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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto
Autoren: Nicolas Remin
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erpresst.»
    Tron zuckte die
Achseln. «Mehr oder weniger. Ein Beichtvater ist eine
hervorragende Informationsquelle.»
    «Seit wann hat
der Oberst gewusst, dass es sich bei Pater Francesco um den
Ausweider gehandelt hat?»
    «Sie haben nach
der Verhaftung Juliens miteinander gesprochen», sagte Tron.
«Da hat Pater Francesco etwas erwähnt, was er eigentlich
nicht wissen konnte. Was nicht in der Zeitung stand und nur in
unserem Bericht zu lesen war. Ein kleines Detail über den
Mordversuch in San Giovanni in Bragora.»
    «Was für
ein Detail?»
    «Dass Pater
Hieronymus die Schlüssel für die Kirche an einem
Brettchen in der Sakristei verwahrt hat.»
    «Die beiden
Priester kannten sich?»
    Tron nickte.
«Offenbar. Als der Oberst nachgefragt hat, scheint sich Pater
Francesco in Widersprüche verwickelt zu
haben.»
    «Also ist es
auch nicht der Oberst gewesen, der die Messer und die Lederriemen
im Kleiderschank von Julien deponiert hat?»
    «Es kann nur
Pater Francesco gewesen sein.»
    «Hat der Oberst
Pater Francesco mit seinem Verdacht konfrontiert?»
    «Ja, das hat
er», sagte Tron. «Aber der Pater hat ihn darauf
hingewiesen, dass es keine Beweise gegen ihn gibt. Was ja stimmte.
Und der Oberst war sich auch nicht ganz sicher.»
    «Wann hat dieses
Gespräch zwischen dem Oberst und Pater Francesco
stattgefunden?»
    «Dienstag
nachmittag», sagte Tron.
    «Und da Pater
Francesco kein Risiko eingehen wollte, hat er beschlossen, den
Oberst auf dem Ball zu
töten.»     
    Tron nickte.
«Wäre der Anschlag gelungen, hätten alle gedacht,
dass sich Julien noch in Venedig aufhielt und sich an dem Oberst
rächen wollte.»
    «Und wenn Julien
bewiesen hätte, dass er die Stadt längst verlassen
hatte?»
    «Dann hätte
man sein Alibi bezweifelt», sagte Tron. «Ich glaube
nicht, dass die Militärbehörden den Fall wieder
aufgerollt hätten.»
    «Was hat der
Oberst jetzt vor?»
    «Seinen Abschied
zu nehmen», sagte Tron. «Seine letzte Amtshandlung wird
ein ausführlicher Bericht sein.»
    «Ein Bericht, in
dem er selbst eine möglichst gute Figur
macht?»
    Tron schüttelte
den Kopf. «Wir haben Stumm das Leben gerettet, und das hat er
nicht vergessen. In dem Bericht wird die Wahrheit stehen. Dass es
sich bei dem Spitzel, den man auf den Comte de Chambord angesetzt
hat, um den Ausweider gehandelt hat. Und dass er versagt
hat.»
    «Sehr nobel.
Überrascht dich das?»
    Tron machte ein
nachdenkliches Gesicht. «Stumm von Bordwehr hat von Anfang an
aus verschiedenen Persönlichkeiten bestanden. Er war der
eifersüchtige Irre und der verantwortungsvolle Offizier
zugleich.»
    «Ebenso wie
Pater Francesco. Der Priester und der Mörder.» Die
Principessa sah Tron an. «Und was bedeutet das für eure
Statistik?»
    «Dass diese
Verbrechen nicht in unser Ressort fallen», sagte Tron.
«Die ganze Angelegenheit betrifft nur das
Militär.»
    «Hast du Spaur
heute gesehen?»
    Auf einmal fühlte
sich Tron ausgelaugt, todmüde und zu nichts mehr nütze -
wie die Reste des geschmolzenen Zitronensorbets, die sich in eine
unappetitliche gelbe Soße verwandelt hatten. Er schob seinen
Teller zur Seite und nickte. «Spaur war natürlich
erfreut über den Ausgang der Geschichte und hat mir von seinen
Pralinés angeboten.»
    Die Principessa nahm
eine Maria
Mancini aus
ihrem Zigarettenetui und zündete sie an. Sie inhalierte den
Rauch der Zigarette und blies, wie sie es manchmal tat, einen Ring
über den Tisch. Bevor der Kringel sich verformte und
auflöste, bildete er ein paar Sekunden lang einen perfekten
Kreis. «Dann kann ich also», sagte sie, «Julien
telegrafieren, dass er rehabilitiert ist.»
    Wie
bitte? Tron
war überzeugt, dass er sich verhört haben musste.
«Du weißt, wo er sich aufhält?»
    Die Principessa
lachte. «Julien hat mir heute Morgen ein Telegramm
geschickt.»
    «Woher?»
    «Aus Rom. Er hat
in Triest einen Dampfer nach Ancona genommen und ist von dort nach
Rom gefahren.»
    Tron musste schlucken.
«Und das alles erzählst du mir jetzt
erst?»   
    «Ich wollte
mir», antwortete die Principessa mit ausdrucksloser Stimme,
«zuerst deine Geschichte anhören.»
    Das war ein etwas
rätselhafter Satz, und Tron hatte da verschiedene Ideen, was
er bedeuten konnte, aber er fühlte sich momentan nicht in der
Lage, darüber nachzusinnen. Zumal die Wunde unter seinem
Pflaster auf einmal wie eine alte Kriegsverletzung zu schmerzen
begann. Ob damit zu rechnen war, dass Vetter Julien unter diesen
Umständen nach Venedig zurückkehren
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