikamenten und vor allem an Nahrungsmitteln. Im sogenannten Steckrübenwinter des Jahres 1916/17 spitzt sich die Situation dramatisch zu. Viele Menschen sind chronisch unterernährt und gesundheitlich geschwächt. Typhus, Ruhr und Tuberkulose breiten sich aus.
    Im Pathologischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität in Jena werden täglich Opfer der tödlichen Entbehrungen eingeliefert. Die von Krankheit und Hunger ausgemergelten Körper werden dem Institut zu Forschungszwecken überstellt. Im Keller des Gebäudes arbeitet Marie Krieger als junge Doktorandin. »Über die Atrophie der menschlichen Organe bei Inanition« lautet der Titel ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Atrophie bezeichnet den Gewebeschwund des Körpers und seiner Organe. Die Ursache dafür nennt das zweite medizinische Fachwort im Titel: Inanition. Darunter verstehen Mediziner die Abmagerung des Körpers auf ein extremes Maß unterhalb des Normalgewichts. Die Körper, die Marie Krieger untersucht, unterschreiten diesen Wert deutlich. Einige der Leichname weisen bis zu 45 Prozent Gewichtsverlust auf. Die Ursachen dafür sind vielfältig, wenngleich alle mit den Folgen des Krieges in Zusammenhang stehen: psychische Erkrankungen, die zu massiven Essstörungen führten, Ruhrfälle, wodurch die Nahrungsaufnahme der Kranken zum Erliegen kam, vor allem aber extreme Mangelversorgung bei jungen Soldaten.
    Für die Medizinerin wird diese Jahrhundertkatastrophe zur wissenschaftlichen Chance, niemand hat bislang die organischen Folgen von Hunger und Auszehrung beim Menschen dokumentiert. Ausgangspunkte von Kriegers Untersuchungen sind ganz einfache Fragen: Wenn unser Körper abnimmt – durch Hungern oder Fasten –, schrumpfen dann nicht nur Muskeln und Fett, sondern auch die inneren Organe? Und wenn ja, trifft das auf alle Organe zu?
    Um diese Fragen beantworten zu können, ermittelte die Wissenschaftlerin zunächst die Durchschnittsgewichte der inneren Organe normal ernährter Männer und Frauen. Für die Leber zum Beispiel notierte sie: »Beim gesunden Erwachsenen im normalen Ernährungszustand macht die Leber 2,69 Prozent des Körpergewichts aus – sie wiegt zwischen 1592 und 1659 Gramm.«
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