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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften
Autoren: Jules Verne
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Kugeln doch von der rauhen Haut der Pachydermen wie vom Panzer eines Alligators abprallten.
    »Kommen Sie! Schnell, schnell!« wiederholte Khamis.
    Noch in dem Augenblicke, wo die Tamarinde gerade am heftigsten geschüttelt wurde, gelang es dem Foreloper, einen starken Zweig des Baumes zu packen, worauf Max Huber, John Cort und Llanga Zuflucht gefunden hatten. Dieser Baum war vorläufig weniger bedroht als der andere, gegen den sich die Wuth der Thiere richtete.
    »Und Urdax? fragte John Cort besorgt.
    – Er wollte mir nicht nachfolgen, erklärte der Foreloper, er weiß nicht mehr, was er thut…
    – Der Unglückliche wird hinunterstürzen!
    – Wir dürfen ihn nicht da drüben lassen, sagte Max Huber.
    – Müssen ihn auch wider seinen Willen zu uns herüberziehen, setzte John Cort hinzu.
    – Zu spät!« rief Khamis.
    In der That war es schon zu spät. Noch einmal krachte der andere Baum von der Wurzel bis zum Wipfel, dann senkte er sich ächzend zur Erde.
    Was dabei aus dem Portugiesen wurde, konnten seine Gefährten nicht sehen; sein Schmerzgeschrei verrieth, daß er unter die Füße der Elefanten gekommen war, und da es sehr bald verstummte, ließ sich vermuthen, daß es mit ihm zu Ende sei.
    »Der unglückliche, arme Mann! murmelte John Cort.
    – Nun kommt die Reihe gleich an uns, sagte Khamis.
    – Das wäre recht bedauerlich! bemerkte Max Huber sehr kühl.
    – Noch einmal, lieber Freund, auch hierin bin ich Deiner Ansicht,« erklärte John Cort.
    Was nun?… Die den Hügel bestürmenden Elefanten rüttelten jetzt auch an den anderen Bäumen, die sich wie vor einem Sturmwinde bewegten. War Urdaxens schreckliches Ende nicht auch den anderen bescheert, die ihn vielleicht nur um wenige Minuten überlebten?… Gab es für sie eine Möglichkeit, von der Tamarinde zu entkommen, bevor diese umstürzte?… Und wenn sie es wagten, hinabzuklimmen und nach der Ebene hinaus zu entfliehen, würden sie der Verfolgung der wüthenden Herde entgehen… den Wald noch rechtzeitig erreichen?… Bot ihnen dieser dann hinreichende Sicherheit?… Und wenn die Elefanten sie wirklich nicht verfolgten, wären sie diesen dann nicht nur entgangen, um den nicht minder wilden Eingebornen in die Hände zu fallen?…
    War aber überhaupt noch die Möglichkeit gegeben, hinter dem Waldrande Schutz zu finden, so mußte sie wenigstens ohne Zögern ausgenutzt werden. Die vernünftige Ueberlegung verlangte, eine ungewisse Gefahr der gewissen vorzuziehen.
    Der Baum schwankte immer heftiger, und bei einer solchen Schwankung konnten sogar mehrere Rüssel die tieferen Aeste packen. Der Foreloper und die anderen waren nahe daran, ihren Halt zu verlieren, so furchtbar wurden die Stöße. In seiner Sorge um Llanga legte Max Huber seinen linken Arm um diesen und hielt sich nur noch mit der Rechten fest. In der nächsten Minute schon mußten jetzt die Wurzeln des Baumes nachgeben oder dessen Stamm brechen. Der Sturz der Tamarinde bedeutete aber den Tod derer, die sich in ihre Krone geflüchtet hatten, und bedrohte sie, ebenso wie Urdax zertreten zu werden.
    Unter den gewaltsamen, häufigen Stößen gaben endlich die Wurzeln nach, der Erdboden darüber hob sich und der Baum legte sich mehr langsam auf die Erde, als daß er plötzlich umstürzte.
    »Nach dem Walde!… Nach dem Walde!« rief Khamis.
    An der Seite, wo das Geäst der Tamarinde den Boden berührt hatte, waren die Elefanten ein wenig zurückgewichen und hatten damit das Feld freigegeben. Sofort war der Foreloper auf dem Boden, und die anderen, die seinen Ruf vernommen hatten, folgten ihm auf dem Fuße nach. Alle drei wandten sich eiligst zur Flucht.
    Zu Anfang hatten die Thiere, die in ihrer Wuth die noch stehenden Bäume angriffen, die Flüchtlinge nicht bemerkt. Max Huber lief, Llanga unter dem Arme haltend, was ihm die Kräfte gestatteten. John Cort hielt sich ihm zur Seite, bereit, ihm seine Last abzunehmen, doch auch bereit, den ersten von der Herde, der ihm in Schußweite käme, mit einer Kugel zu begrüßen.
    Der Foreloper, John Cort und Max Huber hatten kaum einen halben Kilometer zurückgelegt, als etwa zehn Elefanten, die sich von der Herde getrennt hatten, ihre Verfolgung aufnahmen.
    »Muth… Muth! ermahnte Khamis. Suchen wir unseren Vorsprung zu behalten – wir kommen noch an’s Ziel!«
    Ja, vielleicht, dann durfte aber niemand im Laufe nachlassen. Llanga mochte es wohl fühlen, daß Max Huber die Kräfte allmählich schwanden.
    »Mich loslassen… Freund Max… mich
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