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Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)

Titel: Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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Ernst… Geben Sie acht auf sich?«
    » Oh, machen Sie sich keine Sorgen um mich«, sagte Sophie. » Ich komme zurecht.« Sie war froh, dass keiner ihrer Verwandten dabei war, um sie zu korrigieren.
    Im Auto zog wieder ein Krampf fächerförmig über Kreuz und Bauch. Zehn Minuten später raubte ihr sein Echo noch einmal den Atem, aber sie holte Toby und Leo aus der Vorschule und dann Charlie aus dem benachbarten Kindergarten, als wäre nichts weiter. Zu Hause lag die Post in der Diele verstreut. Mit einem wackligen Plié bückte sie sich, um sie aufzuheben. Sie legte Rechnungen und Bankauszüge auf das Sideboard und blieb stehen, um den letzten Brief zu betrachten. Der Umschlag war dick und steif wie bei einer Grußkarte. Von wem mochte er sein? Es war noch zu früh, sowohl für Glückwünsche als auch für Beleidsbekundungen. Der Lärm von drei kleinen Jungen, die einander prügelten, übertönte den Fernseher und ihre Gedanken. Sie legte den Brief beiseite, krempelte die Ärmel hoch und schickte sich an, den Schiedsrichter zu spielen.
    Jungen, Abendbrot, Bett. Ehemann, Essen, Sofa. Als es zehn Uhr geworden war, konnte Sophie nicht länger so tun, als sei dies ein Probelauf. Es waren Wehen, und es ging damit viel schneller voran als bei ihren früheren Geburten. Zu Will sagte sie nichts. Er fläzte sich vor dem Fernseher und sah Newsnight , einen Brandy in der Hand, die langen Beine, immer noch in Nadelstreifen, von sich gestreckt. Müde sah er aus. Er hatte sich am Morgen rasiert, aber auf seinen Wangen lag ein blauschwarzer Schatten wie Staub. Er hatte ebenfalls eine lange Nacht vor sich, und sie wusste, er war leichter zu beherrschen, wenn die Aussicht auf die bevorstehende Vaterschaft ihn noch nicht mit Adrenalin versorgt hatte. Während er fernsah, tappte sie im Haus umher und schaltete alle bis auf die kleinsten, sanftesten Lichter aus. Im Halbdunkeln fühlte sie sich geschützt. Einatmen, ausatmen. Kein Schmerz, sondern ein Gefühl .
    Sie räumte den bereits aufgeräumten Schreibtisch auf, der ihr schon als Teenager gehört hatte und jetzt als Telefontisch diente, und sah Briefe durch, Briefe über Sporttage, Elternabende, Schulmützen. Die alten zerknüllte sie, die anderen, noch aktuellen, strich sie glatt. Sie strich mit der Fingerspitze über den Buchstaben D, ein neues Graffito in der Tischplatte, Künstler unbekannt, und schob die Reihe der Bücher gerade, die an der Tischkante standen, Bücher, an denen sie in dem kurzen Leben zwischen dem Abschied von der einen Familie und der Erschaffung der anderen geschrieben hatte. Eine Sekunde lang wünschte sie sich zurück nach London– kinderlos, erfolgreich und mit unsterblichen Eltern.
    Das Schrillen des Telefons riss sie in die Gegenwart zurück.
    » Sie ist immer noch unverändert«, sagte Tara. » Redet immer noch Unsinn… Okay. Ich gehe nach Hause, um ein paar Stunden zu schlafen und nach Jake zu sehen. Morgen früh bin ich wieder da. Dad schläft heute Nacht dort, damit sie nicht allein ist.«
    » Gibt’s was Neues?«, rief Will. Das war der anerkannte Euphemismus für: » Ist sie jetzt tot?«
    » Keine Veränderung.«
    Er klopfte mit der flachen Hand neben sich auf das Sofa und streckte ihr die Arme entgegen. Sie sehnte sich nach seiner Umarmung, aber sie zögerte, zu ihm zu gehen. Ohne Abstand würde er gleich wissen, dass das Kind unterwegs war, und dann würde sie selbst die Augen nicht länger davor verschließen können.
    Der ungeöffnete Brief fiel ihr wieder ein. Sie wühlte in der Schreibtischschublade nach ihrem Brieföffner, einem kleinen Dolch, der ihrer Großmutter gehört hatte. Sie schlitzte das Papier auf und fand keine Grußkarte, sondern ein paar hochglänzende Schwarz-Weiß-Fotos. Die ersten beiden waren verschwommen; sie erkannte menschliche Gestalten, umrahmt von einem Fenster, aber nicht viel mehr. Sie schaltete die Deckenlampe ein. Jedes Bild in der Reihe war klarer als das vorige, als habe der Fotograf sich seinem Motiv jedes Mal um einen Schritt genähert oder als habe er ein Stück weiter herangezoomt. Als Sophie beim fünften und letzten Bild angekommen war, sah sie zumindest eine der Gestalten nicht mehr verschwommen, sondern in beweiskräftiger Schärfe, und das Gesicht war so erkennbar wie bekannt. Nein. Nein. Nein, nein, nein . Sie starrte das Foto an und hoffte, es werde sich irgendwie in etwas Schönes verwandeln, in ein Meerespanorama, ein Familienporträt, einen blühenden Baum. Erst dann erkannte sie das Datum,
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