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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Autoren: Yasmina Khadra
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mußte nur zusehen, wie ein Tag geboren wurde, um ihn mir vorzustellen, nur den Mond beobachten, und schon stand ich mit ihm in Verbindung. Wie Llob in meinen Büchern wußte auch ich, daß ich als Dichter geboren war, so wie die Nachtigall als Sängerin das Licht der Welt erblickt. Bevor ich mich dazu entschied, meine Werke unter einem Pseudonym zu veröffentlichen, war ich ein anerkannter Schriftsteller und hatte in Algerien und Frankreich verschiedene Literaturpreise erhalten. Mein Werdegang als Autor ist zu komplex, um ihn an dieser Stelle ausführlich zu beschreiben. Dennoch habe ich mir selbst das Versprechen gegeben, die Erwartungen meiner Leser nicht zu enttäuschen, und mein nächstes Buch zielt in diese Richtung. Deine Beschreibungen der algerischen Hauptstadt überraschen aufgrund ihres nostalgischen, teilweise sogar zärtlichen Tons. Hast du eine besondere Beziehung zu Algier, der sogenannten »weißen Stadt«, die in den vergangenen fahren so düster geworden ist?
    Ich hatte zu Algier immer ein zwiespältiges Verhältnis, und es gelingt mir nicht, es in den Griff zu bekommen. Ich bin in dieser sonderbaren Stadt aufgewachsen, bin abwechselnd bezaubert und besorgt und stoße ständig auf ihre Gegensätze und ihre burlesken Seiten. Jedes Mal, wenn ich glaube, in einem meiner Bücher ein charakteristisches Merkmal dieser Stadt beschrieben zu haben, stellt es sich als Trugbild heraus.
    Das ist schwer zu erklären. Ich glaube, daß Algier selbst seine Seele verloren hat und es der Stadt nicht gelingt, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Algier wollte sich emanzipieren und wurde dadurch völlig entstellt, wurde zu einer mitgenommenen und orientierungslosen Stadt. Sie erinnert an ein Tier, das im Treibsand gefangen ist; je mehr es sich verzweifelt bewegt, um sich zu befreien, desto tiefer versinkt es. Vielleicht muß man die Geschichte dieser Stadt aufrollen, um mildernde Umstände für sie zu finden; eine dramatische Geschichte, die von Gewalt geprägt ist, so düster wie die Haustore und so verschlungen wie die Gassen der algerischen Hauptstadt. Trotz der Bürde eines umstrittenen Erbes versucht sie dennoch, sich an ihren Heimathafen zu klammern, und tut alles, um nicht abzudriften. Ob es ihr gelingen wird, das Unheil abzuwenden …? Gerne würde sie selbst daran glauben, allerdings ohne allzu große Überzeugung. Es gibt nur wenige algerische Autoren, die Kriminalromane geschrieben haben, und die Gattung ist kaum in der literarischen Tradition des Landes verankert. Wie läßt es sich erklären, daß du gerade diese Gattung gewählt hast, um die traurigen Ereignisse in deiner Heimat literarisch darzustellen? Nicht ich habe den Kriminalroman gewählt, es sind vielmehr meine Figuren, die mir die Gattung aufzwingen, in der sie sich entwickeln wollen. Eigentlich bin ich nichts anderes als der Sklave meiner Figuren. Was die Wahl dieser Gattung betrifft, habe ich nicht den geringsten Komplex. Auf die Qualität kommt es an. Für mich ist jeder Roman, ob Kriminalroman oder ein anderer, eine Frage des Talents des Autors und der Bereitschaft, sich in den Dienst der Sache zu stellen. Da ich mich sowohl im Krimi als auch in klassischen Genres zu Hause fühle, wähle ich jene Gattung, die am ehesten dem Wesen der Botschaft entspricht, die ich vermitteln möchte. Ich habe in zwei verschiedenen Gattungen von der Tragödie Algeriens berichtet und beide Male denselben Effekt erzielt. Von den insgesamt vierzehn Büchern, die ich geschrieben habe, sind nur fünf Kriminalromane. Letztere haben ihre eigene Besonderheit und unterscheiden sich von dem, was momentan geschrieben wird, dadurch, daß sie versuchen, jegliche Gefälligkeit zu vermeiden.
    Bei der Lektüre deiner Romane springen vor allem jene Passagen ins Auge, in denen du die blutigen Ereignisse in deiner Heimat und die triste Lebenssituation der algerischen Bevölkerung beschreibst. Verfolgst du mit der Veröffentlichung deiner Romane ein bestimmtes Ziel?
    Meine Romane sind hart, weil das der algerischen Realität entspricht. Ich lege Rechenschaft ab über eine Tragödie, die unerträglich ist. Dabei bin ich es mir schuldig, so wahrheitsgetreu wie möglich zu sein, um zu erklären, aufzuklären, zu alarmieren, und um die Geister wachzurütteln, die auf ihren Lorbeeren vor sich hin dösen. Gleichzeitig habe ich versucht, mit Nachdruck auf einen wesentlichen Punkt hinzuweisen, daß nämlich Angst den Nährboden für Terrorismus bildet. Somit habe ich mich für einen
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