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Confusion

Confusion

Titel: Confusion
Autoren: Neal Stephenson , Nikolaus Stingl
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Schläge auf die Fußsohlen, und anschließend wurden die dabei entstandenen Wunden mit Essig übergossen.«
    »Oje, da will ich lieber jeden Tag den Bullenpenis!«
    »Man geht davon aus, dass er in ein oder zwei Monaten wieder auf den Beinen sein dürfte. Da wir ohnehin das Ende der Äquinoktialstürme abwarten müssen, verbringen wir die Zeit bis dahin, wie unschwer zu erkennen ist, mit dem Reinigen und Instandsetzen unserer Galeere.«
     
    Während dieses Berichts hatte Jack einen Seitenblick auf die anderen Galeerensklaven geworfen und festgestellt, dass sie ein äußerst heterogener und multikultureller Haufen waren: Da gab es Schwarzafrikaner, Europäer, Juden, Inder, Asiaten und viele andere, die er nicht eindeutig zuordnen konnte. Er erkannte jedoch niemanden von der Besatzung der Wunden Gottes .
    »Was ist mit Jewgeni und Mr. Foot? Oder um es poetisch auszudrücken: Sind für sie Versicherungssummen gezahlt worden?«
    »Sie sitzen an Backbord. Jewgeni rudert für zwei, und Mr. Foot rudert überhaupt nicht – was sie im Sinne einer gut funktionierenden Galeere mehr oder minder unzertrennlich macht.«
    »Sie sind also am Leben!«
    »Sie sind am Leben und das gar nicht schlecht – wir werden sie später treffen.«

    »Warum sind sie nicht hier und kratzen, wie wir alle, Bernakelmuscheln ab?«, fragte Jack missmutig.
    »In Algier erhalten die Rudersklaven während der Wintermonate, wo die Galeeren sich nicht aufs Meer hinauswagen, die Erlaubnis – ja, sie werden sogar dazu ermuntert -, Handel zu treiben. Einen Anteil des Gewinns bekommt unser Besitzer. Und diejenigen, die dazu nicht fähig sind, kratzen Bernakelmuscheln ab.«
    Jack gefielen diese Neuigkeiten ausgesprochen gut, und er attackierte eine Ansammlung von Bernakelmuscheln mit solcher Wucht, dass er fast in den Schiffsrumpf hineingestochen hätte. Das zog prompt eine Rüge nach sich – aber nicht von der türkischen Peitschenhand, sondern von einem kleinen, stämmigen, rothaarigen Galeerensklaven auf der anderen Seite von Jack. »Mir ist egal, ob Ihr verrückt seid – oder so tut , als wärt Ihr’s -, jedenfalls sorgt Ihr dafür, dass dieser Schiffsrumpf seetüchtig bleibt, sonst gehen wir nämlich alle baden!«, bellte er in einem Englisch, das halb holländisch klang. Jack war einen Kopf größer als dieser Holländer und zog in Erwägung, diese Tatsache auszunutzen – allerdings konnte er sich nicht vorstellen, dass ihr Aufseher gute Miene zu einem richtigen Tumult machen würde, wo doch schon bloßes Reden mit Peitschenhieben bestraft wurde. Außerdem stand hinter dem Karottenkopf ein um einiges größerer Bursche, der Jack mit demselben skeptischen bis angewiderten Gesichtsausdruck beäugte. Er schien ein Chinese zu sein, aber keiner von der zarten, kriecherischen Sorte. Beide, er und der Holländer, machten einen beunruhigend vertrauten Eindruck.
    »Jetzt halt aber mal die Luft an, Kurzer – du bist hier weder der Besitzer noch der Kapitän – und solange das Schiff sich über Wasser hält, macht doch eine kleine Delle oder ein Kratzer uns nichts aus, oder?«
    Der Holländer schüttelte ungläubig den Kopf und machte sich wieder an einer einzelnen Muschel zu schaffen, die er mit der Sorgfalt eines Chirurgen, der einen Stein aus der Harnblase eines Großherzogs entfernte, aus einer Planke des Rumpfs herauspräparierte.
    »Danke, dass du keinen Aufstand gemacht hast«, sagte Moseh, »es ist wichtig, dass wir an Steuerbord die Harmonie wahren.«
    »Sind das unsere Ruderkumpane?«
    »Ja, und der fünfte ist in der Stadt und geht seinen Geschäften nach.«
    »Und warum ist es so wichtig, mit ihnen auf gutem Fuß zu bleiben?«
»Abgesehen davon, dass wir acht Monate im Jahr eine enge Ruderbank mit ihnen teilen, meinst du?«
    »Ja.«
    »Wir müssen alle zusammen rudern, wenn wir mit Backbord gleichauf bleiben wollen.«
    »Und wenn nicht?«
    »Wird die Galeere...«
    »Ja, ja, sich im Kreis drehen. Aber was kümmert das uns?«
    »Abgesehen davon, dass dieser Ochsenziemer uns die Haut von den Rippen peitschen wird?«
    »Davon gehe ich sowieso aus.«
    »Ruderriemen kommen immer in kompletten Sätzen daher. Wie die Dinge liegen, sind wir genau so viele wie die an Backbord und stellen deswegen einen kompletten Satz von zehn Sklaven dar. Als solcher wurden wir auch an unseren jetzigen Besitzer verkauft. Wenn aber Jewgeni und seine Rudergenossen anfangen, stärker zu rudern als wir, wird man uns trennen – deine Freunde werden sich auf anderen Galeeren
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