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Darf’s einer mehr sein?

Darf’s einer mehr sein?

Titel: Darf’s einer mehr sein?
Autoren: ROLF C. FRANCK MADELEINE FRANCK
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Gefühlsregungen einzuschätzen. Nicht einmal Primaten sind darin besser als Hunde, trotz ihrer engen genetischen Verwandtschaft zum Menschen.
    Der Hund ist biologisch betrachtet so viel erfolgreicher als der Wolf, weil er sich zu jeder Zeit perfekt an eine biologische Nische angepasst hat. Dabei wurde der Mensch zu seinem wichtigsten Sozialpartner.
    Wir als Trainer haben fast ausschließlich mit Leuten zu tun, die sich eine enge, innige Beziehung zu ihrem Hund wünschen und gerade deshalb oft mit einem schlechten Gewissen herumlaufen. „Ich weiß ja, dass ich das eigentlich nicht sollte …“, hören wir häufig, wenn es um das Betüddeln, Umsorgen und Verwöhnen des Vierbeiners geht. Für sehr viele Menschen spielt der Hund heutzutage die Rolle eines Kindes, aber nur wenige trauen sich, das zuzugeben. Wenn aber doch genau dieser Aspekt einen entscheidenden Anteil an der Befriedigung ausmacht, die Hundehaltung mit sich bringt, was spricht dagegen? Nichts, solange Mensch und Hund davon profitieren.
     

    Kinder und Hunde brauchen beide Fürsorge, Nähe und Erziehung durch ihre Eltern.
     
    Wir wissen heute, dass der Hund über die gleichen Emotionen verfügt wie wir; sein Gehirn, sein Nervensystem funktionieren in dieser Hinsicht gleich, sodass wir ihn auf dieser Ebene durchaus ähnlich sehen können wie einen Menschen, ein Kind. Je menschlicher wir den Hund sehen, umso besser ist es für ihn. Es hilft uns als Besitzer dabei, uns mehr auf das eigene Einfühlungsvermögen zu verlassen, um das Verhalten des Hundes einzuschätzen, und weniger den starren Regeln einer Beziehungs- oder Erziehungstheorie zu folgen. Selbst ein unerfahrener Mensch kann erkennen, wann ein Hund Angst hat, sich freut oder wann er lieber in Ruhe gelassen werden möchte. Je mehr ein Hund emotional verstanden und „vermenschlicht“ wird, desto höher wird die Schwelle, ihn schlecht zu behandeln und etwa mit Stachelwürger oder Schlimmerem zu traktieren. Genau dieser Aspekt der Vermenschlichung ist es, der Hundebesitzer in Empörung ausbrechen lässt, wenn sie damit konfrontiert werden, dass in anderen Teilen der Welt Hunde als Nahrungsmittel auf dem Tisch landen. Hätten wir zu Schweinen, Kühen oder Hühnern die gleiche emotionale Beziehung, wären deren Lebensbedingungen sicher besser und Massentierhaltung wäre kein Thema mehr. 
     

    Wenn der Mensch die Elternrolle spielt, lassen sich Hunde untereinander wie Geschwister betrachten. 
Der Mensch als Elternfigur
    Wir erinnern uns: Die Dominanztheorie geht davon aus, dass Hunde analog zu Wölfen in hierarchischen Beziehungsstrukturen leben und innerhalb dieser Rangordnung an die Spitze streben. Durch das Einhalten bestimmter Regeln (zum Beispiel: Hund darf nicht auf erhöhte Plätze) soll der Mensch klarstellen, dass er die höchste Rangposition innehat, und damit Probleme im Zusammenleben verhindern. Leben zwei oder mehr Hunde gemeinsam in der Familie, so wird auch zwischen diesen eine Rangordnung angenommen: „Unsere Senta ist ganz klar die Chefin im Rudel.“ Selbst Hundehalter, die schon nicht mehr daran glauben, dass der Mensch das „Alphatier“ spielen muss, meinen häufig zumindest unter ihren Vierbeinern eine Rangordnung zu erkennen. 
    Es hilft, sich die Dominanztheorie als eine Brille vorzustellen. Glaubt ein Hundebesitzer an diese Theorie, ist seine Brille immer gefärbt, und er wird das Verhalten, das er bei seinen Hunden beobachtet, entsprechend interpretieren. Wir plädieren dafür, die Brille komplett abzulegen, um für eine neue Sichtweise offen zu sein. Wenn man die Brille nur gegen eine andere tauscht, die statt von „Rangordnung“ nun von „Führerschaft“ spricht, ändert sich wenig an der Interpretation des Hundeverhaltens und der eigenen Rolle. Die scheinbar modernen Beziehungsmodelle vermeiden zwar oft den Begriff „Dominanz“, meinen aber das Gleiche. Immer wenn es darum geht, die Autorität des Menschen gegenüber dem Hund zu sichern, um zu verhindern, dass dieser „die Kontrolle übernimmt“, ist die Sicht gefärbt.
    Wölfe leben nicht in Rangordnungen, sondern in Wolfsfamilien. Hunde sind keine Wölfe. Sie leben nicht in Hundefamilien, sondern binden sich an den Menschen. Sie streben nicht nach der Weltherrschaft, sondern wollen in der Regel einfach ihren Spaß. Und genau das macht sie zu ewigen Kindern. Der englische Hundeexperte Prof. Dr. Peter Neville vergleicht Hunde mit Elfjährigen, womit wir ihn regelmäßig wieder zitieren. Wir würden zwar eher
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