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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt
Autoren: Terry Pratchett
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ist ein aus Ingenieurswesen und Physik entlehntes Konzept, ein Maß dafür, wie viel man bei einem bestimmten Aufwand herausbekommt. Feldwebel sind in gewisser Hinsicht die am wenigsten effiziente Methode, etwas erledigen zu lassen; sie neigen zu Wiederholung und zu Sarkasmus und vertrauen darauf, dass einige wenige von ihren Rekruten von der Grundausbildung zu einem gewissen Grad von Fähigkeit fortschreiten werden. Aber Feldwebel sind sehr wirksam, und das System, zu dem sie gehören, ist sehr robust.
    Darwin und Wallace, Spencer und Wells sind alle aus einem System hervorgegangen, das auf seine Weise sehr robust war. So verschieden sie waren, wussten sie doch alle, dass Bücherschreiben eine grundlegende Methode war, die Gesellschaft ringsum zu beeinflussen. Es gab kein Fernsehen, kein Kino, und nur ein kleiner Teil der Leute ging ins Theater oder in die Oper … größtenteils in der Weihnachtszeit in die Music Hall und zu Pantomimen. Dickens, Kingsley, die Brontë-Schwestern und Thomas Hardy brachten die Menschen – eine große Zahl von Menschen – dazu, neue Gedanken zu denken und ein neues Leben zu führen. Die Arbeiterklubs und ihre Verbindung zu den öffentlichen Bibliotheken hoben die Lesefähigkeit auf ein höheres Niveau als je zuvor.
    Also war dieses Publikum reif für überzeugende Texte, die es aus seiner simplen Bibelkenntnis zu neuen Theologien führen konnten, sogar zum Atheismus. Huxley, ›Darwins Bulldogge‹, propagierte den Darwinismus als Antithese zu einer von Gott erschaffenen Welt. Aus den strebsamen Mittelschichten der viktorianischen Zeit ist unser modernes weltliches Zeitalter hervorgegangen, in dem Gott auf den Platz eines Spielzeugs für ein paar von den weniger modernen Geistlichen verwiesen ist. Moderne Geistliche glauben nicht, dass es da oben im Himmel einen vier Meter großen Engländer gibt und der Himmel selbst eine ewige Gartenparty im Buckingham Palace ist. Insbesondere von jenen französischen Philosophen, die in der Nachfolge Voltaires eine scharfsinnige Theologiekritik in verschiedene Richtung fortgeführt haben, haben unsere Kirchenmänner gelernt, ohne jene starke viktorianische Art von Christentum auszukommen. Jene Form der anglikanischen Kirche, die überzeugt war, dass Gott sich tatsächlich um die Engländer kümmerte, brauchte sich nicht expressis verbis in Gebeten lächerlich zu machen. Das Ritual genügte dafür schon (vorausgesetzt, es war nicht laut wie bei den Walisern oder theatralisch wie bei den Katholiken).
    Wir haben die starke, einfache Religion verloren, wir haben die glänzenden akademischen Leistungen eingebüßt; erlangt haben wir eine weltliche Gesellschaft, die die Heterogenität bewahrt, welche sie zur viktorianischen Zeit und später so robust gemacht hat. Wir verfolgen jetzt jedoch eine Politik, insbesondere bei der Bildung, die nicht imstande ist, der Gesellschaft alle jene fähigen Menschen zu liefern, die die Gebäude der viktorianischen und der edwardianischen Zeit errichtet haben, sowohl die materiellen als auch theoretischen.
    Es gibt Auswege aus diesem Pessimismus. In den Philosophen der Rundwelt haben wir die Menschen Pan narrans genannt, den Geschichten erzählenden Schimpansen. Unsere Botschaft lief darauf hinaus, dass Menschen Geschichten erfinden müssen, um sich zu motivieren, um Ziele festzulegen und um Gut und Böse zu unterscheiden.
    Jetzt gehen wir einen Schritt weiter.
    Der Technische und Zivilisierte Mensch, glauben wir, muss Polypan multinarrans * [* Entschuldigung, das ist einer dieser entsetzlichen griechisch-lateinischen Hybriden. Aber wie ›Automobil‹ ist er verständlich.] werden, um die Methapher ein gutes Stück weiterzutreiben. Menschen müssen immer vielfältiger werden, die Verschiedenartigkeit der anderen schätzen und genießen, statt sie zu fürchten oder zu unterdrücken. Und Erklärung allein genügt nicht. Um Verständnis zu gewinnen, eine brauchbare Arbeitsphilosophie, die dem Handeln ebenso angemessen ist wie dem Urteil und der Entscheidung, reicht eine Erklärung nur selten aus. Menschen finden einfache Erklärungen befriedigend, weil sie dünne Kausalketten von der Art erlauben, wie wir sie für unsere persönlichen Erinnerungen und Kausalbeziehungen aufbauen. Doch die wirkliche Welt, sogar die Welt anderer Menschen mit ihren Vorlieben, Abneigungen und Vorurteilen – an denen sie mitunter so starr festhalten, dass unser Leben und das der von uns geliebten Menschen ihnen nichts bedeutet –,
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