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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Autoren: J.R.R. Tolkien
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Der Fall von Gondolin und Die Geschichte des Nauglafring (das Halsband der Zwerge); Entwürfe für Die Geschichte von Earendel und den Schluss des Werkes; und Ælfwine aus England .

I. DIE HÜTTE
DES VERGESSENEN SPIELS

    A uf den Umschlag eines der inzwischen arg beschädigten »Hochschul-Übungsbücher«, in denen einige der Verschollenen Geschichten notiert wurden, schrieb mein Vater: Die Hütte des Vergessenen schichten Spiels, der Beginn [vom] Buch der Verschollenen Geschichten; ferner finden sich auf dem Umschlag, von der Hand meiner Mutter, ihre Initialen, E.M.T., und ein Datum: 12. Februar 1917. In diesem Übungsbuch hat meine Mutter die Erzählung ins Reine geschrieben; es ist die saubere Abschrift eines sehr flüchtigen, mit Bleistift ausgeführten Manuskripts meines Vaters, dessen lose Blätter in das Übungsbuch eingelegt waren. Daher könnte (was wenig wahrscheinlich ist) das Entstehungsdatum der Geschichte vor dem Winter 1916/17 liegen. Die Abschrift folgt sorgfältig dem Originaltext; einige zusätzliche Änderungen meist unwesentlicher Art (außer den Eigennamen) wurden in die Abschrift eingefügt. Der Text erscheint hier in seiner endgültigen Fassung.
    Nun aber geschah es zu einer bestimmten Zeit, dass ein Reisender aus fernen Landen, ein Mann von ungemeiner Entdeckerlust, da er begierig war nach fremden Ländern und dem Leben und Treiben ungewöhnlichen Volks, von einem Schiff so weit in den Westen getragen wurde, dass er zur Einsamen Insel kam, Tol Eressea in der Feensprache, welche die Gnomen 1 jedoch Dor Faidwen nennen, das Land der Erlösung, und eine wunderbare Geschichte ist damit verknüpft.
    Nun aber kam er eines Tages nach langem Wandern, als dieabendlichen Lichter in manch einem Fenster entzündet wurden, an den Fuß eines Hügels in einer weiten waldigen Ebene. Er befand sich nun beinahe in der Mitte dieser großen Insel, und viele Tage war er über ihre Straßen gewandert, und immer zur Nacht hatte er haltgemacht, auf welche Siedlung des Volks er auch stoßen mochte, ob Weiler oder freundliche Stadt, gegen die abendliche Stunde, in der die Kerzen angezündet werden. Nun ist freilich um diese Tageszeit das Verlangen, Neues zu sehen, am geringsten, sogar bei einem, der im Herzen ein Forschungsreisender ist; denn dann richtet sogar ein Sohn Earendels, wie dieser Wandersmann es war, seine Gedanken eher auf Abendessen und Rast und das Geschichtenerzählen vor der Schlafenszeit.
    Nun, als er am Fuß des Hügels stand, erhob sich eine schwache Brise, und dann flog ein Schwarm Krähen im klaren Abendlicht über ihn hinweg. Schon war die Sonne hinter dem Geäst der Ulmenwälder versunken, welche die Ebene bis zum Horizont bedeckten, und ihre letzten goldenen Strahlen waren bereits durch das Blattwerk gesickert und über die Lichtungen geglitten, um unter den Wurzeln zu ruhen und bis zum Morgen zu träumen.
    Nun gemahnten ihn die Krähenschreie in den Lüften zur Einkehr, und mit einer raschen Wende gelangten sie zu ihren Horsten in den Wipfeln einiger hoher Ulmen, die auf der Kuppe dieses Hügels standen. Da nun dachte Eriol (denn so nannte ihn das Inselvolk später, und es bedeutet »Einer, der für sich träumt«; doch von seinen früheren Namen spricht die Geschichte an keiner Stelle): »Die Stunde der Rast ist gekommen, und obwohl ich nicht einmal den Namen dieser Stadt kenne, die mir auf dem Hügel so freundlich erscheint, so will ich doch dort Ruhe und Herberge suchen und nicht vor morgen weiterwandern, ja vielleicht noch nicht einmal dann, denn schönerscheint sie mir, und Wohlgeruch umweht sie. Mich dünkt, der Hauch vieler alter Geheimnisse liegt über ihr, wunderbarer und prächtiger Dinge, die sie in ihren Schatzkammern, in edlen Plätzen birgt und in den Herzen derer, die in ihren Mauern wohnen.«
    Nun näherte sich von Süden Eriol, und eine gerade Straße lief vor ihm her, auf der einen Seite gesäumt von einer mächtigen Mauer aus grauem Stein, auf deren Krone viele Blumen wuchsen oder die hier und da von großen dunklen Eiben überwölbt wurde. Er konnte, als er die Straße hinaufstieg, durch ihr Geäst die ersten Sterne hindurchscheinen sehen, so wie er es später in dem Lied besang, das er für diese schöne Stadt ersann.
    Nun war er auf der Bergkuppe inmitten der Häuser angelangt, wandte sich, seine Schritte dem Zufall überlassend, zur Seite und ging eine gewundene Gasse hinab, bis nach wenigen Schritten am westlichen Hang sein Blick von einem winzigen Haus gefesselt wurde,
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