Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto
Autoren: Nicolas Remin
Vom Netzwerk:
Kutteln
in allen nationalen Varianten, mit denen Spaur ihn bereits
traktiert hatte. Die Leber auf seinem Teller war zart, ohne eine
gewisse Festigkeit vermissen zu lassen. Und sie hatte einen
delikaten Beigeschmack, wie nur französische Spitzenköche
ihn erzeugen können. Keine Frage, der neue Chef des Danieli, ein Monsieur Dupont aus Lyon, wurde
dem Ruf, der ihm vorausgeeilt war, gerecht.
    Tron hob sein Glas.
«Ausgezeichnet, Baron. Dann gestatten Sie mir, Ihnen zu
gratulieren.»
    Auf Spaurs
gerötetem Gesicht breitete sich ein stolzes Lächeln aus.
«Polizeipräsident des Jahres!» Er nahm einen
Schluck von seinem Barolo und sah Tron an. «Wussten Sie, dass
es sich dabei um eine persönliche Initiative des Kaisers
handelt?»
    Tron schüttelte
den Kopf.
    «Franz Joseph
steht auf dem Standpunkt, dass die Zahl der Gewaltverbrechen einen
präzisen Aufschluss über die Effektivität der
Polizeiarbeit gibt», sagte Spaur. «Wenn die Leute
wissen, dass sie erwischt werden, halten sie sich
zurück.»
    Tron nickte.
«Sodass schwere Gewaltverbrechen eher selten vorkommen. Das
leuchtet ein.» Er setzte ein verbindliches Lächeln auf.
«Jedenfalls wird die Baronin stolz sein.»
    «Violetta», sagte
Spaur, «nimmt großen Anteil an meiner Arbeit.»
Seine Augen bekamen einen träumerischen Ausdruck. «Und
aus dieser Ehrung könnte sich eine Einladung in die Hofburg
ergeben.» Spaur setzte sich aufrecht hin und ordnete seine
Serviette, als wäre sie eine Frackschleife. «Die Baronin
würde einer solchen Aufforderung gerne
folgen.»
    «Eine Einladung
nach Wien?»
    «Die Hofburg
befindet sich seit mehr als fünfhundert Jahren in Wien»,
sagte Spaur ungeduldig. «Im Übrigen», fuhr er in
verbindlichem Gesprächston fort, «hat sich die Baronin
über Ihre Einladung zum Maskenball sehr
gefreut und Ihrer Frau Mutter bereits
geantwortet.»
    Das hatte die Baronin
Spaur in der Tat. Auf fliederfarbenem, goldumrandetem
Büttenpapier, auf dem das Löwenwappen der Spaurs prangte.
Die Contessa Tron hatte anerkennend mit dem Kopf
genickt.
    Der
Polizeipräsident sah Tron gespannt an. «Werden wir den
Comte de Chambord auf Ihrem Ball sehen?»
    «Seine
Durchlaucht hat zugesagt.»
    «Das wird die
Baronin freuen», sagte Spaur. «Vielleicht trägt
sich der Comte auf ihrer Tanzkarte ein.» Er schloss die Augen
und summte ein paar Walzertakte. «Vielleicht werden wir dann
in den Palazzo Cavalli eingeladen.»
    «Die Chambords
empfangen nur alle zwei Monate.»
    «Ich weiß.
Und der Gästekreis ist äußerst exklusiv. Das ist es
ja, was die Baronin reizt.» Die Miene des
Polizeipräsidenten verdüsterte sich. «Sie
fühlt sich gesellschaftlich immer noch nicht akzeptiert. Als
wäre es eine Schande, im Malibran auf der Bühne gestanden
zu haben. Violetta hat eine große Karriere für mich
aufgegeben. Sie war der aufgehende Stern am italienischen
Theaterhimmel.»
    Das entsprach nicht
ganz der Wahrheit. Tron fragte sich, ob Spaur es selbst glaubte.
Signorina Violetta war zu keinem Zeitpunkt ein aufgehender Stern am
italienischen Theaterhimmel gewesen, eher ein
Glühwürmchen, das immer Gefahr lief, unbemerkt im Meer
der Komparsen zu verlöschen. Allerdings — das musste
Tron zugeben — ein durchaus attraktives
Glühwürmchen. Und eine energische junge Frau, die
entschlossen war, sich einen Platz in der Gesellschaft zu
erobern.
    «Jedenfalls», fuhr
Spaur fort, «hat die Baronin gestern entschieden, welche
Kostüme wir auf dem Maskenball der Contessa tragen
werden.» Er beugte sich über den Tisch und senkte die
Stimme zu einem Flüstern. «Wir werden ein bekanntes Paar
aus der römischen Geschichte darstellen.»
    «Und
welches?»
    Spaur machte ein
verlegenes Gesicht. «Das hat mir die Baronin noch nicht
verraten. Violetta ist manchmal so ...»
    Der
Polizeipräsident brach den Satz ab, hob den Kopf, und seine
Augen nahmen einen erstaunten Ausdruck an. Als Tron sich umdrehte,
sah er, dass Sergeant Kranzler, Spaurs Adlatus, an den Tisch
getreten war. In der Hand hielt er einen Umschlag im Kanzleiformat,
den er an Trons Schultern vorbei über den Tisch reichte. Spaur
öffnete das Kuvert mit einem Dessertmesser und zog einen eng
beschriebenen Bogen heraus. Er begann zu lesen, mit jedem Satz
vertieften sich die Furchen zwischen seinen Augenbrauen.
Schließlich blickte er auf. «Stumm von Bordwehr. Kommt
Ihnen der Name bekannt vor?»
    «Den Namen hat
uns der Mann genannt, der gestern auf der Questura ausfällig
wurde», sagte Tron. «Ich bezweifle, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher