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Culpa Mosel

Titel: Culpa Mosel
Autoren: Mischa Martini
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sein.
    »Möchten Sie noch den Rest vom Haus sehen?«
    »Gerne.«
    »Das Haus soll in den 20er Jahren von der Witwe eines Försters gebaut worden sein. Nach dem Tod ihres Mannes musste sie innerhalb eines Jahres aus dem Forsthaus ausziehen. Angeblich hat sie alles allein aus Bruchsteinen und Schiefer gebaut.« Walde folgte der jungen Frau durch eine weiß gestrichene Tür.
    »Wissen Sie, woran der Förster gestorben ist?«
    »Sie können mich gerne duzen, oder ist das noch ein formelles Gespräch?«
    »Nein.« Walde fragte sich, ob Leute, die keine Polizisten waren, sich für die Todesursache eines Mannes interessierten, der vor fast hundert Jahren gestorben war.
    »Ich denke, der formelle Teil unseres Gesprächs ist beendet«, sagte er. »Und gegen das Du habe ich nichts einzuwenden.«
    »Aber ich weiß trotzdem nicht, woran er gestorben ist.«
    Im nächsten Zimmer wurden die Fliesen von dunklem Holzfußboden abgelöst. Vor der mit rotem Stoff bezogenen Couch stand auf einem Wollteppich ein ovaler, niedriger Holztisch. Für mehr als eine Anrichte, zwei Sessel und einen schmalen Ofen bot der Raum keinen Platz.
    »Hier soll früher ein Heiligtum der Treverer gestanden haben, ein Ort der Kraft, das spüre ich heute noch.« Sie atmete tief ein, als würde sie die Kraft durch die Nase einziehen. »Über den Tod des Försters habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Vielleicht ist er von Wilderern umgebracht worden. Möglich wäre es.« Sie lächelte und öffnete die nächste Tür. »Das waren schon die Räume hier unten, möchtest du auch noch das Dachgeschoss sehen?«
    Er folgte ihr zu einer Treppe, die, je höher sie kamen, immer weniger Abstand zu den Deckensparren ließ.
    »Stoß dir nicht den Kopf! Die Erbauerin hat sich hier wohl ein wenig verrechnet«, warnte Andrea, während sie sich oben in dem Mansardenraum aufrichtete, um gleich wieder umzukehren. »Nebenan ist noch ein Zimmer, aber da hat es mal reingeregnet. Es müsste einiges renoviert werden, unter anderem der komplette Fußboden.«
    Auf einer der letzten Stufen stehend sah Walde über sich Dachbalken aus roh behauenen Stämmen und Latten mit Schiefer darüber. Neben der kleinen Gaube, durch deren Fenster die Sonnenstrahlen dem flirrenden Staub einen silbrigen Glanz verliehen, stand ein Kleiderschrank mit ovalem Spiegel in einer der beiden Türen.
    »Zwei, drei Monate im Winter ist es hier oben zu kalt, dann ziehe ich runter ins Wohnzimmer.«
    Walde wurde auf ein knapp dreißig Zentimeter langes Vierkantholz neben dem Bett aufmerksam.
    Sie war seinem Blick gefolgt. »Das ist außer den Küchenmessern meine einzige Waffe im Haus. Notfalls kann ich aus dem Fenster und über das Dach flüchten.«
    Den Gedanken, dass ein Eindringling möglicherweise nicht zur Haustür hereinspazierte und den Weg von der Rückseite über dieses Fenster nähme, behielt Walde für sich.

Donnerstag
    Gabi wies auf den neben der Tür an die Wand gelehnten Setzkasten. »Warst du nicht nach Mülheim?«
    »Doch, aber den habe ich vergessen«, antwortete Walde.
    »Und wie soll er jetzt dahin kommen?«
    »Sehen wir mal.«
    »Dann bringe ihn bitte solange in die Asservatenkammer oder in dein Büro. Ich kann dieses Ding nicht mehr sehen.«
    Ihr Telefon klingelte. Gabi nahm ab.
    »Wo?«, fragte sie.
    »…«
    »Wer?«
    »…«
    »Wann?«
    »…«
    »Absperren, nichts anrühren, wir kommen.«
    »…«
    »Ja, ist klar.« Sie legte auf und sagte in den Raum: »Weibliche Person ertrunken, in Saarburg.«
    »Hat Stadler angerufen?«, fragte Grabbe.
    »Nee, für Badewannen ist die Wasserschutzpolizei noch nicht zuständig. Irgendwas stimmt nicht. Der Hausarzt hat Verdacht geschöpft … Verbrennungen oder so.«
    »Wie soll das zur Todesursache passen?«
    »Fahren wir hin oder sollen wir weiter spekulieren?« Sie nahm das Telefon hoch. »Sattler, wir haben eine Tote in Saarburg, am Markt, Bäckerei oder Café, soll gleich am Wasserfall sein.« Beim Aufstehen schob sie sich eine Hand unter den Bauch.
    Die schmale Gasse, die zum Saarburger Markt führte, war mit Fahrzeugen zugestellt. Grabbe parkte dahinter. Auf dem Weg zu dem von einem dunklen Geländer gesäumten Kanal passierten sie die Wagen der Kriminaltechnik, weitere Streifenwagen und den schwarzen Kombi eines Bestattungsinstitutes. Der Weg wurde schmaler, wozu die Tische und Stühle beitrugen, die rechts am Geländer mit Blick auf das Wasser standen. Außerdem waren an den Schaufenstern der Geschäfte die Markisen ausgefahren und neigten
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